Die populaersten Irrtuemer ueber das lernen
darüber, wie man sich auf
Prüfungen vorbereitet, werden am ehesten auf fruchtbaren Boden fallen, wenn ein Examen auch tatsächlich ansteht.
Oft hört man das Argument, die Aneignung von Wissen sei für heutige Schüler nicht mehr so wichtig, da es morgen womöglich schon
überholt sei. Das Lernen lernt man dennoch am besten mittels echter Herausforderungen, die immer mit Inhaltswissen verbunden sind. Die Angst vor der
angeblich immer geringer werdenden Halbwertszeit von Wissen ist unbegründet. Selbst an morgen bereits veraltetem Wissen können Schüler von heute das
Lernen lernen.
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Wer nach Möglichkeiten sucht, den überbordenden Stundenplan zu stutzen, sollte die Streichung der
„Lernen-lern-Stunden“ in Betracht ziehen. Schüler lernen das Lernen nicht wirklich gut in theoretischen Unterrichtseinheiten. Idealerweise geschieht dies
als „Nebeneffekt“ beim Lernen anspruchsvoller Inhalte.
Irrtum: Benachteiligte Kinder profitieren von Sprachförderung im Kindergarten
Die PISA-Studien haben gezeigt, wie ungerecht die Bildungschancen in unserem Land verteilt sind: Kinder von Akademikern gehen aufs
Gymnasium, selbst wenn sie dafür nicht geeignet sind; Kinder von Facharbeitern besuchen die Realschule, Kinder mit Migrationshintergrund schaffen nur zu
häufig nicht mal die Hauptschule. Mit Sprachkursen im Vorschulalter will man einen Schritt in die richtige Richtung machen. Die Beherrschung der deutschen
Sprache ist der Schlüssel zu einer passablen Schulkarriere. Um allen Kindern gute Startbedingungen für die Grundschule zu ermöglichen, sollen nun jene
gefördert werden, die von Haus aus schlechtere Karten haben. Da ist es einleuchtend, dass man Kinder mit Sprachdefiziten ein Jahr vor der Schule gezielt
trainiert, damit sie von Anfang an mithalten können.
Diese Sprachkurse allerdings sind offenbar nutzlos. Jedenfalls zeigen das erste umfassende Analysen. Entwicklungspsychologen der
Pädagogischen Hochschule Heidelberg haben mehr als 500 Kinder aus Mannheim und Heidelberg über mehrere Jahre beobachtet. Ernüchterndes Resultat: Die
Kinder, die im Kindergarten in einer Sprachfördergruppe waren, hatten keinen Vorteil gegenüber jenen Kameraden, die trotz ähnlicher Defizite lediglich den
normalen Kindergartenalltag gelebt hatten. Ebenso enttäuschend: Der Abstand zwischen den geförderten Kindern zu den in Deutsch fitten Kindern verringerte
sich nicht, sondern blieb „groß“.
Warum bleiben die Bemühungen wirkungslos? Die Forscher um die Entwicklungspsychologen Jeanette Roos und Hermann
Schöler nennen mehrere Gründe: Erzieherinnen, die als Trainerinnen fungieren, sind unsicher, sie versuchen den Kindern die Programm-Inhalte „möglichst
vorgabentreu“ zu vermitteln, während es externen Sprachförderkräften an „pädagogischer Kompetenz“ mangelt. Außerdem ist der Kurs zu verschult. Es fehlen
„konkrete und alltägliche Sprachanlässe“. Die Kinder kommen kaum zu Wort. Meist reden die Trainerinnen. Die Kinder beantworten ihre Fragen, produzieren
Sprache mithin „rezeptiv nach Vorgabe und Erlaubnis der Erzieherin“. Es kommt kaum zu eigenen, „selbstgesteuerten und kreativen Sprachproduktionen“. Die
Kinder „langweilen“ sich. „Sprechfreude und Motivation“ gehen verloren.
Würde John T. Bruer die Ergebnisse kennen, er wäre mit Sicherheit nicht überrascht. In seinem Buch Der Mythos der ersten drei
Jahre zitiert Bruer Bildungsexpertin Dale Farran von der Vanderbilt University wie folgt: „Wenn man sich die Arbeiten ... bezüglich der Intervention bei
Kindern aus unterprivilegierten Schichten anschaut, kann einen der Mut verlassen. Eine Menge Geld wurde in Programme gesteckt, deren Wirkung gleich null
war ...“ Farran kritisiert, dass wir uns zu sehr auf die Veränderung von Kindergehirnen konzentrieren, statt anzuerkennen, dass der sozioökonomische
Status und die soziale Sicherheit von Eltern hinsichtlich des Schulerfolgs der Kinder wirkmächtige Faktoren sind. Wer diese Gedanken ernst nimmt, wird
vielleicht weniger optimistisch sein und in Ganztagsschulen allein deshalb nicht mehr die Lösung aller Probleme sehen. In skandinavischen Ländern, so
heißt es, werde kein Kind verloren gegeben, jedes werde individuell gefördert, was sich volkswirtschaftlich gesehen durchaus rechne. Weniger bekannt ist
jedoch, dass diese Länder für alle ihre Bürger gleichermaßen sorgen. Diese Staatenjedenfalls organisieren
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