Die Pilgerin von Montserrat
gibt.«
»Wer hat diesen Garten angelegt, und wie kann er in dieser Wüste gedeihen?«, fragte Saloman.
»Angelegt wurde er von meinen Vorfahren, allein zur Ehre Allahs und Mohammeds, seines Propheten. Sie schafften Erde herauf und leiteten eine Quelle aus dem Inneren des Berges hierher. Ich bin der Wächter des Gartens und sehe alles, was geschieht. Ihr habt die Botschaft gesehen: Das, was Ihr sucht, ist nicht zu finden, undwann immer ein Ungläubiger die Grabkammer betritt oder diesen Garten erblickt, so ist er des Todes.« Er wies auf die weißen Pakete in den Bäumen.
»Wessen werden wir bezichtigt, um so grausam bestraft zu werden?«, fragte Saloman.
»O nein, Ihr irrt«, sagte der Greis. »Die Strafe ist nicht grausam. Der Tod hat Euch schon ereilt, und Ihr seid im Paradies, wo Ihr für ewig bleiben werdet. Meine Aufgabe ist erfüllt. Es wird keine Alten vom Berge mehr geben; unsere Gemeinschaft hat sich in alle Winde zerstreut. Später werden meine Lakaien kommen und Euch in frische weiße Linnen hüllen und Euch Euer ewiges Grab auf diesen Bäumen geben.« Er wandte sich zum Gehen.
»Sagt mir noch eins«, bat Saloman, »bevor Ihr uns verlasst. Wie habt Ihr davon Kunde erhalten, dass wir auf dem Weg hierher sind?«
»Allahs Ohren sind groß, und sie hören alles. Es gab ein Schiff, auf dem dieser Mann und diese Frau gekommen sind. Nicht alle Passagiere waren das, wofür sie sich ausgaben.«
»Also doch Peres«, platzte Teresa heraus. »Er ist uns nachgegangen, hat die Männer der Karawane bestochen und ausgefragt …«
»Das ist nicht mehr von Belang«, sagte der Alte und war im nächsten Augenblick wie vom Erdboden verschluckt.
»Himmel, wo ist er geblieben?«, rief Saloman. »Wir hätten ihn festhalten und ihn zwingen können, uns aus dem Gang herauszulassen.«
Markus lief in die Grabkammer zurück.
»Nichts zu sehen«, meinte er kurze Zeit später. »Die Tür ist verschlossen wie eh und je.«
Teresa setzte sich auf den Rand des Brunnens und brach in Tränen aus. Alles war verloren. Sie hatten zwar Wasser und Blüten in Hülle und Fülle, doch wie lange konnte man damit überleben? Ich will nicht sterben, dachte sie, und ich will auch nicht, dass die anderen sterben. Wie durch einen Schleier sah sie Markus näher kommen. Er nahm ihre Hand, fest und warm lag sie in seiner.
»Wir haben das alles nicht geträumt, Teresa«, sagte er. »Vor allem haben wir uns nicht geträumt. Wir werden hier wieder herauskommen, das verspreche ich dir. Dann kehren wir nach Hause zurück und beginnen ein anderes Leben.«
»Was für ein Leben meinst du?«
»Ein Leben in Liebe und Wahrhaftigkeit. Die Menora beziehungsweise das, von dem wir glaubten, dass es die Menora sei, gibt es in Wirklichkeit nicht, ebenso wenig wie den Heiligen Gral und all die anderen Reliquien. Ich wollte es dir schon seit längerem sagen.«
»Die Menora hat es wirklich gegeben, und sie war von höchster Bedeutung für mein Volk«, meinte Saloman, der herangekommen war. »Doch es war vermessen von uns, sie besitzen zu wollen. Unser jetziger Aufenthaltsort ist die Strafe für diese Vermessenheit.«
»Wenn wir hier wirklich herauskommen«, antwortete Teresa und wischte sich die Tränen aus den Augen, »und unsere Heimat erreichen, werde ich die Bitte meines Vaters erfüllen und die Chronik zu Ende schreiben. Es wird mein Lebenswerk sein. Er hat mich nicht gebeten, ihn zu rächen. Er würde sagen, Teresa, davon werde ich auch nicht wieder lebendig, so wenig wie deine Mutter wieder lebendig geworden ist.«
»Lasst uns überlegen, in aller Ruhe und ohne Angst«, sagte Saloman. »Die Sonne neigt sich langsam dem Horizont zu. Der Garten muss also nach Westen hinausgehen. Der Alte hat wohl gewusst, dass wir hier keine dreißig Tage überleben können. Wasser ist zwar im Überfluss da, nicht aber Nahrung. Es gibt nur Blüten und Blätter, außer den Zitronen und Orangen keine Früchte. Die Tiere kann man kaum essen und wenn, wäre nicht viel dran. Zwar könnten wir ein Feuer entfachen und damit Vögel und Schlangen rösten, aber wie lange? Mit dem Feuer könnten wir auf uns aufmerksam machen, doch wir wissen nicht, wer sich in den Bergen herumtreibt. Wahrscheinlich sind es persische oder islaimitische Horden, die mit den Assassinen verbündet sind.«
»Wie kam das Wasser den Berg herauf?«, fragte Teresa träumerisch.
»Was hast du gesagt?«, wollte Markus wissen.
»Wie kommt das Wasser den Berg herauf?«
»Das ist eine außerordentlich kluge
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