Die Pilgerin von Montserrat
dir. Amen.
In hac mensa novi Regis
Novum Pascha novae legis
Phase vetus terminat. «
»Neuen Königs Tafelrunde
Neues Lamm im Neuen Bunde
Hat des Alten End gebracht«, übersetzte Markus. »Das ist von Thomas von Aquin und bedeutet: Das neue Lamm, also Christus, ist in Verbindung mit der Tafelrunde des Artus.«
»Was wieder auf Britannien als Gralsort hinweist«, meinte der Pfarrer. »Und so endete die Geschichte hier«, setzte er hinzu. »Am 11. April 1212 griff der Graf Montfort die Festung Hautpoul-Mazamet an und konnte sie erobern, nachdem die meisten Belagerten durch unterirdische Gänge geflohen waren. Hautpoul wurde 1240 zum Sitz des Katharerbischofs von Albi, Jean de Collet.«
»Haben sie überlebt?«
»Niemand hat den Albigenserkreuzzug überlebt, und falls doch, dann musste er sich zeitlebens verstecken.«
»Welchen Weg empfiehlt Ihr mir, Père Frontier?«
»Reitet über die Festungsstadt Carcassonne in Richtung Foix. Dort solltet Ihr die Katharerburg Montségur aufsuchen. Ihr seid doch ein Pilger, wie ich gesehen habe. Der Berg wird Euch wichtige Erkenntnisse auf dem Weg zu Euch selbst, zu Gott vermitteln.«
21.
Am anderen Morgen sahen Teresa und Froben sich den Ort, in dem sie übernachtet hatten, etwas näher an. Er bestand aus etwa zehn bis zwölf Häusern, alle aus dem grauen Gestein der Umgebung erbaut und mit Schiefer gedeckt. Nebel machte sich in den beiden einzigen Gassen breit und verbarg die umliegenden Berge hinter einer weißen Wand. Ziegen meckerten und stiegen die Abhänge hinauf und herunter. Ihre Glocken bimmelten in der Stille. Das Dorf schien ausgestorben zu sein. Beim Gedanken an die beiden Reiter, denen sie gestern in Montpellier begegnet waren, fröstelte Teresa. Sie wandte sich an ihren Vater.
»Bist du zu einer Entscheidung gekommen?«, fragte sie.
»Ich denke nach wie vor, dass wir unseren einmal eingeschlagenen Weg weiter verfolgen und uns von niemandem daran hindern lassen sollten.«
»Das denke ich auch. Markus fehlt mir allerdings sehr.«
»Du wirst es vielleicht nicht glauben, aber mir fehlt er auch.«
»Aber wir hätten doch nicht auf ihn hören dürfen?«
»Gewiss nicht, Teresa. Damit hätten wir alles, was uns lieb und teuer ist, für immer verraten!«
»Wie sollen wir das Kloster Montserrat erreichen, wenn wir von diesen Reitern verfolgt werden? Vielleicht werden sie uns töten, bevor wir an unserem Ziel angekommen sind.«
»Ich glaube nicht, dass sie uns wirklich töten wollen«, sagte Froben, »oder wenigstens solange nicht, bis wir den Kandelaber gefunden haben. Sie wissen ja selbst nicht, wo sie ihn suchen sollen. Der Tod des Eremiten beweist das. Er sollte uns auf die Spur des Kandelabers führen, durfte aber als jemand, der um das Geheimnis wusste, nicht am Leben bleiben. Dadurch, dass diese Leute uns verfolgen, kommen sie selbst dem Geheimnis näher.«
»Wir sollen ihn also finden, um dann umgebracht zu werden? Was für ein furchtbarer Gedanke! Gibt es denn kein Entrinnen?«
»Nur wenn wir aufgeben.«
»Ich gebe nicht auf! Niemals würde ich mir das verzeihen, und auch du würdest es mir nicht verzeihen. Soll ich mein Leben künftig wieder lesend und studierend auf Burg Wildenberg verbringen?«
»Du hast recht«, sagte ihr Vater. »Und ich hoffe, deine liebe Mutter möge es mir verzeihen, wenn ich dich solchen Gefahren aussetze.«
»Wenn die Gefahr im Augenblick nicht so groß ist, können wir ja in Ruhe weiterreisen. Wie verläuft der Weg?«
»Über Narbonne und Perpignan nach Süden, Barcelona zu. Dort liegt das Kloster Montserrat auf einer stattlichen Höhe von etwa viertausend Fuß.«
»Erzähl mir etwas über dieses Kloster.«
»Wir holen unsere Sachen und reiten los. Dann kann ich es dir unterwegs erzählen, auch etwas über die Geschichte dieses Landes der Katharer, das mit Blut getränkt ist.«
Es hatte etwas Gespenstisches, durch den dichten Nebel zu reiten. Sie durchquerten eine Schlucht. Der Weg war nur schwer zu erkennen. Er war nass und glitschig, die Pferde glitten manchmal aus und strauchelten. Endlich waren sie oben, wo der Weg ebener weiterging.
»Der Berg Montserrat, der ›zersägte Berg‹, hatte schon sehr früh eine religiöse Bedeutung«, begann Froben mit seinem historischen Vortrag. »In vorchristlicher Zeit stand dort ein Venustempel, der, so sagt die Legende, durch den Erzengel Michael zerstört wurde. Ein paar Einsiedlermönche sollen schon um das 8. oder 9. Jahrhundert auf dem Montserrat gelebt haben. Oliba,
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