Die populaersten Irrtuemer ueber das lernen
Ganztagsschulverband hat gute Argumente für eine „echte“ Ganztagsschule:
Kindgemäße Entwicklung, kindgemäßes Erkennen und Lernen brauchen mehr Zeit.
Zusätzliche Unterrichtsangebote, Bedeutungslernen, Handlungslernen, fächerübergreifendes Lernen (PISA) sind an dichtgedrängten
Halbtagsschulvormittagen nur in Ansätzen möglich.
Zeitintensive Unterrichtsformen wie offener Unterricht oder Initiativen zum selbstständigen Lernen sind in einem rhythmisierten Tageslauf besser zu
realisieren.
Fördermaßnahmen für leistungsmäßig schwache und starke Schüler/innen, aber auch solche der sozialen Förderung für deutsche Kinder mit milieubedingten
Defiziten und ausländische Kinder mit Integrationsdefiziten sind im erweiterten Schultag besser unterzubringen oder überhaupt erst
realisierbar. Einzelmaßnahmen und flexible Gruppenbildungen sind möglich.
Auf begabte oder mit besonderen Fähigkeiten und Talenten ausgestattete Kinder und Jugendliche kann differenzierter eingegangen werden, weil mehr Zeit
und Personal zur Verfügung steht.
Das alles ist gut und richtig, doch damit die ganztägige Organisation zu Leistungsverbesserungen bei den Schülern führt, müssen nicht
nur die kostenintensiven personellen, räumlichen und materiellen Gegebenheiten stimmen, sondern vor allem auch die Lernmethoden. Man kann hoffen, dass
Lehrer das Mehr an Zeit für besseren Unterricht nutzen werden, doch darf man sicher sein? Wir haben zur Kenntnis nehmen müssen, dass Schüler in kleinen
Klassen nicht erfolgreicher sind als Schüler in großen Klassen. Möglicherweise verhält es sich mit Ganztagsschülernähnlich. Die Wirkung
ganztägiger Schulorganisationen auf die Entwicklung und den Schulerfolg von Kindern ist jedenfalls weitgehend ungeklärt.
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Viele denken, dass Kinder aus der Ganztagsschule kommen und ihre Hausaufgaben komplett erledigt sind. Das ist
aber nicht unbedingt der Fall. Eltern, die eine Ganztagsschule für ihr Kind erwägen, tun gut daran, sich danach zu erkundigen. Pädagogen und
Kinderpsychologen empfehlen bei der Entscheidung zu berücksichtigen, ob ein Kind ausgesprochen gerne und ausdauernd mit anderen Kindern zusammen ist oder
ob es viel Ruhe braucht und gerne auch mal alleine ist.
Irrtum: Das Lernen zu lernen ist für Schüler wichtiger als die Aneignung von Wissen
Häufig klagen Eltern, dass ihre Kinder nicht wüssten, wie man lernt. Ihnen fehlten Kenntnisse über Methoden und Techniken, um die
jeweils unterschiedlichen Anforderungen von Schule bewältigen zu können. Viele Schulen haben deshalb zumindest in den fünften Klassen eine Stunde pro
Woche dafür reserviert, den Kindern ganz allgemein das Lernen beizubringen. Inhalte der an bayerischen Gymnasien üblichen LuPe-Stunden („LuPe“ steht für
„Lernen und Persönlichkeit entwickeln“) sind unter anderem: Arbeitsplatzgestaltung, Zeitmanagement, Heftführung, Prüfungsvorbereitung, das Anfertigen von
Tabellen und Skizzen sowie kreative Arbeitsmethoden wie etwa Mindmapping. Lehrer, die auf Elternabenden erklären, welche Themen in den LuPe-Stunden
behandelt werden, können mit großer Zustimmung rechnen. Mütter und Väter fühlen sich mit ihren Sorgen ernst genommen und verbinden mit dieser Form des
Unterrichts einige Erwartungen. Es ist jedoch zu befürchten, dass diese Erwartungen zu hoch sind. Die Stunden werden von Fachlehrern gehalten, die die
Zeit häufig zur Vermittlung des eigenen Stoffes nutzen. Doch selbst Lehrer, die ihre Vorgaben ernsthaft und akribisch umsetzen, werden vermutlich nicht
allzu große Erfolge damit erzielen.
Nützlich sind Tipps, Tricks und Kniffe rund um das Lernen durchaus, doch Pädagogen tun gut daran, ihren Schülern Strategien immer im
konkreten Bedarfsfall zu vermitteln. Die Lehr- und Lernforscher sind sich jedenfalls einig, dass ein impliziter Erwerb von sogenanntem „metastrategischem
Wissen“ „sehr viel effizienter ist als die direkte Instruktion von Lern- undDenkstrategien an nicht authentischem Material“ (Elsbeth
Stern). Statt Schüler beispielsweise theoretisch in „Tabellenkunde“ zu unterrichten, sollte man ihnen dieses Handwerkszeug in dem Moment vermitteln, in
dem es auch gebraucht wird. Schüler benötigen echte Aufgaben, die die Konstruktion von Tabellen erfordern, nicht theoretisches Wissen „auf Vorrat“.
Kreative Arbeitsmethoden werden Schüler erst dann interessieren, wenn sie damit Aufgaben besser lösen können. Auch Erkenntnisse
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