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Die Porzellanmalerin

Titel: Die Porzellanmalerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helena Marten
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die heilige Pflicht, sämtlichen Schaden von ihr abzuwenden, und um das tun zu können, müsste er vor allem seine eigene Haut retten.« Er lachte böse. »Aber ich weiß genau, dass er eigentlich nur ein Ziel hat: nämlich mich zu schikanieren.«
    »Aber warum, was hat er bloß gegen dich?«, fragte Friederike verständnislos.
    Ihr Zorn war verraucht. Hier war der Carl, den sie kannte, eine starke, eigenständige Persönlichkeit, wenn auch mit Schwächen und Problemen, aber gerade die machten ihn ja wiederum so liebenswert. Der Gedanke, an seiner Seite zu stehen, gemeinsam mit ihm dem Rest der Welt die Stirn zu bieten, war ihr nun nicht mehr so fremd.
    »Ach, das ist eine alte Geschichte … Seit ich denken kann, hat er etwas gegen mich. Ich glaube fast, er nimmt mir übel, dass meine Mutter nie einen Hehl daraus gemacht hat, dass ich ihr Lieblingssohn bin. Weißt du, ich war sehr krank als kleiner Junge, monatelang musste sie um mein Leben bangen - so etwas schweißt Mutter und Kind zusammen. Emanuel, er war damals fünf oder sechs, ist in dieser Zeit natürlich zu kurz gekommen, sie scheint sich kaum um ihn gekümmert zu haben. Jedenfalls behauptet er das. Ich kann es mir im Übrigen lebhaft vorstellen - meine Mutter ist nämlich weiß Gott nicht ohne.« Er verzog das Gesicht und fuhr sich mit der Hand über die Stirn. »Seit ich meine eigenen Wege gehe, habe ich es mir auch mit ihr mehr oder weniger verscherzt. Erst recht, seit Vater tot ist. Ihre Besitzansprüche mir gegenüber sind ungeheuerlich. Dazu kommt ihr Dünkel … Na ja, lassen wir das.«
    Er machte eine abwehrende Handbewegung, als wollte er das Thema ein für alle Mal von sich abschütteln.

    »Tatsache ist: Seit ich Mathilde kenne - ironischerweise hat uns ein Freund, der auch Freimaurer ist, miteinander bekannt gemacht, was Mathilde aber nicht weiß - und einmal mehr seit unserer Verlobung, habe ich sowohl bei meinem Bruder als auch bei meiner Mutter wieder einen besseren Stand. Die Leclercs sind ja sehr einflussreich, sozusagen per Du mit dem Kaiserhaus, und noch dazu extrem reich - das hat meine Mutter sogar darüber hinwegsehen lassen, dass sie keine Lutheraner sind. Und Emanuel hat sowieso nur noch unsere Nobilitierung im Kopf; er hofft, dass Mathildes Vater hier seinen Einfluss geltend machen kann. Angeblich ist der Adelsbrief schon geschrieben und wartet nur noch auf seine Unterzeichnung …«
    Der Sonnenstrahl war an Carl vorbeigewandert und beleuchtete die Backsteinwand hinter seinem Kopf. Ein ins Orange gehender Flecken hob sich von dem gleichmäßigen Rot der Ziegel ab. Carl hatte die Hand gehoben und strich ihr vorsichtig über die Wange. Als sie seinen Blick, in dem noch immer eine gewisse Verunsicherung lag, einfach nur stumm erwiderte, fasste er Mut und zog sie an sich, um sie zu küssen, erst sanft, doch dann immer drängender, bis sie fast keine Luft mehr bekam. Aber sie wollte sich nicht von ihm lösen, sie wusste, jede falsche Geste, jedes falsche Wort hätte jetzt nur alles kaputt gemacht.
    Schließlich ließ er von ihr ab. Mit der Hand fuhr er sich übers Haar. Er schien sich gesammelt zu haben.
    »Friederike, du bist eine kluge Frau, die klügste, die ich kenne. Und die schönste und begehrenswerteste sowieso, aber das steht auf einem anderen Blatt …« Er lächelte kurz, wurde aber sofort wieder ernst. »Somit wirst du auch ermessen können, was es heißt, wenn ich mich gegen meine Familie stelle, um dich zu heiraten. Und zwar nicht nur für mich, sondern auch für dich und unser Kind. Das weißt du doch, oder?«
    Eindringlich blickte er sie an. Friederike nickte bloß.
    »Gut, ich habe auch nichts anders erwartet.« Seine Stimme veränderte kaum merklich ihre Tonlage. »Du gefällst mir sehr.
Vom ersten Moment an, als ich dich sah, in diesem Wald bei Hanau, hast du mich fasziniert. Und dann dein Kuss, hier an dieser Stelle … Ich habe dir erzählt, was damals in mir vorging: So, jetzt ist es um dich geschehen, Carl Bogenhausen, habe ich gedacht, jetzt weißt du, dass du zu allem Überfluss auch noch schwul bist und deine Familie dich eigentlich nur noch enterben und verstoßen kann - nun, du kennst die Geschichte.« Ein Grinsen flackerte über sein Gesicht. »Und dann Straßburg, unsere wunderschönen Tage und Nächte dort … Dass so etwas möglich ist, dass man sich mit einer Frau so gut unterhalten und sich zugleich mit ihr vergnügen kann: Ich hätte mir das nie vorstellen können! Aber du hast mir gezeigt, dass es

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