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Die Pilgerin von Montserrat

Die Pilgerin von Montserrat

Titel: Die Pilgerin von Montserrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christa S. Lotz
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wir danach suchen.«
    »Wonach? Nach der Menora?«
    Teresa schüttelte heftig den Kopf. »Nach weiteren Hinweisen und Pergamenten. Vielleicht müssen wir uns die Raritätenkammer noch einmal vornehmen oder den Keller …«
    In diesem Augenblick ging ein heftiger Ruck durch das Boot, so dass Teresa fast von ihrem Stuhl gefallen wäre. Offenbar war die Plätte auf Grund gelaufen.
    »Ich bin es leid, in diesem Schneckentempo voranzukommen«, sagte sie gereizt.
    »Sei vorsichtig, versuche nicht, alles zu schnell hinter dich bringen zu wollen. Wir werden das Geheimnis lösen, ob wir nun im April ankommen oder im Juni.«
    »Ich möchte über Land weiterreisen.«
    »Du hast ja recht.« Markus winkte dem Bootseigentümer. »Hier ist der Rest für die Fahrt, wir werden uns auf andere Weise durchschlagen.«
    Der Mann sah etwas verärgert drein, aber er musste sie wohl oder übel ziehen lassen.

33.
    In einer kleinen Donaustadt kauften sie zwei Pferde. Das Entgelt für die beiden Kamele und die anderen Reittiere, die sie am Kaspischen Meer veräußert hatten, brachte so viel ein, dass ihr Beutel nach wie vor gut gefüllt war. Sie folgten dem Lauf des Flusses. Die Straße zog sich teilweise an seinen Ufern hin; manchmal mussten sie die Donau auf Holz- oder Steinbrücken überqueren. Das Land wurde bergiger. Am Eisernen Tor, einem engen, für Schiffe äußerst gefährlichem Durchbruchstal, verlief der Weg hoch über den Kalkfelsen. Teresa konnte einen Blick in die atemberaubende Schlucht mit dem schäumenden Wasser tief unten werfen.
    Innerhalb von zwei Wochen passierten sie Budapest, Bratislava und kamen nach Wien. Dort gab es eine saubere, freundliche Herberge nahe der Stadtmauer, den Salzburger Hof . Vor der Mauer war ein Burggraben angelegt, mit Fischteichen und Futtergras dazwischen. Es war etwa zehn Uhr am Morgen. Teresa sehnte sich nach einem Bad und einem guten Essen. Sie fragte die Frau des Herbergswirtes nach einer Badestube. Die gebe es seit Anfang des Jahrhunderts nicht mehr, bekam sie zu hören, wegen des Aufkommens der Franzosenkrankheit. Teresa hatte von dieser Krankheit schon gehört, und daher war sie froh, als die Frau ihr eine Schüssel mit heißem Wasser, Seife, Lappen und Handtuch brachte. Während sie sich wusch, stellte sie sich vor, mit Markus in einem Badehaus zu sein. Hinter einem Schirm aus Binsengeflecht verborgen, ließ sie sich einseifen, waschen und später maniküren. Sie hörte das Plätschern in seiner Wanne und träumte davon, in seinen Armen zu liegen. Sie beschloss, auf der Weiterreise endlich mit ihm über ihre Zukunft zu sprechen. Ihre schmutzige Wäsche gab sie der Wirtin und zog ihr letztes sauberes Kleid an, ein blaugrünesLeibchen mit viereckigem Ausschnitt und gefälteltem Rock. Darüber zog sie einen wollenen Mantel, denn obwohl es schon Anfang April war, hatte die Sonne noch nicht genügend Kraft entwickelt.
    Markus zeigte sich frisch rasiert, mit gestutztem Bart, und er trug ein langes, geschlitztes Wams, wollene Beinlinge und eine Schaube aus Leinenstoff. Sie würden ihm ein Barett kaufen müssen, bevor sie endgültig nach Hause zurückkehrten. Aber wollte er das überhaupt? Wäre er bereit, das Kloster zu verlassen und seinem Gelübde untreu zu werden?
    Mittags liefen sie durch die Gassen der Stadt. Es waren viele Fuhrwerke und Menschen unterwegs. Die Türme der Stadtmauer waren mehrere Etagen hoch und erreichten Höhen bis zu 60 Fuß, die Fassaden waren mit Fresken und Wappen geschmückt. Am Stubentor stand ein großer steinerner Christophorus, der Schutzpatron der Reisenden.
    »Möge er uns beschützen für den Rest unserer Wallfahrt!«, scherzte Teresa.
    »Du hast doch deinen Schutzengel«, gab Markus zurück.
    Teresa überlegte. Hatte sie ihren Schutzgeist wirklich noch? Er hatte sie immer dann gewarnt und beschützt, wenn sie etwas zu tun beabsichtigte, was für sie gefährlich werden konnte. Aber nur, solange sie nicht … ja, was eigentlich?
    »Er beschützt mich nur, wenn ich … äh … meinem eigenen Wesen treu bleibe«, antwortete sie.
    »Das unterscheidet ihn von mir.« Er lachte. Teresa drückte ihm einen Kuss auf die glatte Haut seiner Wange. Wie gut sie sich anfühlte! Die Haare seines Schnurrbartes kitzelten sie an der Nase. Hand in Hand gingen sie weiter. Der Boden der Gassen bestand aus festgestampftem Lehm. Die Häuser trugen rötliches und dunkelbraunes Fachwerk und standen so eng, dass die Fuhrwerke fast steckenzubleiben drohten. In den Erdgeschossen waren

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