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Die Porzellanmalerin

Titel: Die Porzellanmalerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helena Marten
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gestehen? Und wenn sie es nicht erzählte: Was wäre, wenn der Neue sie vor allen bloßstellte? Überall herumerzählte, dass sie eine Frau war? Wie würden die Leute in diesem katholischen Nest darauf reagieren? Sie würde weiterziehen müssen, wieder auf der Flucht sein …
    Sie hatte sich so viel Wasser über den Kopf geschüttet, dass sich um sie herum nicht nur eine Pfütze gebildet hatte, sondern ein dünnes Rinnsal schmutzigbrauner Brühe bis zur Küchentür gelaufen war. Josefine steckte missmutig den Kopf zur Tür heraus.
    »Schon gut, schon gut!«
    Friederike trabte zum Schuppen, nahm sich zwei Holzklötze und verbaute dem Rinnsal den Weg in die Küche. Dann zog sie ihre klitschnasse Kleidung aus und ließ sie einfach auf dem Küchenboden
liegen. Als sie wenig später in trockenen Sachen wieder die Treppe herunterkam, sah sie, dass alles weggeräumt war. Hoffentlich würde Josefine ihr nun nicht auch noch deswegen eine Szene machen!
    Doch ihre Wirtin drückte ihr nur schweigend eine Schüssel Stachelbeergrütze in die Hand und ging mit zwei Schälchen und Löffeln bewaffnet nach draußen voran. Ein starker Zimtgeruch breitete sich in dem kleinen Hof aus. Letzte Woche hatten sie Johannisbeergrütze gegessen, die nach Ingwer geschmeckt hatte, und in das Kirschkompott hatte Josefine Vanille gegeben.
    Zum Glück konnte sie inzwischen fast selbst über die Geschichte mit Carl Bogenhausen lachen. Friederike schmunzelte. Wie dumm sie sich benommen hatte! Aber er selbst hätte auch etwas souveräner reagieren können, statt einfach wegzulaufen und ihr keine Chance zu lassen, ihr Verhalten zu erklären. Na ja, von einem Mann, der einem nicht richtig in die Augen schauen konnte und seinen echten Namen verschwieg, durfte man vielleicht auch nicht mehr erwarten. Ein Mann, der sich vom eigenen Bruder vor dem Personal zur Schnecke machen ließ! Und der obendrein einem in Bonbonfarben gehüllten Zuckerpüppchen verfallen war …
    Eine Schar Mücken tanzte über dem Esstisch. Noch waren die Insekten mit sich selbst beschäftigt und hatten ihre beiden Opfer, die gerade Platz genommen hatten, nicht bemerkt. Im Nachbarhof krähte der Hahn ein schlappes Gute-Nacht-Kikeriki, als wäre es auch ihm noch immer viel zu heiß. Die graue Katze saß auf der Mauer und schaute zu den Schwalben hinauf, die sich unter dem Dach an ihrem Nest zu schaffen machten.
    Josefine und Friederike blickten von ihren Tellern auf und mussten beide gleichzeitig lachen. Wie dumm von ihnen, sich so zu streiten!
    »Bei der Hitze weiß man manchmal gar nicht, was man sagt.«
    Josefine goss noch ein wenig flüssige Sahne über ihre Grütze.
    »Benckgraff hat uns heute eröffnet, dass wir einen neuen
Mitarbeiter aus Meißen bekommen werden«, kam Friederike gleich zur Sache.
    Aus Josefines Gesichtsausdruck konnte sie schließen, dass die Freundin das Problem sofort erfasst hatte.
    »Jemand, den du kennst?«
    »Er hat noch keinen Namen genannt. Aber das spielt auch keine Rolle: Wenn der Mann mich nicht kennt, wird er sich in seinem ersten Brief nach Hause nach mir erkundigen. Dann wird man ihm sagen, dass es nie einen Friedrich Christian Rütgers in Meißen gegeben hat. Damit wird er zu Benckgraff gehen oder es den anderen erzählen. Dann wird er eine Beschreibung nach Meißen schicken, und die ganze Stadt wird darüber sprechen.«
    »Es könnte ja auch jemand sein, der nur für kurze Zeit in Meißen war, sich dort nicht weiter auskennt und gar nicht auf die Idee kommt, an deiner Geschichte zu zweifeln.« Josefine wollte wie immer nicht allzu sehr Trübsal blasen. »Bei Simon Feilner hast du auch Angst gehabt, dass er dir irgendwie gefährlich werden könnte, aber, wie wir wissen, war das völlig unbegründet. Außer vielleicht, dass er dir und Johannes Zeschinger den Obermalerposten vor der Nase weggeschnappt hat, aber den wolltet ihr ja angeblich beide nicht haben«, kicherte sie.
    »Du wirst sehen, du regst dich völlig unnötig auf, da passiert schon nichts«, fügte sie, wieder ernsthaft geworden, hinzu.
    »Schon möglich.« Friederike ließ sich nicht von ihrer Version überzeugen. »Es kann aber auch ganz anders kommen. Was, wenn es Georg ist? Ich kann mir zwar nicht vorstellen, dass jemand mit Benckgraffs Weitblick einen Hochstapler wie Georg einstellen würde, aber theoretisch möglich wäre es schon. Oder der schöne Caspar? Einen zweiten Modelleur könnten wir hier durchaus gebrauchen. Vielleicht ist dem Alten ja auch ein richtiger Coup gelungen,

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