Die Phoenix-Chroniken: Asche (German Edition)
es nicht mehr, worum es in dem Traum ging.“ Hilflos zuckte er die Achseln. „Das passiert uns allen.“
Und öfter als mir lieb war. Besonders, da ich jetzt befürchtete, dass nachts auch jemand in meinen Gedanken gefischt haben könnte.
„Jimmy wusste nicht, was er tat“, sagte ich.
„Nein?“
„Nein. Sein Vater, der Hexenmeister, hat gesagt, erst als sie ihr Blut vermischt haben“ – Sawyer zog ein Gesicht; er hatte mein volles Verständnis – „sind Jimmys Vampiranteile erwacht, und er hat die Seiten gewechselt.“
„Und das glaubst du?“
Eigentlich hätte ich nichts von dem glauben sollen, was mir der Hexenmeister oder auch Jimmy erzählt hatten. Außer…
Rasch berichtete ich Sawyer, wie zwar Jimmys Dhampirkräfte auf mich übergegangen waren, nicht aber seine Vampireigenschaften, deshalb glaubte ich, um Geschmack an Blut zu finden, müsste ich tatsächlich… Blut kosten.
„Außerdem, wenn Jimmy wirklich von Anfang an auf der Seite seines Vaters gestanden hätte, warum hat er uns dann nicht alle umgebracht, dich, mich, Summer und Gott weiß, wen noch? Worauf hätte er warten sollen?
Nachdenklich nickte Sawyer. „Ja, du hast recht. Irgendwie ist es Jimmys Vater gelungen, ihn ohne sein Wissen dazu zu bringen, in Ruthies Träume einzudringen und sich die nötigen Informationen noch vor ihrem Tod zu beschaffen. Vielleicht hat es etwas mit dem Zauberspruch – der Schale mit Blut – zu tun, die du in deiner Vision gesehen hast.“
Ich erinnerte mich an die Worte des Meisters, als er gesagt hatte, er habe alles versucht, um in Jimmys Kopf zu gelangen – Zaubersprüche, Zaubermittel –, doch nichts habe geholfen. Womit es ihm letztendlich gelungen war, hatte er nicht preisgegeben.
„Wie funktioniert diese Traumwandererfähigkeit?“, fragte ich.
„Dazu muss man sich in eine tiefe Trance fallen lassen, um in den Bereich zwischen Leben und Tod, in dem auch die Träume existieren, zu gelangen. Dann kann man dort umherwandern.“
„Ich würde eine Trance auch nicht erkennen, wenn sie mich anspringen würde.“
„Sie hat sich nicht schlecht an dir festgebissen. Sanducci hätte dich heute Nacht fast umgebracht.“
„So bin ich also hierhergelangt?“ Sawyer nickte. „Nächstes Mal nehme ich den Bus.“
Ich überlegte ein wenig, und auf einmal verbanden sich verschiedene Gedankenstränge zu einer einzigen Antwort. „Jimmy hat mir erzählt, dass er krank war. Und zwar so schlimm wie noch nie zuvor. Der Hexenmeister hatte schon seit Jahren vergeblich versucht, in seinen Kopf zu dringen.“
Bei meinen Worten wurde Sawyers Gesichtsausdruck etwas milder und nachsichtiger. „Die Magie hatte nichts bewirkt, bis Sanducci so krank wurde, dass er sich nur noch im Reich der Traumwanderer befand. Seinem Vater ist es gelungen, seine Abwehr zu durchbrechen und ihn dazu zu bewegen, in Ruthies Gedanken zu wandern, wo ihm alle gewünschten Informationen zur Verfügung standen.“
„Aber selbst wenn, Jimmy hätte nichts ausgeplaudert. Zumindest damals noch nicht.“
„Bestimmt hatte der Hexenmeister keine Mühe, ihm sein Wissen zu entlocken, solange er so krank war. Immerhin ist er sehr mächtig.“
Letztendlich war es auch egal, wie er zu den Informationen gekommen war. Er hatte sie, und er bediente sich ihrer, das allein zählte.
„Also“, fuhr ich fort, „warum ausgerechnet deine Träume?“
Seine schmalen Lippen kräuselten sich. „Tja, Phoenix, warum wohl meine?“
„Weil du über alles so verdammt gut Bescheid weißt?“
„Sind wir verstimmt?“
„Weißt du überhaupt, wo ich hier bin? Und was hier los ist?“
„Ja.“
„Und woher, bitte schön?“ Ich überlegte einen Moment. „Summer ist eine alte Petze.“
„Sie hat nur ihre Aufgabe erfüllt.“
„Aber sie wusste doch gar nicht, wo ich hinwollte. Und du auch nicht. Ich hab nur New York gesagt, und das ist eine verdammt große Stadt. Gesteh schon, Sawyer. Du hast mir einen Sender oder so verpasst.“
„Oder so.“ Eine Sekunde lang dachte ich, er würde es dabei belassen, doch er sprach weiter. „Der Türkis ist nicht nur ein Schutz gegen Chindis, er ist gleichzeitig eine Verbindung zwischen uns.“
Finster starrte ich ihn an. „Ich wusste gar nicht, dass du ein Spanner bist.“
„Es gibt vieles, was du nicht über mich weißt“, sagte er, wie immer ließ ihn mein Spott völlig unbeeindruckt. „Wir versuchen schon die ganze Zeit, dir zu helfen, aber wir kommen nicht rein. Einige haben dafür schon ihr Leben
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