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Die Pilgerin

Titel: Die Pilgerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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solchen Jüngling zu messen!« Seine Augen glitzerten und er strich Sebastian dabei mit einer vertraulichen Geste über den Oberschenkel.
    Sebastian wurde es mit einem Mal ganz heiß unter seinem Hemd und er begriff, dass dem Karmeliter der Sinn genau nach jenem Tun stand, das er eben noch verflucht hatte. Sein grimmiges Gehabe war nur Täuschung gewesen, um sich ihm nähernzu können. Er schien die Geschichte mit dem angeblichen Vetter für eine Ausrede zu halten, denn jetzt legte er auch noch den Arm um Sebastian und neigte den Kopf zu ihm hin.
    »Wir werden gemeinsam nach Santiago ziehen, mein Sohn.« Mehr wagte er hier unter den Augen der die Gäste eifrig bedienenden Klosterbrüder nicht zu tun. Als sich die Pilger und die anderen Reisenden in den Schlafsaal zurückzogen, breitete er eine Matte für sich und Sebastian aus und schlüpfte aus seiner Kutte. Die Haut auf seiner Schulter und um seine Hüften, um die er einen Strick als Gürtel trug, war von dem härenen Tuch aufgerieben und glühte rot. Auch hätte es ihm gutgetan, sich wieder einmal zu waschen. Für das aber, was ihm zwischen den Beinen wuchs, würden ihn wohl neun von zehn Männern beneiden.
    Sebastian überlegte verzweifelt, wie er dem Karmeliter entkommen konnte. Der würde ihn am nächsten Tag gewiss auffordern, mit ihm in ein Dickicht zu kriechen und Dinge mit ihm zu treiben, die er wirklich nicht tun wollte.
    »Du solltest dich ebenfalls ausziehen, mein Sohn!«, sagte dieser mit weicher Stimme.
    Sebastian gehorchte zähneknirschend. Es ging schlecht an, den Karmeliter böser Absichten zu beschuldigen, da dessen Wort auf jeden Fall mehr gelten würde als das seine. Außerdem war es üblich, nackt zu schlafen. Selbst die Frauen, die sich auf der anderen Seite des Saales ihr Lager richteten, genierten sich nicht, sich unbekleidet zu zeigen, auch wenn sie sich vom mahnenden Hüsteln der wachenden Mönche getrieben rasch unter ihren Umhängen verkrochen.
    Solange die einheimischen Klosterbrüder aufpassen, wird der Bettelmönch wohl kaum auf schlechte Gedanken kommen, sagte Sebastian sich und legte sich hin. Sofort glitt der andere anseine Seite und ließ seine Hand im Schutz des dicken Mantels, den Sebastian als Decke über sich gezogen hatte, zu seiner Leibesmitte wandern.
    »Morgen werden wir beide die Glückseligkeit finden, nach der wir uns sehnen«, flüsterte der Karmeliter und schloss zufrieden die Augen.
    Sebastian spürte den festen Griff des anderen um den Schaft seines Gliedes und musste an sich halten, um sich nicht mit Gewalt von ihm zu befreien.
    »Möge Gott, unser Herr im Himmel, dir einen angenehmen Schlaf schenken«, sagte er und setzte in Gedanken »und einen möglichst langen« hinzu.
    Immer mehr Pilger zollten nun dem harten Weg Tribut und schliefen ein. Die sonderbarsten Geräusche durchzogen den Saal und ließen Sebastians angespannte Nerven wie die Saiten einer Laute vibrieren. Auch der Karmeliter schnarchte leise, und Sebastian gelang es, sein bestes Stück aus dessen Fingern zu befreien. Er schob den Mönch ein Stück von sich weg, doch dieser blieb selbst im Schlaf noch anhänglich und lehnte sich sofort wieder gegen seine Schulter.
    In dieser Nacht dauerte es lange, bis Sebastian einschlafen konnte, und doch wachte er vor allen anderen auf. Zunächst lag er noch wie betäubt auf seiner Matte, kratzte sich gedankenverloren am Oberschenkel und in dem kleinen Haarwuchs an seinem Unterleib. Erst langsam begriff er, dass sein neuer Freund ihm wohl etliche seiner Flöhe und wohl auch die noch hartnäckigeren Läuse vererbt haben musste. Das machte ihm den Mann noch widerwärtiger.
    Als er den Kopf hob, sah er, dass der erste Schein der Dämmerung das Dunkel im Saal mit grauen Schemen durchbrach, und stand auf. Nackt, wie er war, verließ er den Raum und wusch sichdraußen am Brunnen. Das Ungeziefer, das er sich in dieser Nacht eingefangen hatte, würde er so schnell wohl nicht loswerden, dachte er bedrückt. Das kalte Wasser erfrischte ihn jedoch und als er seine Kleidung an einem Pfahl ausschlug, um die Flöhe aus ihr zu vertreiben, und zähneklappernd hineinschlüpfte, war sein Entschluss gefasst. Er würde auf das Frühstück verzichten und darauf bauen, dass er sich unterwegs etwas zu Essen kaufen konnte. Notfalls musste er auch einen Tag mit leerem Magen weiterlaufen, wenn er den Karmeliter dadurch loswurde.
    Der Bruder Pförtner schaute etwas verwundert, weil er so rasch aufbrechen wollte, doch eine Münze, als Gabe

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