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Die Pilgerjahre des farblosen Herrn Tazaki

Die Pilgerjahre des farblosen Herrn Tazaki

Titel: Die Pilgerjahre des farblosen Herrn Tazaki Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Haruki Murakami
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kleinen Strudel gerichtet, die Haidas gleichmäßige, geschmeidige Schwimmzüge im Wasser hervorriefen, verfiel er in einen Zustand leichter Benommenheit.
    Als sie geduscht und sich in der Umkleidekabine angezogen hatten, war das transparente Leuchten aus Haidas Augen verschwunden, und er hatte wieder seinen gewöhnlichen ruhigen Blick. Durch die anstrengende körperliche Bewegung hatte auch Tsukurus Verwirrung sich gelegt. Die beiden verließen die Schwimmhalle und gingen gemeinsam zur Bibliothek. Sie sprachen kaum ein Wort miteinander, aber das war bei ihnen nicht selten. Haida sagte, er wolle in der Bibliothek etwas recherchieren. Auch das war nichts Ungewöhnliches. Haida mochte es, in der Bibliothek »zu recherchieren«. Eigentlich hieß das: Ich möchte jetzt eine Weile alleine sein.
    »Ich gehe nach Hause, Wäsche waschen«, sagte Tsukuru.
    An der Bibliothek trennten sie sich mit einem kurzen Winken.
    Danach hörte Tsukuru längere Zeit nichts von Haida. Er begegnete ihm weder im Schwimmbad noch auf dem Universitätsgelände. Tsukuru nahm wieder das Leben auf, das er geführt hatte, bevor er Haida kennengelernt hatte: Er aß allein, ging allein schwimmen, schrieb in den Vorlesungen mit und lernte Vokabeln und Grammatik für seine Fremdsprachen. Es war ein ruhiges und einsames Leben. Die Zeit verstrich unmerklich und ohne Spuren in seiner Umgebung zu hinterlassen. Hin und wieder hörte er die Platte mit den Années de pèlerinage .
    Nachdem Tsukuru etwa eine Woche lang nichts von Haida gehört hatte, nahm er an, dass dieser beschlossen hatte, sich nicht mehr mit ihm zu treffen. So etwas kam ja vor. Genau wie die vier aus seiner Heimatstadt damals unangekündigt und ohne Angabe von Gründen aus Tsukurus Leben verschwunden waren.
    Vielleicht hatte sein Freund sich wegen des intensiven erotischen Traums, den er in jener Nacht gehabt hatte, von ihm losgesagt. Vielleicht hatte Haida über irgendeinen Kanal gespürt, was in Tsukuru vorgegangen war, und es war ihm mulmig geworden. Oder er war wütend.
    Nein, das konnte nicht sein. Diese Dinge konnten nicht nach außen gedrungen sein. Es gab keinen Weg, auf dem Haida davon erfahren haben konnte. Dennoch hielt Tsukuru es für möglich, dass einige bizarre Aspekte in seinem tiefsten Inneren dem Scharfblick seines Freundes nicht entgangen waren. Er schämte sich, wenn er nur daran dachte.
    Jedenfalls wurde Tsukuru nach Haidas Verschwinden deutlich bewusst, wie wichtig sein Freund für ihn gewesen war und wie viel Farbe er in seinen Alltag gebracht hatte. Wehmütig dachte er an ihre zahllosen Gespräche und Haidas eigentümliches heiteres Lächeln. An die Musik, die er mochte, die Bücher, die er ihm zu lesen gegeben hatte, seine Erklärungen für gewisse Phänomene, seinen besonderen Humor, seine exakte Art zu zitieren, die Mahlzeiten, die er zubereitet hatte, und seinen Kaffee. Überall stieß er auf die Lücken, die Haida hinterlassen hatte.
    Tsukuru hörte nicht auf, sich zu fragen, was er selbst seinem Freund im Gegenzug für all diese Dinge hatte bieten können. Hatte er überhaupt eine Spur bei Haida hinterlassen?
    Wahrscheinlich war es letzten Endes sein Schicksal, allein zu sein. Alle Menschen, die ihm näherkamen, verließen ihn bald wieder. Sie suchten etwas bei ihm, aber anscheinend fanden sie es nicht, oder das, was sie fanden, gefiel ihnen nicht; jedenfalls gaben sie (vielleicht enttäuscht oder ärgerlich) irgendwann auf. Eines Tages waren sie dann plötzlich verschwunden. Ohne Erklärung und ohne Abschiedsgruß. Wie man mit einem scharfen Beil eine Ader durchtrennt, durch die eben noch warmes Blut geflossen war.
    Offenbar hatte er etwas an sich, das andere Menschen enttäuschte. Der farblose Herr Tazaki, sagte er laut. Im Grunde lief es darauf hinaus, dass er anderen nichts zu geben hatte. Wahrscheinlich hatte er nicht einmal sich selbst etwas zu geben.
    Doch am Morgen des zehnten Tages nachdem sie sich vor der Bibliothek getrennt hatten, tauchte Haida plötzlich wieder in der Schwimmhalle auf. Als Tsukuru gerade in seiner Bahn wendete, tippte ihm jemand leicht auf den Rücken der rechten Hand, mit der er die Wand des Beckens berührte. Er schaute auf und sah Haida, der mit seiner Badehose bekleidet am Beckenrand hockte und ihm, die schwarze Schwimmbrille auf die Stirn geschoben, liebenswürdig wie immer zulächelte. Obwohl die beiden sich lange nicht gesehen hatten, wechselten sie kaum ein Wort, sondern nickten sich nur kurz zu und schwammen dann wie

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