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Die Porzellanmalerin

Titel: Die Porzellanmalerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helena Marten
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erzähle ich Dir, wenn Du endlich wieder hier bist.
    Apropos: Wann kommst Du??? Hier ist es unendlich langweilig ohne dich, trotz allem.
    Übrigens: Stell Dir vor, wer mich neulich besucht hat! Ja, genau, Dein Freund Carl Bogenhausen. Offenbar hat er sich unter irgendeinem Vorwand in der Manufaktur nach Dir erkundigt, und Simon Feilner hat ihn zu mir geschickt. Er wollte wissen, ob ich Neuigkeiten von Dir hätte. Hat der lange gebraucht, um diese Worte rauszubringen! Natürlich hatte ich leider keine Neuigkeiten von Dir - Du treulose Tomate, Du hättest mir ruhig mal öfter schreiben können! -, aber so viel habe ich immerhin in Erfahrung gebracht: Der Herr scheint Dich zu vermissen. Weil Du mir in einer Deiner seltenen Episteln ja netterweise angedeutet hattest, dass ihr beide in Straßburg ein paar aufregende Stunden zusammen verbracht habt, habe ich mir gedacht, Du würdest dich sicher sehr für seine Heiratspläne interessieren, und also ganz scheinheilig gefragt, wann denn die Hochzeit mit Fräulein Mathilden stattfinden würde, ich hätte ja doch von Dir gehört, dass sie einiges an Hausrat in der Manufaktur bestellt hätte. Du hättest sein Gesicht sehen sollen! »Finster« ist gar kein Ausdruck! In sechs Wochen ist der große Tag. Aber ein stolzer Bräutigam, der es gar nicht mehr erwarten kann, die Geliebte endlich sein nennen zu können, sieht mir anders aus. Na ja, vielleicht kommt der Appetit ja auch im Falle Carl Bogenhausen noch beim Essen …
     
     
    D ie gute alte Josefine, wie schön es war, ihre Worte zu lesen! Fast kam es Friederike vor, als könnte sie ihre Stimme hören oder sie am Küchentisch sitzen sehen, wie sie umständlich die Feder in das Tintenglas tauchte, um ihre großen Buchstaben auf das
Papier zu malen. Aber was sie da schrieb, war alles andere als erfreulich! In sechs Wochen, hatte Josefine angekündigt, würde Carl seine Verlobte Mathilde heiraten.
    Friederike ließ ihre Hände mit dem Brief in den Schoß sinken. Mutlosigkeit machte sich in ihr breit. Wenn sie mit einberechnete, dass der Brief schon eine ganze Weile unterwegs war, würde die Eheschließung unmittelbar bevorstehen. Hastig überflog sie die krakeligen Zeilen ein weiteres Mal, auf der Suche nach einem Hinweis, wann Josefine sie geschrieben haben mochte, denn natürlich hatte die Freundin versäumt, ein Datum aufzusetzen. Zehn Tage war er mindestens schon unterwegs, rechnete sie, wenn nicht länger. Das bedeutete: Sie musste etwas tun, eine Entscheidung stand an - und zwar sofort! Wenn sie Carl Bogenhausen dazu überreden wollte, zu seiner Vaterschaft zu stehen und sie zu heiraten, dann musste sie bald handeln, sonst war es zu spät.
    Ihre Kehle war trocken. Sie konnte den Brief kaum mehr halten, so sehr zitterten ihre Hände. Diese ganze Aufregung war bestimmt nicht gut für das Kind! Schnell schob sie den Gedanken wieder beiseite. Dafür hatte sie jetzt keine Zeit, sie musste sich konzentrieren, musste herausfinden, was sie wirklich wollte. Immerhin hatte Carl sich nach ihr erkundigt, wie Josefine schrieb, Mathilde hin oder her. Noch vor wenigen Wochen hätte diese Nachricht sie wohl überglücklich gemacht. Wie sehr hatte sie gehofft, von ihm zu hören! Aber nun war alles anders, nun war Giovanni wieder da. Doch war er wirklich da, fragte sie sich. Nein, wenn sie ehrlich war, musste sie sich eingestehen, dass Giovanni in diesem Moment wahrscheinlich weiter von ihr entfernt war denn je, zumindest wenn man seine Verfügbarkeit in Betracht zog. Sollte er tatsächlich im Donjon oder in irgendeinem anderen Kerker von Louis XV. festsitzen, war nicht davon auszugehen, dass er so bald wieder freikam und nach ihr suchen konnte. Friederike schluckte. Und selbst dann, überlegte sie, wer garantierte ihr, dass er sein unstetes Leben wirklich für sie aufgeben
würde? Bei Carl wäre sie auf jeden Fall auf der sicheren Seite, so furchtbar man dieses Gegeneinanderaufrechnen auch finden konnte. Und immerhin war er der Vater ihres Kindes und nicht Giovanni.
    Sie schüttelte ihr Kopfkissen auf und stopfte es sich in den Rücken, um sich bequemer anlehnen zu können. Ihr Blick wanderte zum Fenster. Draußen schien die Sonne, der Himmel war bis auf ein paar weiße Federwolken, die gemächlich vorbeizogen, strahlend blau. Sie konnte die Vögel zwitschern hören. Amseln, dachte sie, vielleicht auch Schwalben. Der Duft des Omeletts drang an ihre Nase. Es war bestimmt schon kalt!
    Sie merkte erst jetzt, wie hungrig sie war. Rasch legte

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