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Die Pilgerjahre des farblosen Herrn Tazaki

Die Pilgerjahre des farblosen Herrn Tazaki

Titel: Die Pilgerjahre des farblosen Herrn Tazaki Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Haruki Murakami
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arbeitet. Sie ist sehr hilfsbereit.«
    Tsukuru bedankte sich.
    »Ich bin ab übermorgen dienstlich in London. Sobald ich dein Flugticket und die Reservierungsbestätigung für das Hotel in Helsinki habe, maile ich dir die genauen Informationen. Und die Adresse und Telefonnummer von unserem Büro dort.«
    »Gut.«
    »Und du willst wirklich nach Helsinki fliegen, ohne dich vorher mit Kuro abzusprechen? Den ganzen Weg über den Polarkreis?«
    »Findest du mich verrückt?«
    Sie lachte. »Ich würde eher das Wort ›tollkühn‹ benutzen.«
    »Ich habe einfach das Gefühl, dass so mehr dabei herauskommt. Das sagt mir mein Instinkt.«
    »Dann wünsche ich dir viel Glück«, sagte Sara. »Sehen wir uns vorher noch einmal? Anfang nächster Woche bin ich aus London zurück.«
    »Nein«, sagte Tsukuru. »Natürlich würde ich dich gern sehen. Aber ich glaube, es ist besser, wenn ich vorher nach Finnland reise.«
    »Das sagt dir wohl auch dein Instinkt?«
    »Ja.«
    »Gehörst du zu den Menschen, die sich auf ihre Intuition verlassen?«
    »Nein, eigentlich bin ich bei meinen Entscheidungen bisher nie meiner Intuition gefolgt. Bahnhöfe werden ja auch nicht intuitiv gebaut. Ich weiß nicht einmal, ob ›Instinkt‹ das richtige Wort ist. Es ist einfach so ein Gefühl, das ich habe.«
    »Aber im Augenblick hältst du es jedenfalls so für das Beste. Ob aus Instinkt oder was auch immer.«
    »Als ich kürzlich im Schwimmbad war, habe ich nachgedacht. Über dich und über Helsinki. Ich kann es nicht erklären, aber ich habe das Gefühl, als würde ich mich instinktiv stromaufwärts bewegen«, sagte Tsukuru.
    »Das ist dir beim Schwimmen eingefallen?«
    »Ja, dabei kann ich ausgezeichnet nachdenken.«
    Sara schwieg einen Moment. Sie schien erstaunt. »Stromaufwärts wie ein Lachs?«
    »Ich weiß nichts über Lachse.«
    »Die Lachse machen lange Reisen und folgen dabei einem bestimmten Instinkt«, sagte Sara. »Hast du Star Wars gesehen?«
    »Als Kind.«
    »Möge die Macht mit dir sein«, sagte Sara. »Wenn die Lachse das schaffen, schaffst du es auch.«
    »Danke. Ich rufe dich an, wenn ich aus Helsinki zurück bin.«
    »Gut, ich erwarte deinen Anruf.«
    Sie legten auf.
    Doch einige Tage bevor Tsukuru nach Helsinki fliegen sollte, sah er Sara durch Zufall in der Stadt. Allerdings bemerkte sie ihn nicht.
    An jenem Abend war er nach Aoyama gefahren, um Mitbringsel zu kaufen, ein kleines Schmuckstück für Kuro und japanische Bilderbücher für die Kinder. Er kannte ein entsprechendes Geschäft in einer Gasse hinter der Aoyama-dori. Etwa eine Stunde später hatte er seine Einkäufe erledigt und ging, um sich auszuruhen, in ein Café auf der Omotesando. Er setzte sich an eine der großen Fensterflächen, bestellte sich einen Kaffee und ein Sandwich mit Thunfisch und beobachtete die Passanten, die im Abendlicht vorübergingen. Viele von ihnen waren glücklich wirkende Paare. Sie alle schienen auf dem Weg zu einem besonderen Ort zu sein, an dem etwas Schönes sie erwartete. Der Anblick dieser Menschen versetzte ihn in eine friedliche, leblose Stimmung. Er fühlte sich wie ein vereister Baum an einem windstillen Abend im Winter. Aber es war nichts Schmerzhaftes daran. Tsukuru hatte sich in all den Jahren so an diesen Geisteszustand gewöhnt, dass er nicht darunter litt.
    Trotzdem konnte er nicht umhin, sich zu wünschen, Sara wäre bei ihm. Doch da war jetzt nichts zu machen. Er hatte ja selbst abgelehnt, sich noch einmal mit ihr zu treffen. Es war sein eigener Wunsch gewesen. Er hatte seine kahlen Äste an diesem schönen Sommerabend selbst auf Eis gelegt.
    Ob das richtig gewesen war?
    Tsukuru war nicht überzeugt. Genügte es, sich auf seinen »Instinkt« zu verlassen? War dieser Instinkt womöglich nicht mehr als ein Vorurteil, das jeder Grundlage entbehrte? »Möge die Macht mit dir sein«, hatte Sara gesagt.
    Tsukuru dachte an die Lachse, die ihrem Instinkt oder ihrer Intuition folgend diese lange Reise durch das dunkle Meer antraten.
    Just in diesem Augenblick betrat Sara sein Gesichtsfeld. Sie kam in dem mintgrünen, kurzärmeligen Kleid, das sie bei ihrer letzten Begegnung getragen hatte, und hellbraunen Pumps den Hang von der Aoyama-dori in Richtung Jingu-mae herunter. Tsukuru schluckte und runzelte unwillkürlich die Stirn. Er konnte kaum glauben, dass sie es wirklich war. Einige Sekunden lang dachte er, es handele sich um eine Sinnestäuschung, hervorgerufen durch die Sehnsucht in seinem einsamen Herzen. Doch es war ohne jeden

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