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Die Pilgerin

Titel: Die Pilgerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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ihren eisernen Bändern und Knöpfen höchst unbequem und sie sehnte sich nach einem weichen Bett, aber sie zog den Liebesdienst jedem anderen Auftrag vor.
    Otfried blieb neben der Eingangstür stehen und zeigte hinaus. »Du läufst, so schnell du kannst, zu Veit Gürtlers Haus und verlangst ihn zu sprechen. Sage ihm, dass ich ganz dringend seine Hilfe benötige, und lass nicht eher nach, als bis er mit dir kommt.«
    Abwehrend hob Ilga die Hände, denn sie erinnerte sich nur allzu gut an den gierigen Ausdruck in Gürtlers Augen und traute ihm zu, in seinen eigenen vier Wänden Dinge von ihr zu fordern, die sie zwar gerne tat, aber nur mit dem richtigen Mann. Nicht umsonst hatte sie Otfried mit der verführerischen Mischung aus Anlocken und Verweigerung dazu gebracht, ihr die Ehe zu versprechen. An diese Zusicherung würde er sich nichtmehr gebunden fühlen, wenn er erfuhr, dass sie seinem Freund Gürtler zu Diensten gewesen war. Dieser mochte ihm sogar geraten haben, sie zu ihm zu schicken, um ihn vor einer Ehe mit ihr zu bewahren. Eine solche Schlechtigkeit traute Ilga Gürtler zu. Als sie die Haustür öffnete und das Licht der untergehenden Sonne auf Otfrieds Gesicht fiel, las sie darin jedoch eine Angst, die nichts mit dem Eheversprechen an eine einfache Magd zu tun haben konnte.
    »Renn, so schnell du kannst!« Otfried hob die Hand, als wolle er sie für ihr Säumen züchtigen.
    »Ich bin schon unterwegs, mein Herr und Geliebter!« Das Letzte sagte sie so leise, dass nur er jenes Wort verstehen konnte, das sie eigentlich nicht aussprechen durfte.
    Otfried achtete jedoch nicht auf sie, sondern schlurfte gebeugt wie ein alter Mann zur Tür des Kontors und trat ein. Der Hof lag schon tief im Schatten und es drang kaum noch Licht durch die kleinen Fenster, so dass sich die Konturen des Tisches und der Stühle in der zunehmenden Dunkelheit auflösten. Dennoch ließ Otfried sich auf seinen Platz sinken, ohne ein Licht an dem Kienspan zu entzünden, der abends in der gemauerten Nische im unteren Flur brannte, und starrte ins Leere. Seine schlimmsten Befürchtungen schienen sich an diesem Abend zu bewahrheiten. Sein Vater war auf dem Weg der Besserung und würde bald wieder das Heft in die Hand nehmen. Dann würde der Alte ihn wieder auf einen Platz verweisen, an dem er nur Sohn war und sein Wort nichts galt. Seine Hoffnung, durch Gürtler noch reicher zu werden und an dessen geheimnisvollen Geschäften teilhaben zu können, zerstoben im rauen Wind der Wirklichkeit zu Asche.
    In diesem Zustand traf Gürtler ihn an. Der Kaufherr hatte Ilga sofort vorgelassen und sich zu deren Erleichterung nicht umihre Reize gekümmert. Jetzt stand er in der Tür und versuchte, seinen Freund in dem diffusen Zwielicht zu erkennen. »Wo brennt es? Es hat geklungen, als säße dir das Messer am Hals!«
    »Meinem Vater geht es erheblich besser und er verlangt, dass das neue Testament noch heute beglaubigt und gesiegelt wird. Ich hätte längst den Ratsschreiber, Laux und Schrimpp holen sollen. Aber wenn ich das tue, dann …«
    »… kassiert der Laux-Bengel alles, dir bleibt ein Bettel und ich gehe ebenfalls leer aus.« Gürtler fluchte leise. So weit durfte es nicht kommen. Tilla selbst reizte ihn nicht. In dieser Beziehung hielt er sich lieber an die Ilgas dieser Welt, doch ihre Mitgift war erheblich und im Gegensatz zu den Versicherungen, die er Otfried gegenüber gemacht hatte, würde er den letzten Pfennig aus diesem halben Knaben herausholen. Zuerst aber musste verhindert werden, dass Eckhardt Willingers neues Testament Gültigkeit erlangte.
    »Wer ist bei deinem Vater?«
    »Nur die alte Ria! Es sei denn, Ilga ist zu ihm hochgestiegen.«
    Gürtler schüttelte den Kopf. »Nein, die ist gleich in die Küche gelaufen. Ich glaube, dort habe ich auch die Alte gehört. Wo ist deine Schwester?«
    »Die besucht gerade unsere frühere Kindsmagd«, antwortete Otfried.
    »Gut! Dann kann sie uns nicht in die Quere kommen. Wo hält sich das restliche Gesinde auf?«
    »Im Rückgebäude, wo sich ihre Kammern befinden. Dort wird auch ihr Essen gekocht. Im Haus selbst duldet mein Vater sie nicht.« Otfried sah den anderen nicken und wunderte sich ein wenig, aus welchem Grund sein Freund all diese Fragen stellte. »Bis auf die beiden Mägde sind dein Vater und wir also allein im Haus. Das gibt uns freie Hand.« Gürtler winkte Otfried, ihmzu folgen, und begann im Flur so laut auf ihn einzureden, dass man es in der Küche hören musste.
    »Das Geschäft

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