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Die Porzellanmalerin

Titel: Die Porzellanmalerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helena Marten
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trotzdem: Sie wollte dieses Kind nicht verlieren! Es war schon viel zu sehr mit ihr verwachsen, viel zu sehr Teil von ihr geworden. Und außerdem würde es ihr Trost
sein, das spürte sie, in den schweren Stunden, wenn sie um Giovanni bangte, es würde sie ablenken von ihrer Angst um ihn.
    »Muss dieser Mensch immer so tun, als wollte ich mein Kind umbringen?«, schimpfte sie, als Serge Lirac ihr das Mittagessen brachte, ein Schinken-Käse-Omelett mit Salat und einem großen Glas Orangensaft.
    »Ach, Kindchen, er macht sich doch nur Sorgen um dich!« Das sonst so fröhliche Gesicht des Ballettmeisters wirkte bekümmert. »Und ich mir auch, weißt du? Du hast so viel Blut verloren nach diesem fürchterlichen Ritt von Meudon nach Paris. Das kann gar nicht gut für das Kleine gewesen sein! Sei froh, dass du es damals nicht verloren hast. Du musst jetzt wirklich vorsichtig sein - der Schreck von heute Morgen sitzt mir noch immer in den Gliedern.«
    Friederike wusste, dass die Sorgen des alten Mannes nicht ganz unberechtigt waren. Sie hatte riesiges Glück gehabt, dass sich ihr Unterleib nach der ersten großen Blutung, die sie unmittelbar nach ihrer Ankunft in Paris erlitten hatte, beruhigt zu haben schien. Das lange Liegen war offenbar tatsächlich die einzig wirksame Kur gewesen, um das Leben des Kindes zu retten. Mittlerweile war ihr Bauch schon richtig dick. Sie hatte auch bereits mehrfach ein seltsames Kullern tief in ihrem Inneren gefühlt, als rollten dort kleine Kugeln umher.
    »Ein gutes Zeichen«, hatte der Arzt mit einem Anflug von Freundlichkeit in der Stimme gemurmelt, als sie ihm bei seinem letzten Besuch davon berichtet hatte. »Das heißt, das Kind bewegt sich. Es scheint also nicht zu Schaden gekommen zu sein, ein zäher kleiner Charakter. Aber bleiben Sie weiterhin liegen - ich warne Sie!«, hatte er mit erhobenem Zeigefinger hinzugefügt.
    »Ja, ja, es stimmt schon, was du sagst«, tätschelte sie die dicklichen Finger des Ballettmeisters. »Ich werde besser aufpassen, versprochen!«
    Zwischen ihr und den beiden Männern hatte sich seit ihrer Rückkehr aus Meudon ein Verhältnis entwickelt, das von großer
Zuneigung und Vertrauen geprägt war. Monsieur Panier hatte bei einem seiner Geschäftsbesuche in Versailles sogar unauffällig Erkundigungen eingezogen, ob man dort etwas von einem deutschen Spion in der Königlichen Porzellanmanufaktur mitbekommen habe. Doch er hatte lediglich erfahren, dass der Kostümball der Pompadour nach einem vielversprechenden Beginn mit einem Eklat und einer Festnahme geendet habe, der Mann jedoch kein Deutscher gewesen sei und wohl auch mit der Manufaktur nicht in Verbindung gestanden habe.
    »Du kennst den Mann?«, hatte er Friederike mit hochgezogenen Augenbrauen gefragt, als sie hörbar nach Luft geschnappt hatte, war aber nicht weiter in sie gedrungen, nachdem sie nur stumm den Kopf geschüttelt hatte. Einen Moment lang hatte sie erwägt, die Freunde auch über Giovanni ins Vertrauen zu ziehen, aber den Gedanken schließlich wieder verworfen. Es würde Giovanni eher schaden als nutzen, wenn durch irgendeinen dummen Zufall herauskäme, dass er sie kannte; besser war, niemand wusste davon, dass Friedrich Christian Rütgers und Giovanni Ludovico Bianconi ein Liebespaar waren. Vor allem, wenn Giovanni wieder im Donjon einsitzen sollte, in unmittelbarer Nachbarschaft zur Manufaktur.
    »Übrigens, was ich bei der ganzen Aufregung fast vergessen hätte …« Serge Lirac zog einen Brief aus seiner Schürzentasche. »Der kam heute Morgen schon. Ich glaube, er ist von deiner Freundin aus Höchst …«
    Er stand auf und strich seine Schürze glatt.
    »Ich lasse dich jetzt besser allein, du willst sicher lesen, was sie schreibt. Ruf mich, wenn du fertig bist mit dem Essen, ja?«
    Noch bevor er zur Tür hinausgetänzelt war, hatte Friederike den Brief bereits aufgerissen. Josefine! Endlich hatte sie ihr geschrieben! Fast ein Monat war vergangen, seit ihre Gastgeber der Freundin eine kurze Nachricht hatten zukommen lassen, dass sich Friederike in ihrer Obhut befinde, es ihr gesundheitlich nicht allzu gut gehe, aber Aussicht auf baldige Genesung bestehe.

    Lieber Friedrich, was muss ich da lesen: Du bist krank? Was machst Du für Sachen? Wie geht es Dir mittlerweile? Wer sind diese Leute, bei denen Du Dich da einquartiert hast? Und warum in Paris? Ich dachte, Du wärst in Vincennes … Anscheinend hat sich in Deinem Leben eine Menge getan - wie in meinem übrigens auch, aber das

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