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Die Pilgerin

Titel: Die Pilgerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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mit den Augsburgern ist kein Problem. Da hättest du mich nicht extra rufen lassen müssen. Und nun Gott befohlen!« Mit diesen Worten öffnete Gürtler die Haustür und warf sie ins Schloss, ohne hindurchgegangen zu sein. Mit einem Blick versicherte er sich, dass sich hinter der Küchentür nichts rührte, und stieg dann so vorsichtig die Treppe hoch, dass keine Stufe knarrte. Eine energische Handbewegung wies Otfried an, mit ihm zu kommen.
    »Was soll das?«, flüsterte er auf dem Treppenabsatz.
    »Wir werden dein Problem ein für alle Mal aus der Welt schaffen!« Gürtler blieb vor der Tür zu Willingers Schlafkammer stehen, öffnete sie und schob Otfried hinein.
    »Es hat aber lange gedauert, bis du zurückgekommen bist«, schalt der Kranke. »Wo sind die anderen?«
    »Die werden nicht kommen!« Gürtler trat in den Raum, schloss hinter sich ab und blickte mit hämisch verzogenen Lippen auf Eckhardt Willinger nieder.
    »Was schleppst du mir diesen Kerl da an?«, fragte der Kranke empört und maß seinen Sohn mit einem vorwurfsvollen Blick. In dem Augenblick nahm Gürtler ein Kissen und presste es Eckhardt Willinger aufs Gesicht. Der Alte stieß einen erstickten Laut aus, packte die Handgelenke seines Peinigers und zerrte daran.
    »Verdammt, halte ihn fest, du Narr, damit ich ihm den Garaus machen kann!«, fuhr Gürtler Otfried an.
    Dieser stand mit kalkweißem Gesicht neben ihm und streckte abwehrend die Arme aus. »Aber das kannst du doch nicht tun!«
    »Wenn wir ihn am Leben lassen, verheiratet er Tilla mit Damianund du wirst zeit deines Lebens unter dessen Fuchtel stehen!« Gürtler wurde ungeduldig, denn der Alte wehrte sich mit erstaunlicher Kraft. »Willst du der Herr hier werden oder nicht?«
    Da begriff Otfried, dass es kein Zurück mehr gab, und bog die Finger seines Vaters nach hinten, um dessen Griff von Gürtlers Armen zu lösen. Gleichzeitig warf er sich auf den Körper des Kranken und hielt ihn nieder. Dabei zitterte er, als hätte er selbst das zehrende Fieber, und stammelte sinnlose Worte. Als er spürte, wie sein Vater unter ihm erschlaffte, ließ er dessen Hände fahren, als habe er sich an ihnen verbrannt.
    Gürtler presste das Kissen noch eine Weile auf Willingers Gesicht, bis er sicher war, dass der Mann nicht mehr lebte. Dann stopfte er es zu den anderen Kissen und bettete den Toten so, als habe diesen im Sitzen ein Schlag hinweggerafft.
    »Das wäre geschafft!«, sagte er zufrieden.
    Otfried starrte ihn entgeistert an. »Bei Gott, was haben wir getan?«
    »Dich zum Herrn des Handelshauses Willinger gemacht. Also mach kein Gesicht, als wäre dir der Gottseibeiuns begegnet! Es ist doch alles zu deinem Besten gelaufen.« Gürtler versetzte Otfried einen kräftigen Stoß. »Nimm dich gefälligst zusammen! Du gehst jetzt nach unten und schaust, ob jemand auf dem Flur herumläuft oder durch eine der Türen späht. Wenn die Luft rein ist, gibst du mir ein Zeichen, damit ich ungesehen das Haus verlassen kann. Die Mägde sind doch der Meinung, ich wäre bereits gegangen.«
    In diesem Moment begriff Otfried, dass er damit jede Möglichkeit aus der Hand gab, Gürtler die Schuld am Tod seines Vaters zuzuweisen. Sollte tatsächlich der Verdacht aufkommen, es wäre nicht mit rechten Dingen zugegangen, würden sich allerAugen auf ihn richten, denn er war zumindest nach außen hin der Einzige, der durch das Ableben des Vaters gewinnen konnte. Auch wurde ihm bewusst, dass er sich völlig in Gürtlers Hände begeben hatte, doch wenn er den Mann anklagte, würde er mit ihm auf dem Rad enden. Er schüttelte sich wie ein nasser Hund und stürmte aus dem Zimmer, als wäre ihm der Geist des Vaters auf den Fersen. Dabei stolperte er auf den Stufen und wäre beinahe die Treppe hinuntergestürzt.
    Als Gürtler den Lärm hörte, ballte er wütend die Fäuste. Derlei Aufsehen konnte er ganz und gar nicht brauchen. Als Otfried die Mägde fragte, ob sie noch in der Küche wären, verfluchte er den anderen leise. Der Stimme nach trat Ilga auf den Flur hinaus und redete auf Otfried ein. So blieb dem heimlichen Lauscher nichts anderes übrig, als neben dem Toten zu verweilen, der ihn anklagend anzustarren schien und sich mit einem Mal sogar bewegte.
    Gürtler glaubte, das Herz müsse ihm stehen bleiben, als Willinger sich nach vorne beugte und mit der Hand auf ihn zufuhr. Dann aber fiel der Arm des Toten herab und sein Oberkörper kippte auf die Bettdecke.
    Gürtler atmete tief durch, denn er sah nun, dass der Leichnam

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