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Die Pilgerin von Montserrat

Die Pilgerin von Montserrat

Titel: Die Pilgerin von Montserrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christa S. Lotz
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›Montaña‹, bevor er starb.«
    Die Augen des Pfarrers leuchteten auf. »Ich interessiere michebenfalls für alte Geschichte«, sagte er. »Das Dorf Mazamet, in dem diese Kirche steht, war ein Zufluchtsort für die Katharer. Sie flohen vor dem Zugriff der Inquisition in die Montagnes noires, die Schwarzen Berge unweit von hier. Wisst Ihr, wer die Katharer waren?«
    »Ich habe von ihnen gehört, weiß aber nichts Genaueres.«
    »Der Name ›Katharer‹ lässt sich zurückführen auf das griechische ›Katharos‹, ›die Reinen‹. Andere deuten den Namen als den der deutschen ›Katte‹ – Katze, ein Hinweis auf die angebliche Praxis, Katzen rituell auf das Hinterteil zu küssen. Diese Verleumdung wurde von der katholischen Kirche auch gegen die Templer und weitere Gruppen verwendet, die es zu denunzieren galt. Später wurde dann daraus das deutsche Wort ›Ketzer‹. Die Katharer selbst bezeichneten sich als ›Gute Christen‹. Sie stammen von den Bogomilen ab, einer Völkergruppe auf dem Balkan. Die Bogomilen haben sich nicht von der römischen Kirche abgespalten, sondern praktizierten eine Form des Christentums, die sich wahrscheinlich direkt von den Aposteln aus der Zeit Christi gebildet hat. Wie sie hingen die Katharer einem dualistischen Weltbild an. Sie glaubten, dass es einen guten Gott gibt, der für eine geistige Welt steht, die nichts mit unserer sichtbaren und vergänglichen Welt zu tun hat, und einen bösen Gott, der das Materielle verkörpert. Im Menschen ist für die Katharer noch etwas übrig von dieser Welt des guten Gottes: die Seele, die etwas Wesentliches, Bleibendes und prinzipiell Gutes ist. Die im irdischen Dasein gefangene Seele wieder zu Gott zu führen ist der Sinn der katharischen Existenz, vollendet durch das ›Consolamentum‹. Ein Ritual, das nur durch einen parfait durchgeführt werden konnte. Es scheint Katharer gegeben zu haben, die an Seelenwanderung glaubten und davon überzeugt waren, dass sich die menschliche Seele wandernd auch in Tieren wiederfinden konnte. Deshalb war das Töten und Essen von Tieren für sie verboten.«
    »Sie waren der katholischen Kirche ein Dorn im Auge«, warf Markus ein, »und wurden im Verlauf des ›Albigenserkreuzzuges‹ausgerottet. Der Legende nach haben sie in der Nacht, als sie auf ihrer Festung Montsegur überfallen wurden, den Schatz der Templer, den Heiligen Gral, in Sicherheit gebracht.«
    Père Frontier zwinkerte ihm zu.
    »Zum Heiligen Gral gibt es zwei historische Texte, von dem bekannten Chrétien de Troyes und dem weniger berühmten Robert de Boron, die sich beide auf eine Quelle beriefen. Robert de Boron zeichnete ein sehr klares Bild vom Gral. Er ist das Gefäß, das Jesus beim letzten Abendmahl benutzte. Ein jüdischer Trupp sei während des Essens in den Raum gedrungen, habe Jesus vor Pilatus gebracht, dem dann die Abendmahlschüssel ausgehändigt wurde. Der fromme Joseph von Arimathaia ging wenig später nach der Kreuzigung zu Pilatus, bat um den Leichnam des Herrn und erhielt außerdem das Abendmahlsgefäß. Hierin fing Joseph dann das Blut auf, das noch aus den Wunden des Herrn floss. Von den Juden in ein fensterloses Verlies eingekerkert, durfte Joseph das heilige Gefäß behalten. Es spendete ihm vierzig Jahre lang Licht und hielt ihn am Leben. Schließlich wurde Joseph befreit und ging in ein orientalisches Land, wo er dem Gral einen Altar errichtete. Nur Auserwählte waren zum Dienst an dieser kostbaren Reliquie berufen. Gralshüter sollten laut einer Weissagung nur drei Personen oder Generationen sein: Joseph selber, sein Schwager Hebron und dann dessen Enkel Alain. Am Ende der unvollständig überlieferten Dichtung übergibt der sterbende Joseph dem Schwager Hebron den Kelch. Robert de Boron deutet noch an, dass Hebron nach Britannien auswandern wollte. Auf seiner Reise muss er durch die Pyrenäen und vielleicht auch nach Santiago gekommen sein. Seitdem gelten das Kloster San Juan de la Peña und der Berg Montserrat als Gralsburgen. Und wirklich wurden dort lange Jahre Kelche verehrt, die jener legendäre Blutkelch Christi gewesen sein sollten. Wie sagte der Eremit, als er starb?«
    »Montaña.«
    »Es gibt einen Gelehrten dieses Namens im Kloster Montserrat, der sich mit diesen Fragen beschäftigt.«
    »Dann könnte ich also weiterkommen, wenn ich ihn aufsuche?«
    »Das könntest du mit Gewissheit, mein Sohn.« Er legte seine Hand segnend auf Markus’ Kopf. »Jetzt gehe hin in Frieden, das Wohlgefallen Gottes sei mit

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