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Die Philosophen der Rundwelt

Die Philosophen der Rundwelt

Titel: Die Philosophen der Rundwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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untersuchten das Y-Chromosom repräsentativer sephardischer und aschkenasischer Cohens* [* Diese Cohens heißen übrigens nicht alle exakt so, »Cohen« ist besonders im englischen Sprachraum verbreitet. Andere Namensformen sind beispielsweise »Cohn«, »Kogan« oder »Kahan«. – Anm. d. Übers. ] und Nicht-Cohens (»Israeliten«). Sie fanden für die Kohanim spezifische DNS-Sequenzen bei etwa der Hälfte der von ihnen untersuchten Cohens, aber mit geringen und charakteristischen Unterschieden zwischen den drei Gruppen. Aus diesen Unterschieden kann man schlussfolgern, dass sich die sephardischen und die aschkenasischen Juden vor weniger als 2000 Jahren trennten und dass noch vor 2500 Jahren alle Cohens eine einzige Gruppe bildeten.
    Das sieht nach einer hübschen Geschichte aus, wo die Indizien der DNS die erwartete geschichtliche Entwicklung bestätigen. Doch die Wissenschaft ist der beste Schutz gegen den Glauben an Dinge, die man glaubt, weil es einem so passt. Es gibt einen Faktor, den Moses und seine Kollegen nicht speziell berücksichtigt haben, und der muss wegerklärt werden, denn er lässt diese Zahlen viel zu gut erscheinen.
    Die meisten Gruppen von Menschen geben vor, Monogamie zu betreiben, aber wie bei Schwänen und Gibbons und anderen Wesen, von denen wir glaubten, sie seien ein Leben lang treu, gibt es eine Menge ehebrecherischer Beziehungen und Kinder, »deren gesetzliche und biologische Vaterschaft differiert«. In der englischen Gesellschaft befindet sich ungefähr eins von sieben Kindern in dieser Lage, und das Verhältnis in den Slums von Liverpool unterscheidet sich kaum von dem im Börsenmakler-Gürtel von Maidenhead.* [* Ja, wir wissen, dass Sie das nicht glauben, aber … Die ersten verlässlichen Daten stehen in Elliott Phillips Analyse der Blutgruppen aus Familien in Hochhauswohnungen im Liverpool der später sechziger Jahre, veröffentlicht 1973. Dort waren 10 Prozent der »gesetzlichen Vaterschaften« biologisch unmöglich. Wenn man nun noch die Fälle berücksichtigt, wo der Milchmann dieselbe Blutgruppe wie der gesetzliche Vater hatte, waren etwa 13 bis 17 Prozent »diskrepante Vaterschaften«, wie die schamhafte Formulierung lautet. Hunderte von Geburten in Maidenhead, im Börsenmakler-Gürtel, erbrachten dasselbe Verhältnis. In Amerika betrugen die Zahlen für die achtziger Jahre etwa 10 Prozent, doch diese waren zu niedrig angesetzt, weil die oben erwähnte Korrektur nicht berücksichtigt wurde.
    So ist das mit der Wissenschaft: Sie erzählt einem Sachen, die man nicht erwartet hat.
    Es wird noch schlimmer. Oder vielleicht finden Sie, dass es besser wird. Jedenfalls erweist sich, dass viele Tiere, die bisher für ihre Treue berühmt waren, wie etwa Schwäne, einem Seitensprung nicht abgeneigt sind. Jenes weit verbreitete Tier, der Monogame, stirbt rasend schnell aus.]
    Die in dieser Hinsicht zurückhaltendsten Menschen, die wir kennen, sind die Mitglieder der Amish-Sekte in Ost-Pennsylvania und anderen Teilen der Vereinigten Staaten; bei ihnen beträgt das Verhältnis nur eins von zwanzig. Um also mit dem Irrtum auf der sicheren Seite zu sein, wollen wir annehmen, dass alle Frau Cohens – vom heutigen Tage bis hundert Generationen zurück zu den Söhnen Aarons – ebenso wohlanständig wie die Amish waren. Dann müsste der Anteil der männlichen Cohens mit Aarons Y-Chromosom 0,96 100 betragen, was erheblich weniger als ein Hundertstel ist. Wie also kann er so hoch sein, nämlich ½?
    Es gibt eine mögliche Erklärung, die zu dem passt, was wir über die menschliche Sexualität wissen, oder zumindest zu dem, was John Symons, ein Experte für menschliche Sexualpraktiken, in seinen Büchern schreibt. Vielen Untersuchungen über das Sexualverhalten zufolge, die bis auf Alfred Kinsey in den fünfziger Jahren zurückreichen, brechen Frauen sowohl mit höher gestellten Männern als auch mit sozial tiefer stehenden die Ehe. Die beiden Situationen treten regelmäßig in unterschiedlichen sozialen Zusammenhängen auf, wobei Frauen Männern mit höherem Status »einen Gefallen tun« (man denke an Clinton), sich aber für »ein richtiges Abenteuer« in die Niederungen begeben. Wenn aus dem Seitensprung ein Kind hervorgeht, hat der Vater jedoch in den weitaus meisten Fällen einen höheren gesellschaftlichen Rang als der Ehemann oder Lebenspartner der Frau.
    Das heißt, wenn Frau Cohen, die in einem Ghetto oder in einer sonstigen überwiegend jüdischen Umwelt lebt, nach Höherem strebt,

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