Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Poggenpuhls

Die Poggenpuhls

Titel: Die Poggenpuhls Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
Vom Netzwerk:
an, und ist es gar Kalb, dann hat es immer einen Stich... Un ich werde auch gleich eins kochen, gnäd'ge Frau; Sie müssen sich auch mal was gönnen. Es ist wahr, Sie haben ja die Bonbons, aber das gibt keine Kraft un is bloß von wegen den Husten.«
    Sophiens Briefe teilten sich, der Zeit nach, in solche, die sich mit ihrer fortschreitenden Genesung und, als diese schließlich da war, mit ihrer malerischen Tätigkeit beschäftigten. Diese Briefe zu lesen war immer ein Vergnügen, und einzelne davon nahm Manon sogar mit zu Bartensteins, um sie da zum besten zu geben, aber freilich meist nur, wenn der Alte zugegen war, der so was gern hörte, während die Damen eigentlich nur aus Artigkeit folgten. Flora (vielleicht weil sie wegen eines geplanten Ausfluges nach Olympia gerade Neugriechisch lernte) hatte eine Neigung, alles »unbedeutend« zu finden, was Manon, so verliebt sie in die Freundin war, doch bestimmte, mit ihren Mitteilungen schließlich etwas zurückhaltender zu sein.
    In einem dieser Briefe hieß es: »Ich bin jetzt bei der Sündflut, die ja, wenn man will, auch ins Landschaftliche fällt. Wasser ist doch auch Gegend, und Gegend ist Landschaft. Und was denkt Ihr nun wohl, wie meine Sündflut aussieht? Ganz anders wie andre, was ich, ohne unbescheiden zu sein, sagen darf, weil die Idee nicht von mir, sondern von Onkel Eberhard herrührt. Und auch eigentlich nicht von ihm, wie Ihr gleich hören werdet. Als ich mich nämlich vorige Woche beim Tee dahin äußerte, daß ich jetzt an die Sündflut herangehen wolle, sagte der Onkel: ›Ja, Fiechen, wie denkst du dir das nun eigentlich? Oder richtiger, ich will es gar nicht wissen, ich will dir lieber gleich sagen, wie
ich
es mir denke und wie ich es mir wünsche. Als ich noch in Berlin bei »Alexander« stand, war ich mal auf Besuch in einer benachbarten Dorfkirche, drin viele Bilder waren, auch eine Sündflut. Und aus der Sündflut ragte nicht bloß, wie gewöhnlich, der Berg Ararat mit der Arche hervor, nein, neben dem Ararat befand sich auch noch in geringer Entfernung ein zweiter Berg, und auf diesem zweiten Berge stand eine Kirche. Und diese Kirche war genau die kleine märkische Dorfkirche mit einem Laternenturm und sogar einem Blitzableiter, in der wir uns in jenem Augenblick gerade befanden. Und das hat damals einen so großen Eindruck auf mich gemacht, daß ich dich bitten möchte, du machtest es auch so und ließest auch zwei Kuppen aufsteigen und auf der zweiten Kuppe stände die Kirche von Adamsdorf. Das heißt die protestantische. Wenn sich die Katholiken darüber ärgern, können sie sich ja ihre Kirche auch malen lassen. Ich stehe zu Martin Luther und der reinen Lehre. Darin, denke ich, bin ich ein fester Poggenpuhl.‹ Ich erschrak erst, als der Onkel das sagte, weil ich es mir alles anders gedacht hatte, da's aber kein Entrinnen gab, so gab ich mich zufrieden, und jetzt, wo's beinahe fertig ist, hab ich mich in die Idee ganz verliebt. So kindlich es mir anfänglich vorkam und auch noch vorkommt, so hat es doch zugleich eine tiefe Bedeutung; als die alte Sündenwelt unterging und die neue ›bessere, sich aufbaute, war das erste, was neu erschien (denn die Tiere waren ja noch aus der alten Welt), die Kirche jenes kleinen märkischen Dorfes und jetzt also die von Adamsdorf. Es war, als ob Gott sie gleich dahin gestellt habe. Natürlich kann man darüber lachen, aber man kann sich auch darüber freuen. Und Du, meine liebe Mama, die Du ja Gott sei Dank aus einem frommen Predigerhause bist, Du wirst es schön finden und den Onkel Eberhard noch lieber haben als zuvor. Er ist auch wirklich ein kapitaler Mann. Soviel über die Idee zu dem Bilde. Und nun wirst Du Dich nur noch wundern, wo und wie ich, die ich das Meer nie gesehen, die Vorstellung dazu hergenommen und zu meiner Sündflut verwandt habe. Nun höre. Vielleicht erinnerst Du Dich noch der Partie, die wir vorigen Herbst mit Bartensteins machten, alle dritter Klasse, was Bartensteins noch so sehr amüsierte. Dritter Klasse Ringbahn und bis Bahnhof Stralau. Und als wir da hoch oben ausstiegen, hoch wie der Berg Ararat, da lag der Rummelsburger See mitsamt der Spree wie eine mächtige Wasserfläche vor uns. Dieses Panorama hab ich für mein Bild benutzt. Der Bahnhof ist der Ararat, der Rummelsburger See die Sündflut. Auf stürmische Bewegung, weil ich doch sozusagen nur den Schlußakt der Sündflut gemalt habe, glaubte ich, ohne dadurch unkorrekt zu werden, verzichten zu können.«
     
    Briefe

Weitere Kostenlose Bücher