Die populaersten Irrtuemer ueber das lernen
jedenfalls schon unsere Großeltern als Pennäler gesessen. Doch sind Gruppentische wirklich das Nonplusultra? Anke
Helle, meine Redaktions-Kollegin von Focus-Schule, ist dieser Frage einmal nachgegangen. Ihr Resümee: „Lehrer handhaben die Sitzordnung zu Recht
unterschiedlich.“
Ob Gruppentische, Tischreihen oder Hufeisen-Form – alle Möglichkeiten haben ihre Vor- und Nachteile. Grundschullehrer, die mit ihren
Schülern sehr viel Frei- und Gruppenarbeit machen, rücken häufig die Tische so zusammen, dass sechs Kinder eine Gruppe bilden. Manko: Nicht alle Schüler
haben einen freien Blick zur Tafel. Viele müssen sich den Hals verrenken, wenn sie z. B. etwas von der Tafel abschreiben. Aber Schüler sind noch aus einem
anderen Grund von dieser Sitzordnung nicht uneingeschränkt begeistert. Realschüler Mark etwa, 12 Jahre, sagt: „An Gruppentischen kriege ich nie so viel
mit. Es schwätzen eigentlich immer welche.“ Das Hufeisen findet man häufig in höheren Jahrgangsstufen: Diese Sitzordnung begünstigtDiskussionen, weil die Jugendlichen Blickkontakt haben. Die altmodischen Sitzreihen haben allerdings ebenfalls durchaus ihr Gutes: Sie
ermöglichen konzentriertes Arbeiten. Auch Teamwork ist möglich: Durch Umdrehen der Stühle entstehen automatisch Vierergruppen. Einige Lehrer lassen ihre
Schüler häufig die Plätze wechseln, damit jeder mal vorne sitzen darf (muss) beispielsweise. Andere Pädagogen lehnen diese Art der Gerechtigkeit ab:
Ständige Platzwechsel brächten zu viel Unruhe in die Klasse.
Immer wieder ärgern sich Eltern, etwa weil der Lehrer einen Störenfried neben die schüchterne Tochter setzt. Dürfen Lehrer nach
Gutdünken entscheiden? Natürlich werden erfahrene Pädagogen Rücksicht darauf nehmen, wenn Kinder nicht harmonieren oder ein Schüler unglücklich ist, weil
er mit dem Banknachbarn nicht zurechtkommt. Die Sitzordnung ist allerdings tatsächlich Hoheitsgebiet des Lehrers. Er muss das Wohl aller im Auge behalten,
auch wenn der eine oder die andere damit zunächst mal nicht glücklich ist. Eltern tun gut daran, nicht gleich bei der ersten Klage ihres Kindes auf
Änderung zu drängen. Halten die Probleme an, ist es dagegen durchaus angebracht, den Lehrer zu bitten, das Kind umzusetzen. Am besten freilich ist es,
wenn ein Schüler dies selbst mit dem Lehrer besprechen kann.
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Gruppentische machen nur dann Sinn, wenn die Unterrichtsform dies erfordert. Was die Sitzordnung betrifft,
sollten Eltern den Lehrern weitgehend Autonomie zugestehen. Gruppentische allein jedenfalls garantieren noch lange kein Plus für das Lernen.
Irrtum: In kleinen Klassen wird mehr gelernt
Mag der geneigte Leser meinen Argumenten bis hierher gefolgt sein, spätestens jetzt laufe ich massiv Gefahr, ihn zu
verärgern. Tatsächlich habe ich schon daran gedacht, diesen Irrtum heimlich, still und leise unter den Tisch fallen zu lassen – doch das hätte geheißen
zu kneifen, wenn’s unangenehm wird. Ob es uns gefällt oder nicht: In kleineren Klassen wird überraschenderweise nicht mehr gelernt. Diverse Studien kommen
zum immer gleichen verblüffenden Ergebnis: Für die Leistung eines Schülers ist es egal, wie viele Mitlerner er hat.
Als Andreas Helmke, Schulforscher der Universität Koblenz-Landau, der Zeit offenbarte, „dass kleinere Klassen nicht automatisch
zu höheren Lernergebnissen führen“, bekam die Redaktion die Wut der Pädagogen durch zahlreiche Leserbriefe zu spüren. Ein seit Jahrzehnten tätiger Lehrer
der Fächer Deutsch und Geschichte etwa ließ wissen, er vibriere „am ganzen Körper“. Jeder, der einmal länger als vier Wochen vor einer Klasse gestanden
habe, wisse doch, dass es für Lehrer und Schüler einen „himmelweiten Unterschied“ mache, ob die Klasse groß oder klein sei. Als wir in Focus-Schule 2008
über die vermeintliche Binsenweisheit „Kleine Klassen = bessere Schüler“ berichteten, bekamen auch wir den geballten Protest einer Berufsgruppe ab, die
wie kaum eine andere Opfer übler Nachrede ist. Eine Lehrerin schrieb mir einen hasserfüllten Brief. Leider ist es mir nicht möglich, daraus zu
zitieren. Höchst unprofessionell habe ich die Zeilen vor Schreck in den Papierkorb geschmissen.
Je kleiner die Klasse, so die verbreitete Annahme, desto häufiger kommt der einzelne Schüler zu Wort. Wegducken ist
weniger möglich, und wo Schüler eher Gefahr laufen dranzukommen, werden sie sich wohl auch besser
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