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Die Porzellanmalerin

Titel: Die Porzellanmalerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helena Marten
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und vielen kleinen Schalen, das er auf einer großen Ming-Vase vor Jan van Alphen abstellte.
    Mijnheer van Alphen fiel fast der Messkatalog aus der Hand.
    »Wie hast du das denn hingekriegt?«, wollte er von seinem Neffen wissen.
    Aber dieser lächelte nur fein und schenkte allen Anwesenden eine Schale Jasmintee ein.
    Dankbar nahm Friederike einen Schluck von dem durstlöschenden Getränk, als sie die Sänfte von Fräulein Leclerc auch schon wieder zurückkehren sah. Erneut konnten die Anwesenden beobachten, wie erst der rosabeschuhte Fuß, dann der hellbestrumpfte Knöchel und schließlich die ganze zierliche Frauengestalt anmutig der Sänfte entstieg. Aber dieses Mal sprang nicht der kleine Page seiner Herrin mit dem Sonnenschirmchen
bei, sondern ein Mann, dessen Umrisse Friederike in dem Dämmerlicht des Hofs erschreckend bekannt vorkamen. Am liebsten wäre sie geradewegs im Boden versunken. Fieberhaft überlegte sie, wo sie sich verstecken konnte. Aber wie hätte sie Benckgraff, Jan und Mijnheer van Alphen ihre plötzliche Flucht erklären sollen? Sie konnte sich ja nicht einfach umdrehen und davonrennen.
    Auch Carl Bogenhausen blieb abrupt stehen, als er sie hinter dem Höchster Stand erkannte. Als hätte sich eine schwarze Gewitterwolke über die Sonne gelegt, verfinsterte sich seine Miene. Doch sofort hatte er sich wieder in der Gewalt. Gleichgültigkeit trat in sein Gesicht, und mit einer betont liebevollen Geste wandte er sich der jungen Frau an seiner Seite zu.
    »Ist das nicht wunderschön, Schatz?«
    Die kleine Leclerc schien nichts von der kurzzeitigen Verwirrung ihres Verlobten mitbekommen zu haben. Ihre großen, blassen Augen waren weit aufgerissen, ihr Lächeln verzückt. Sie zeigte auf den Kussleuchter. Die einander zugewandten Liebenden sahen sich voller Sehnsucht tief in die Augen. Der Hirte hatte den rechten Arm auf die Schulter seiner Geliebten gelegt, um sie zu sich heranzuziehen. Der Hund und die Schafe zu ihren Füßen blickten erwartungsvoll zu ihnen auf. Gleich würden sie sich küssen.
    Kaum mehr als eine Armlänge trennte Friederike von Carl Bogenhausen, der auf der anderen Seite des Tisches mit den ausgestellten Erzeugnissen der Höchster Porzellanmanufaktur stand. Sie versuchte, seinen Blick einzufangen, doch er tat so, als hätte er sie noch nie in seinem Leben gesehen. Hartnäckig starrte er auf den Leuchter.
    Mathilde Leclerc zog ihren Spitzenhandschuh aus und legte die zarte, weiße Hand mit den polierten Fingernägeln auf seinen Arm. Graziös stellte sie sich auf die Zehenspitzen und flüsterte ihm etwas ins Ohr. Fast hätte sie das Gleichgewicht verloren und musste sich an seiner Schulter abstützen. Sie blinzelte heftig, als
wären ihr in beide Augen gleichzeitig winzige Staubkörnchen geflogen. Carl Bogenhausen lächelte auf sie herunter.
    »Wie kann ein Mann, der von Freiheit redet, mit einem solchen Püppchen verlobt sein?«, hätte Friederike ihn am liebsten angebrüllt. War er nicht selbst reich genug, um auf das Geld dieser albernen Person pfeifen zu können? Eine Frau, die den Anschein erweckte, zu ihrem Schutz ein ganzes Regiment von Soldaten zu brauchen, eine Frau, die sich bestimmt vom leisesten Windhauch umblasen ließ, die nicht einmal ihren Sonnenschirm allein aufklappen konnte! Was wollte er bloß mit dieser dummen Pute?
    Sie spürte, wie sie sich innerlich immer mehr ereiferte. Schon hatte Benckgraff verwundert seinen Kopf in ihre Richtung gedreht. Ob man ihr die Entrüstung etwa ansehen konnte? Das Schlimmste war, dass sie sich wegen eines solchen Nichts so aufregte! Eine Frau, die ihr niemals das Wasser würde reichen können, die mit Sicherheit weder eine eigene Meinung hatte noch mit irgendwelchen besonderen Talenten gesegnet war! Ganz zu schweigen von Reiten oder Fechten. Aber sie war eben eine Frau - und was für eine! Hoffentlich würde das Spektakel bald ein Ende haben. Die Messe war ihr nach dem gestrigen Vorfall sowieso schon verdorben gewesen - aber jetzt auch noch das!
    Endlich, nach langem Hinundhergeflüster mit seiner Verlobten, wandte sich Bogenhausen, ohne Friederike auch nur eines Blickes zu würdigen, an Benckgraff:
    »Wir nehmen den Leuchter. Liefern Sie ihn bitte in das Haus ›Zum Roten Widder‹ in der Großen Eschenheimer Gasse, und schicken Sie die Rechnung an mich. Hier ist meine Karte.«
    Benckgraff schien etwas zu erwidern zu wollen, doch Mathilde Leclerc ließ ihm keine Gelegenheit.
    »Lass uns noch zum Schmuck gehen, Carl«, dirigierte

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