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Die Pilgerin

Titel: Die Pilgerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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ist Tilla mein Eheweib und ich werde dich an einem ganz bestimmten Körperteil aufhängen lassen, wenn ihr auch nur ein Haar gekrümmt wird!«
    Damit hatte er die Lacher auf seiner Seite. Der Mann, der eben noch so wüst gedroht hatte, verschwand mit eingezogenem Kopf und die Menge machte Tilla Platz, damit sie zu Sebastian aufschließen konnte.
    »Wir sollten auch Otfrieds Haus bewachen lassen. Ich fürchte, er könnte uns sonst in die Suppe spucken wollen«, sagte sie. Sebastian nickte grimmig. »Das könnte leicht sein. Freund Starrheim, wollt Ihr dies für mich übernehmen?«
    »Gerne! Aber ich brauche jemand, der uns das Haus zeigt.«
    Tilla wandte sich dem Grafen zu und wollte ihr Maultier vorsichtig durch die dicht stehenden Menschen zu ihm lenken, als die alte Elsa sich vordrängte. »Folgt mir, Herr! Ich führe Euch hin.«
    Ein Teil der Bürger entschloss sich, dem Ritter in den Habsburger Farben zu folgen, doch der größte Teil scharte sich noch engerum das Laux-Anwesen. Die Söldner im Innern hatten unterdessen erkannt, dass ein offener Kampf zu ihren Ungunsten ausgehen musste, und verlegten sich auf Drohungen. »He, ihr da draußen! Ist da jemand, der für euch sprechen kann?«, schrie einer heraus.
    »Ich spreche für Tremmlingen!« Sebastian ritt näher auf das Tor zu und wartete gespannt auf Antwort.
    »Dann höre mir gut zu, du aufgeblasener Stadtwurm! Entweder du verschwindest mit deinem zusammengelaufenen Haufen und beugst dich der hier herrschenden Ordnung, oder wir werden die ganze Stadt anzünden!« Um diese Drohung zu bestätigen, flog eine Fackel über die Umfassungsmauer des Anwesens. An der Stelle, an der sie niederging, brach Panik aus. Die dicht gedrängten Menschen versuchten, dem Geschoss auszuweichen, doch mehrere wurden von Funken und dem herumspritzenden Pech getroffen und ihre Kleidung entzündete sich. Etliche Zuschauer liefen vor Schreck davon, während ein paar mutige Bürger die Flammen mit Umhängen und Mänteln erstickten. Wären die Söldner in diesem Moment hinausgestürmt, hätte es ihnen gelingen können, sich bis zum Stadttor durchzuschlagen. Doch die Männer nahmen die Bürger nicht ernst und hatten überdies keine Lust, die reichlich gefüllten Tröge zu verlassen, an denen sie sich in den letzten Monaten gemästet hatten. So ließen sie die günstige Gelegenheit ungenutzt verstreichen.
    Nach wenigen Augenblicken gelang es Sebastian, den Kreis um sein Elternhaus wieder zu schließen. Doch auch er wusste, dass die Fackel nur eine Warnung gewesen war. Das nächste Mal würden die Söldner mit Brandpfeilen auf die umstehenden Häuser schießen, und er wusste nicht, was er dagegen unternehmen konnte. Das Gefühl der Hilflosigkeit wich jedoch, als Tillas Stimme über den Platz hallte.
    »Alle Frauen und Kinder zu mir! Besorgt euch Schaffe, Eimer und Krüge und holt Wasser herbei, so viel ihr könnt! Wir werden unsere Stadt vor Schaden bewahren. Habt keine Angst, auch wenn vielleicht das eine oder andere Gebäude trotz eurer Anstrengung zu brennen beginnt. Dann müsst ihr die Nachbarhäuser schützen! Unsere Männer werden den Feind für seinen Frevel bezahlen lassen!«
    Zustimmende Rufe brandeten auf, und die Frauen und Mädchen, aber auch die jüngeren Knaben rannten los und kehrten innerhalb kürzester Zeit mit Eimern, Bottichen und allen möglichen Gefäßen zurück, die sie in Windeseile an den Brunnen mit Wasser gefüllt hatten. Es mochte dieses Beispiel beherzten Frauenmuts sein, das die bayerischen Söldner an ihrem Erfolg zweifeln ließ. Als wieder einer von ihnen nach draußen rief, klang seine Stimme eher kleinlaut. »Gewährt ihr uns freies Geleit, wenn wir das Haus übergeben?«
    Sebastian wollte schon antworten, ließ dann aber den Blick über seine Mitbürger schweifen und hob unschlüssig die Hände. »Wenn die Kerle aufgeben, würde es uns Blutvergießen und manchen Schaden ersparen. Ich kann ihnen aber kein freies Geleit zusichern, wenn ihr sie dann umbringt.«
    Für einige Augenblicke herrschte Schweigen, dann schoben die Bürger den Mann nach vorne, der Tilla angegriffen hatte. »Sag, was du davon hältst!«, rief ihm ein Mann zu, der sichtlich schwankte, ob er auf Sebastian hören oder Rache fordern sollte.
    Das Männlein schrumpfte unter Sebastians hartem Blick zusammen, denn dieser hatte ihm die Bedrohung Tillas noch nicht vergeben. Ganz aufgeben wollte der Bürger jedoch nicht. »Die Kerle haben meine Tochter missbraucht und zu ihrer Hure gemacht. Jetzt

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