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Die Porzellanmalerin

Titel: Die Porzellanmalerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helena Marten
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Worten ein wenig die Schärfe zu nehmen, als Friederike nach einer ganzen Weile noch immer nichts erwidert hatte.
    Obwohl es um diese Jahreszeit in den Abendstunden draußen noch nicht wirklich angenehm war, suchten die beiden Frauen jede Gelegenheit, die zunehmende Helligkeit zu nutzen und vor einem kleinen Lagerfeuer im Hof letzte Hausarbeiten
zu erledigen oder einfach nur beieinanderzusitzen und zu schwatzen.
    »Ich habe wohl wirklich zu viel getrunken«, brachte Friederike schließlich hervor. »Aber es waren vor allem die Gerüche von diesen unendlich vielen Gewürzen und Tees, die mich verwirrt haben. Na ja, und die Bohne, die er mir gegeben hat. Oder das Muskatnusspulver. An einem bestimmten Punkt wollte ich den Mann da vor mir einfach küssen, um jeden Preis, verstehst du? Also habe ich es getan«, versuchte sie Josefine ihr Verhalten zu erklären.
    Ihre Vision von dem Sultan, der Giovanni war, verschwieg sie der Freundin wohlweislich, wie sie ihr auch den Schleiertanz unterschlug - zu peinlich war ihr das Ganze. Sie war noch immer überrascht, wie präsent der Italiener ihr in jenem Moment im Gewürzlager erschienen war. Sie hatte wirklich geglaubt, ihn vor sich zu haben. Giovanni, der sein Versprechen, sie zu suchen, endlich wahrgemacht hatte! Immerhin hatte die seltsame Szene bewirkt, dass er ihr jetzt wieder viel näher war als in den Wochen davor. Zu lange lag ihre Begegnung schon zurück. Aber nun hatte sie dank Carl Bogenhausen, ja dank seiner Schatzhöhle mit den wunderbaren Gewürzen wieder Stoff genug, von Giovanni zu träumen. Wenigstens das, dachte sie und lächelte, schon fast wieder versöhnt mit der Situation.
    »Hast du so was schon mal gemacht?«, nahm Josefine den Gesprächsfaden wieder auf.
    »Was gemacht?«
    »Na, einen Mann, den du kaum kennst, einfach geküsst?«
    »Natürlich nicht! Auch keinen, den ich gut kenne, übrigens«, erwiderte Friederike entrüstet.
    »Denn selbst wenn er dich nicht für einen Mann gehalten hätte: Es empfiehlt sich nicht, Männer von sich aus zu küssen. Als Frau sollte man lieber darauf warten, dass man geküsst wird!«
    Josefine klang wie eine Lehrerin. Hielt sie sie etwa für eine Dreijährige? Manchmal kam ihr die Freundin wirklich ziemlich
schlicht vor. Charlotte hätte sich anders verhalten, dachte Friederike mit einem Anflug von Sehnsucht, die hatte ebenso viel Erfahrung mit Männern wie Josefine, war aber irgendwie raffinierter im Umgang mit ihnen.
    »Ich kann es dir wirklich nicht erklären, Josefine«, versuchte sie, ihre Stimme nicht allzu gereizt klingen zu lassen. »Keine Ahnung, warum ich das gemacht habe. Du hast natürlich vollkommen recht, eine Frau sollte sich so nicht verhalten.«
    »Du bist doch auch gar nicht der Typ für so was! Du bist eher rational. Du hast dich gut unter Kontrolle …«
    Rücksichtslos hackte Josefine weiter auf dem Thema herum, bis Friederike die graue Katze zu Hilfe kam, die die ganze Zeit vor ihren Füßen mit dem Wollknäuel Fangen gespielt und sich nun restlos darin verheddert hatte.
    »Aber was dem Fass natürlich den Boden ausschlägt«, fuhr die Freundin ungerührt fort, nachdem sie Katze und Wollknäuel voneinander gelöst und ihren Platz wieder eingenommen hatte, »ist ja, dass er denkt, er wäre von einem Mann geküsst worden!«
    Prustend nahm Josefine ihr Strickzeug wieder auf. Sie würde sich nicht mehr lange zusammennehmen können, merkte Friederike. Lauthals fing Josefine nach einem letzten Schweigeversuch tasächlich an zu lachen. Tränen standen ihr in den Augen. Es schüttelte sie geradezu, sie wimmerte fast vor Lachen.
    »Ach, wenn ich das nur der Anna erzählen könnte!«, japste sie und hielt sich den Bauch.
    Friederike wusste, dass ihre Zimmerwirtin es nicht böse meinte. Trotzdem fühlte sie sich nicht ernst genommen. Wenigstens hatte Josefine die Sache mit den Gewürzen, die sie nun nicht bekommen würden, leicht verschmerzt. Sie war eben eine Frohnatur, hier zeigte sich der Vorteil ihrer manchmal enervierenden Oberflächlichkeit. Etwas Komisches konnte sie der ganzen Sache trotzdem nicht abgewinnen. Auf keinen Fall wollte sie, dass irgendjemand davon erfuhr, schon gleich gar nicht die Klatschbase Anna.

    »Keine Sorge, ich schweige wie ein Grab!« Noch immer glucksend wischte Josefine sich eine Träne aus dem Augenwinkel. »Übrigens, über diese ganze Geschichte habe ich ganz vergessen, dir zu erzählen, was mir heute passiert ist«, fügte sie schließlich grinsend hinzu. »Stell dir vor:

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