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Die Pilgerin

Titel: Die Pilgerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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wie das Schicksal mit den Menschen und sogar mit ganzen Städten spielte. Otfried hatte die Stadt gewinnen können, weil die damaligen Wächter ihn gekannt und ihm vertraut hatten. Er aber hatte das Tor besetzen können, weil keiner der Söldner gewusst hatte, wer er war. Nun empfand er Stolz auf seine Findigkeit, aber auch auf Tillas Mut und ihre Entschlossenheit.
    Endlich rutschte der Torflügel aus den Angeln und krachte mit einem weithin hallenden Schlag zu Boden. Trotz des Lärms, der seine Gegner auf den Plan rufen mochte, atmete Sebastian auf. Nun würde kein Bayer ihn mehr daran hindern können, seine Stadt zu befreien und die Schurken zur Rechenschaft zu ziehen, die Tremmlingen monatelang geknechtet hatten.
    Die Vorgänge am Tor hatten die Bewohner der umliegenden Häuser alarmiert und nun öffneten sich die Fenster der oberen Stockwerke. Eine Frau lehnte sich hinaus, sah die Toten und prallte mit einem Aufschrei zurück. Andere waren weniger furchtsam und beobachteten neugierig das Geschehen. Aus den umliegenden Gassen näherte sich eine größere Gruppe von Männern verschiedenen Alters, die wohl von jenen alarmiert worden waren, die den kleinen Platz nach dem blutigen Ende der Torwachen fluchtartig verlassen hatten. Sie starrten auf den am Boden liegenden Torflügel und die Krieger, die es mit gezogenen Schwertern bewachten, musterten den Fremden, der offensichtlichderen Anführer war, und schienen sich nicht schlüssig zu sein, wie sie sich zu der Situation stellen sollten.
    Dann trat ein älterer Mann mit spitzem Bart, der noch ein Nadelkissen in der Hand hielt, auf Sebastian zu. »Aber das ist doch nicht möglich! Das ist doch … Bist du es wirklich, Sebastian Laux?«
    »Der bin ich, Meister Nodler. Wie du siehst, habe ich vor, hier aufzuräumen.«
    »Sind das deine Leute?« Der Schneider wies mit zitterndem Finger auf die Reiter, die eben die letzte Strecke zum Tor zurücklegten.
    »Das sind sie, und es kommen noch mehr!« Man konnte Sebastian ansehen, wie stolz er war, auf diese Weise in seine Heimatstadt zurückgekehrt zu sein.
    Inzwischen waren auch einige von Otfrieds Bütteln auf das Geschehen aufmerksam geworden und drängten sich großspurig durch die immer noch anwachsende Schar. Einer von ihnen hob seine Hellebarde und drohte: »Macht, dass ihr in eure Häuser kommt, ihr Kerle, sonst machen wir euch Beine!«
    »Du machst keinem mehr Beine, Renz!« Sebastians Stimme hallte bis in die umliegenden Gassen.
    Der Büttel fuhr herum, und da die versammelte Menge nun ein wenig auseinanderstrebte, entdeckte er auch Sebastian und dessen Männer, die eben von Starrheim und dessen Reitern verstärkt wurden. »Was soll denn das?«
    »Das wirst du gleich erleben!« Sebastian setzte sein Pferd in Bewegung und hob sein Schwert. Er musste nicht zuschlagen, denn in dem Augenblick packten die braven Bürger von Tremmlingen die Büttel, vor denen sie so lange hatten kuschen müssen, entrissen ihnen die Waffen und drangen mit Stöcken und blanken Fäusten auf sie ein.
    Das Geschrei der geprügelten Männer gellte Tilla in den Ohren, doch sie empfand kein Mitleid. Nach alledem, was Elsas Bericht zufolge hier vorgefallen war, hatten die Kerle ihre Strafe verdient.
    Starrheim ritt auf Sebastian zu und schlug ihm begeistert gegen die Brust. »Das ging besser als erwartet! Bei Gott, ich hätte nicht gedacht, dass euch die Torwächter auf den Leim gehen würden.«
    »Sie waren Fremde und kannten mich nicht. Außerdem waren sie zu gierig.« Sebastian wies dabei auf das kastilische Silberstück, das dem Mann, der es entgegengenommen hatte, aus der Hand gefallen war und nun mitten im Torweg lag. »Aber genug geschwätzt. Das war nur der Anfang. Jetzt müssen wir die Stadt gewinnen! Kommt mit zum Hauptquartier der Bayern!« Er wollte seine Leute zum Anwesen seiner Familie führen, doch sein Pferd wurde bereits am nächsten Platz von den zusammenströmenden Bürgern eingekeilt, die alles gepackt hatten, was sich als Waffe verwenden ließ, und offensichtlich mit Mord im Herzen dem gleichen Ziel zustrebten.
    Sebastian hätte es sich nie träumen lassen, dass er einmal sein eigenes Vaterhaus würde belagern müssen. Doch die Tatsache, dass die Gegner sich ausgerechnet dort eingenistet hatten, hatte auch sein Gutes, denn er kannte jeden Schlupfwinkel und wusste seine Leute so einzuteilen, dass keiner der bayrischen Soldknechte das Anwesen verlassen konnte.
    Von den Bewaffneten, die Starrheim ausschickte, um die anderen Tore

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