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Die Porzellanmalerin

Titel: Die Porzellanmalerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helena Marten
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und Leonhardstor schweifen. Ob Carl schon aufgewacht war? Er würde sicher alles andere als begeistert sein, wenn er das leere Bett neben sich entdeckte. Aber was sollte sie machen, sie musste zur Arbeit. Er würde es schon verstehen - hoffte sie zumindest.
    Langsam zogen die Treidelpferde an, setzten das Schiff in Bewegung. Auf nach Höchst! Ein neuer Tag konnte beginnen.

    »Nun, meine Liebe, sieht man dich auch mal wieder?«
    Friederike fuhr zusammen. Dicht hinter ihr stand Caspar Ebersberg und blickte neugierig über ihre Schulter auf die Suppenterrine, die sie gerade bemalte. Sie hatte nicht mitbekommen, wie er den Raum betreten hatte, so versunken war sie in die Gestaltung des komplizierten Rosenmusters gewesen. Er hatte die Hand neben ihrem Ellbogen auf der Tischplatte aufgestützt und sich zu ihr hinuntergebeugt. Sein heißer Atem streifte ihre Wange.
    »Was soll das heißen ›mal wieder‹?«, fragte sie irritiert.
    Sie ärgerte sich, dass Caspar gleich bei ihrer ersten Begegnung in der Manufaktur wieder seine Grenzen überschritt, statt sie wie eine ganz gewöhnliche Kollegin zu behandeln und sich zu bemühen, ein normales Verhältnis zu ihr aufzubauen. Gut, er würde sich erst an den Gedanken gewöhnen müssen, dass sie nun eine verheiratete Frau war, die noch dazu ein Kind erwartete, aber trotzdem konnte er doch ein Minimum an Anstand wahren. Sie versuchte ein Stück von dem Modelleur abzurücken.
    »Ich bin schon seit ein paar Tagen hier - im Gegensatz zu dir«, fuhr sie fort. »Bei der Versammlung, die Benckgraff nach meiner Rückkehr einberufen hat, waren alle Kollegen da - nur du nicht. Benckgraff erzählte, du wärst nach Straßburg gefahren, aber Josefine meinte, Anna hätte dich an dem Abend mit einem Mann gesehen, der ihrer Beschreibung nach nur mein
Bruder Georg gewesen sein konnte. Obwohl der doch eigentlich in Meißen genug zu tun haben dürfte …«
    Sie biss sich auf die Lippen, als Caspar die Stirn runzelte und sein Gesicht einen Hauch fahler wurde. Warum hatte sie nicht den Mund gehalten? Wahrscheinlich hatte sie mit ihrer vorlauten Bemerkung schon wieder zu viel gesagt. So würde sich die Beziehung zwischen ihr und Caspar niemals normalisieren, wenn sie - genau wie er - die erstbeste Gelegenheit dazu nutzte, ihn zu provozieren. Immerhin hatte sie mit ihrem Vorstoß erreicht, dass der Modelleur von ihr abließ und zurücktrat, um sich rittlings auf den freien Stuhl vor ihrem Arbeitstisch zu setzen.
    Sein Aufzug war elegant wie immer, und doch machte er einen seltsam fahrigen Eindruck auf sie. Seine Züge zeigten auch nicht die übliche Selbstzufriedenheit, sondern wirkten irgendwie verstört. Sie musterte ihr Gegenüber fragend.
    »Stimmt was nicht mit dir? Du wirkst ein wenig … nun, ich würde sagen: angeschlagen.«
    »Teuerste, mir scheint, du weißt nicht, mit wem du es zu tun hast!«, raunzte Caspar zurück. »Wo ich die letzten Tage war und wie ich aussehe, ob angeschlagen oder nicht, geht dich einen feuchten Kehrricht an! Immerhin bin ich dein Vorgesetzter - schon vergessen?« Grinsend lehnte er sich vor, die Hände auf die Oberschenkel gestützt. »Jetzt einmal mehr, wo du als Frau zu uns zurückgekehrt bist. Noch dazu mit dickem Bauch … Lass mich raten: Von wem ist das Balg?«
    Friederike starrte ihn an. Sie war unfähig, ein Wort hervorzubringen. Wie konnte er ihre freundlich gemeinte Nachfrage nach seinem Befinden so missverstehen?
    Als sie nicht reagierte, verschärfte sich sein Tonfall noch.
    »Na, mit wem hast du dich alles rumgetrieben? Mit dem ein oder anderen Kollegen aus Frankreich? Oder ist das Kind vielleicht sogar vom König persönlich? Es heißt, du sollst gewaltigen Eindruck auf ihn gemacht haben …«
    Er hatte die Augen zusammengekniffen, seine Mundwinkel
zeigten in einer abfälligen Grimasse nach unten. »Geschickter Schachzug jedenfalls, es diesem reichen Frankfurter Schnösel unterzuschieben und dich von ihm heiraten zu lassen! Unsereiner ist ja nicht gut genug für dich … Und dabei bist du nichts als eine Hure, eine ganz gewöhnliche Hure, die es mit jedem treibt, der Geld und Macht zu haben scheint!«
    Die letzten Worte hatte er fast geschrien. Er war aufgesprungen, sein Stuhl war krachend nach hinten gekippt.
    »Was fällt dir ein, Caspar, so mit mir zu reden? Du magst mein Vorgesetzter sein, aber das berechtigt dich noch lange nicht, mich derart zu beleidigen!«
    Auch Friederike war nun aufgestanden, langsam und schwerfällig. Sie konnte es noch immer

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