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Die Porzellanmalerin

Titel: Die Porzellanmalerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helena Marten
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beeilt.
    »Jan bekommt natürlich eine Provision, wenn er Maler nach Jingdezhen vermittelt«, sagte er mit einem breiten Grinsen an
Friederike gewandt. »Nichts für ungut, alter Knabe, aber so ist es doch, oder?« Er schlug seinem Neffen, der bescheiden auf seine Fußspitzen starrte, herzhaft auf den Rücken. »Aber bevor wir uns jetzt um die Gunst des Meißener Kollegen streiten, sollten wir lieber eine gute Tasse Kaffee trinken, meint ihr nicht auch, liebe Freunde?« Fragend blickte er von einem zum anderen. »Jedes Jahr versprechen uns nun schon die Frankfurter Kaffeehauswirte, dass die Bedienung im nächsten Jahr besser würde und wir die Getränke dann endlich an den Stand gebracht bekämen. Nie hat das bisher geklappt! Deshalb schlage ich vor: Lasst uns einfach in den ›Lachenden Abessinier‹ gehen und dort eine Tasse echt afrikanischen Kaffee zu uns nehmen. Ihr werdet entzückt sein! Und könnt eure Geschäfte wohlgestärkt fortführen …«
    Doch sein Neffe schien entweder tatsächlich keine Zeit oder aber kein Bedürfnis zu haben, das Gespräch fortzusetzen. Friederike hingegen lehnte nie eine Tasse Kaffee ab. Bemüht, Mijnheer van Alphen in dem dichten Gedränge auf den Fersen zu bleiben, folgte sie ihm aus dem Hof auf die andere Seite des Rathauses, wo sich die endlosen hölzernen Budenreihen trotz der immer enger werdenden Gassen fortsetzten. Sie musste aufpassen, nicht in das kleine Rinnsal in der Mitte der Straße zu treten - nicht auszudenken, was alles darin herumschwimmen konnte! Endlich hatten sie die etwas breitere Buchgasse erreicht, was sie an den überall herumstehenden Fässern mit Rohbögen und den bebrillten Herren erkannte, die in gebundenen Ansichtsexemplaren blätterten. Einige Stände boten außerdem Landkarten und Kupferstiche an.
    »Zum Lachenden Abessinier« stand auf einem Schild, das an einem besonders prächtigen Fachwerkhaus angebracht war. Ein dunkelhäutiger Krieger mit Turban und Umhang war darauf zu sehen, dessen Speer in den Flanken des Löwen zu seinen Füßen steckte. Genießerisch hielt der Schwarze sich ein kleines Kaffeetässchen an die Lippen. Einige Gäste hatten sich vor dem Lokal
um ein großes Fass versammelt, das ihnen als Tisch diente. Ein junger Mann hielt ein Tablett voller dampfender Tassen über seinen Kopf und eilte die Stufen hinunter. Mijnheer van Alphen schob, dicht gefolgt von Friederike, das Zebrafell in der Eingangstür zur Seite und drängte sich an den Billardspielern vorbei in den hintersten Raum. Kaum hatten sie sich an den äußersten Rand der langen Sitzbank gequetscht, stand auch schon ein livrierter Kellner neben ihnen und nahm ihre Bestellung auf.
    Noch immer erzählte Friederike von ihrem neuen Leben in Höchst, als ein hoch gewachsener Mann den Raum betrat und sich mit dem Rücken zu ihnen an den Nachbartisch setzte, direkt unter das riesige Ölgemälde mit dem beeindruckenden Wasserfall. Obwohl der Mann eine tadellos sitzende Perücke trug und viel vornehmer gekleidet war als bei ihrer letzten Begegnung, erkannte sie ihn sofort: Richard Hollweg.
    Was für ein Zufall! Richard Hollweg hier, damit hätte sie wirklich nicht gerechnet. Ihre Überraschung mischte sich mit echter Freude über das Wiedersehen. So konnte sie ihm endlich für sein mutiges Einschreiten gegen die beiden Wegelagerer aus dem Hanauer Wald danken. Schon seltsam, dass der Mann, an den sie in den vergangenen Monaten immer mal wieder mit tiefer Dankbarkeit und Sympathie gedacht hatte, plötzlich nur wenige Ellen von ihr entfernt an einem Tisch saß, vor sich einen Stapel Kurszettel und einen Rechenschieber. Der livrierte Kellner brachte auch ihm einen Kaffee sowie Feder und Tinte.
    »Kann ich sonst noch mit etwas dienen, Herr Bogenhausen?«, hörte sie den Kellner voller Ehrfurcht fragen. Er verbeugte sich so tief vor seinem Gast, dass sein Rücken wie eine Verlängerung der Tischplatte wirkte.
    Der Mann, den sie unter dem Namen Richard Hollweg kennengelernt hatte, schüttelte den Kopf. Unter Kratzfüßen entfernte sich der Kellner.
    Herr Bogenhausen? Hatte sie richtig gehört? War das sein echter Name? Also hatte sie mit ihrer Annahme ins Schwarze
getroffen, dass er unter falscher Identität reiste. Ob er auch zur Messe in Frankfurt weilte? So wie er jetzt aussah, konnte man kaum glauben, dass er sich noch vor wenigen Monaten todesmutig und ganz allein auf zwei Räuber gestürzt und sie vertrieben hatte. Er schien in diesem Kaffeehaus Stammgast zu sein. Sie versuchte,

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