Die Porzellanmalerin
sie ihren Verlobten in Richtung Schwanenhalle.
Wie eine Schildkröte, dachte Friederike, während ihr Blick dem Abzug des seltsamen Paares folgte. Er zieht den Kopf ein,
als wollte er sich am liebsten in seinem Panzer verkriechen … Fast hatte sie Mitleid mit Carl Bogenhausen, der so offensichtlich unter der Fuchtel seiner Botticelli-Schönheit stand.
»Schade, dass ausgerechnet diese alberne Gans Ihren wunderbaren Leuchter bekommt!«, brummte Benckgraff in ihrem Rücken.
»Ist doch wahr!«, ergänzte er, als er ihr ungläubiges Staunen bemerkte.
S ie hatte noch immer denkbar schlechte Laune, als sie vom Bootsanleger nach Hause lief. Doch kaum hatte sie die Türklinke heruntergedrückt, glaubte sie ihrer Nase nicht zu trauen: Der Duft der großen weiten Welt war auch in Josefines Hütte eingekehrt. In der Küche, im Flur, ja selbst in ihrer Dachkammer roch es eindeutig nach ostindischen Gewürzinseln!
Josefine kam sofort aus der Küche geschossen, noch bevor Friederike ihre Stiefel hatte ausziehen können.
»Stell dir vor, Friedrich!« rief sie atemlos. »Ein ganzes Fass mit Gewürzen, Kaffee, Tee und Kakao ist heute Morgen angeliefert worden. Einer der Fuhrleute, die für die Bogenhausens arbeiten, hat es gebracht. Komm mit in die Küche! Das musst du dir unbedingt anschauen, was wir alles bekommen haben!«
Ihre Stimme überschlug sich fast vor Aufregung.
Josefine hatte das Fass schon halb ausgepackt. Der ganze Küchentisch lag voll mit kleinen, ordentlich etikettierten Säckchen. Noch immer war das Fass bis zur Hälfte gefüllt. Daneben saß lauernd die graue Katze Semiramis.
Friederike nahm eins der Säckchen in die Hand. »Grüner Tee«, las sie. »Ingwerknollen, Malabar« stand auf einem anderen Etikett. »Piment, Jamaika«. Und: »Pfefferkörner«. Das war der größte Sack. Das Ganze musste ein Vermögen wert sein. Ein einziges der kleinen Säckchen kostete wahrscheinlich genau so viel wie die Dachschindeln, die sie benötigten, damit es nicht mehr in ihre Kammer hereinregnete.
Josefine hielt ihr eine nach Mandeln duftende weiße Seife unter die Nase.
»Riech mal!«, lachte sie hingerissen. »Fehlt nur noch der passende Verehrer dazu …«
Wieso hatte Bogenhausen ihr all diese Sachen geschickt, obwohl sie ihn mit ihrem Fauxpas so schrecklich vor den Kopf gestoßen hatte? Friederike verstand die Welt nicht mehr. Warum schickte er ihr Gewürze, Tees und Seifen, die ein Vermögen wert waren, aber grüßte sie nicht einmal mehr?
»Verstehst du das?«
Josefine schüttelte den Kopf.
»Vielleicht ist er einfach so ein Mensch, der auf jeden Fall tut, was er angekündigt hat, egal, was in der Zwischenzeit passiert ist«, sinnierte Friederike.
»Solche Männer gibt es nicht!« Josefine schüttelte den Kopf so heftig, dass sich die Haarnadeln aus ihrem Knoten lösten. »Selbst, wenn nichts dazwischenkommt, tun sie doch eigentlich nie das, was sie angekündigt haben.« Sie schnupperte an einem Säckchen, das die Aufschrift »Basilikum« trug. »Die meisten Männer fühlen sich sofort unangenehm festgelegt, wenn sie tatsächlich das tun müssen, was sie angekündigt haben. Lieber machen sie etwas ganz anderes. Am allerliebsten überraschen sie einen mit etwas, das so gar nicht abgesprochen war, und erwarten, dass man sich freut.«
»Meinst du wirklich?« Friederike hatte eine zweifelnde Miene aufgesetzt.
»Vielleicht fand er dich einfach so als Mann ganz attraktiv«, überlegte Josefine laut.
»Schau mal - Indigo!«, rief sie plötzlich begeistert aus. »Damit kann ich mir mein altes Kleid neu färben!« Sie starrte verzückt auf das Säckchen in ihrer Hand.
»Seine Verlobte war heute bei uns am Stand«, erzählte Friederike. Sie war ganz unten in dem Fass bei den Potpourri-Duftmischungen angelangt, die Namen trugen wie »Wo Mond und
Sterne einander begegnen«, »Sturm über Sansibar« oder einfach »Monsun-Regen«.
»Was sagt das schon?«, fragte Josefine achselzuckend, nachdem Friederike ihr die Begebenheit mit Mathilde Leclerc bis ins kleinste Detail geschildert hatte. Sie schob eine aufmüpfige Strähne zurück an ihren Platz und steckte die Haarnadeln fest.
»Wenn der Mann wirklich so einzigartig ist, wie du ihn mir beschrieben hast, wird er sich mit so einer dummen Kuh schon nicht länger einlassen. Glaub mir«, fügte sie hinzu, als sie Friederikes zweifelndes Gesicht sah, »ich kenn mich in solchen Dingen aus!«
»Einzigartig? Hattest du den Eindruck, er sei einzigartig, so wie ich ihn
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