Die Porzellanmalerin
sprachen?«
Friederikes Herz hatte plötzlich wie verrückt zu klopfen begonnen.
»Also, es ist mir etwas unangenehm, darüber zu sprechen, zumal es sich bisher bloß um eine Vermutung handelt - aber der Name Georg Armin Simons sagt Ihnen doch etwas, nicht wahr?«
Benckgraff hatte sie stirnrunzelnd angeblickt.
»Natürlich sagt mir der Name etwas! Der junge Mann hat einen ausgezeichneten Ruf. Caspar Ebersberg hat ihn mir vorgestellt; sie scheinen alte Freunde zu sein. Wir befinden uns in Vertragsverhandlungen - jetzt, so kurz vor Weihnachten, brauchen wir dringend noch einen erfahrenen Porzellanmaler, zumal wir mit Ihnen ja wohl kaum mehr rechnen können.«
Der Manufakturdirektor war aus allen Wolken gefallen, als sie ihm von ihrem Verdacht berichtet hatte, dass sein Modelleur Caspar Ebersberg und ihr Bruder Georg Armin Simons dabei waren, ein Komplott auszuhecken, um Höchster Betriebsgeheimnisse an die Meißener Konkurrenz weiterzugeben.
»Unter diesen Umständen«, hatte Benckgraff schockiert vor sich hingemurmelt, »kann ich Simons natürlich auf keinen Fall einstellen. So ein Elend aber auch, gerade jetzt, wo hier alles unter der Masse an Bestellungen zusammenbricht!«
»Ähm, ich … ich … Herr Benckgraff, bis zur Geburt meines Kindes ist noch viel Zeit … Vielleicht … vielleicht könnten Sie mich an Georgs Stelle gebrauchen …«
Sie hatte sich verflucht, dass sie plötzlich so unsouverän ins Stottern geraten war. Und ein wenig schäbig war sie sich auch vorgekommen, den eigenen Bruder so auszubooten - immerhin war er auf der Hochzeitsfeier richtig charmant gewesen, sodass sie sich über sein ungebetenes Auftauchen am Ende fast doch noch gefreut hatte.
Benckgraff, der alte Fuchs, hatte sie noch eine ganze Weile am langen Arm verhungern lassen, bis er schließlich mit seinem Angebot herausgerückt war.
»Sie müssen wissen, liebe Friederike - ich darf Sie doch so nennen, nicht wahr?«, hatte er sie unter seinen hochgezogenen Augenbrauen spöttisch angeblickt, »nun, da Sie eine Frau sind, kann ich Sie natürlich nicht mehr so gut bezahlen wie früher. Noch dazu, weil Sie ein Kind erwarten und weniger belastbar sind als vorher. Außerdem ist das Ganze ja ohnehin nur eine Sache auf Zeit. Sobald das Kind da ist, werden Sie gewiss andere Dinge im Kopf haben, als Teller und Tassen und Figurinen zu bemalen.« Interessiert hatte er nachgehakt: »Übrigens, was sagt eigentlich Ihr Mann dazu, dass Sie hier vorstellig werden? Erlaubt er Ihnen überhaupt zu arbeiten?«
Friederike hatte schon hochfahren wollen, was ihm einfallen würde, eine solche Frage zu stellen, natürlich würde sie arbeiten, wenn sie das wolle, als Simon Feilner ihr begütigend die Hand auf den Arm gelegt und an ihrer Statt die Frage des Direktors beantwortet hatte.
»Sie wissen doch, Benckgraff«, hatte er sich mit seiner tiefen Stimme an ihn gewandt, »manche Männer mögen eben Frauen, die nicht nur ein Püppchendasein führen und die Hände in den Schoß legen. So einer wird auch Carl Bogenhausen sein, sonst hätte unser Friedrich ihn sicher nicht geheiratet. Oder, Friedrich?«
Grinsend hatte er sich zu ihr umgedreht, und Friederike hatte
aus den Augenwinkeln gesehen, dass auch Benckgraff ein Schmunzeln nicht hatte unterdrücken können.
»Ich bin sicher, Friederike kann unter der Woche nach wie vor bei ihrer alten Wirtin übernachten«, hatte Simon ausgeführt, »sodass sie sich den täglichen Weg von Frankfurt hin und zurück ersparen kann und weder sie noch das Kind in irgendeiner Weise Schaden davontragen werden, wenn sie uns hier in der Porzellanfabrik noch ein paar Wochen zur Hand geht. Und am Samstag darf der Herr Kaufmann sie dann persönlich mit seiner Kutsche abholen kommen, damit sie ihm am Sonntag ganz die liebende Ehefrau sein kann. Nicht wahr, Friedrich?«
Sie hatte sich kurz gefragt, ob Simon wohl von Josefine die Angewohnheit übernommen hatte, sie weiterhin bei ihrem Männernamen zu rufen, aber irgendwie passte das auch zu ihm. Er war schon immer ein besonders netter Kerl gewesen, ein echter Freund, der genau der richtige Mann für Josefine war - oder hätte sein können. Wie sie die Geschichte mit der wieder aufgeflammten Affäre finden sollte, wusste sie noch nicht genau, aber Tatsache war: Simon Feilner hatte die Situation in Benckgraffs Arbeitszimmer eindeutig gerettet, sodass sie auch nicht weiter wegen des zu niedrigen Lohns hatte herumfeilschen wollen. Gerade einmal die Hälfte ihres alten Gehalts
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