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Die Porzellanmalerin

Titel: Die Porzellanmalerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helena Marten
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neuem Fleisch, das sie verschlingen kann …«
    Er lachte leise und böse. Dann hellte sich seine Miene wieder auf. Mit der rechten Hand griff er in Tamerlanos Zügel und beugte sich zu ihr herüber. Sein Kuss war so heftig, dass sie fast vom Sattel gerutscht wäre.

    »Deshalb gefällst du mir auch so sehr. Du bist anders - rein, unverdorben, naiv. Eine Jungfrau. - Oder?«
    Friederike glaubte, etwas Lauerndes in seinem Blick zu entdecken. Da war es wieder, dieses andere Gesicht Giovannis, das dunkle, undurchsichtige, das ihr beinah so etwas wie Furcht einjagte. Von dem sanften, gefühlvollen Liebhaber, den sie unten am Bach kennengelernt hatte, war keine Spur mehr zu erkennen. Sie verspürte nicht die geringste Lust, sich auf ein Gespräch über ihre Jungfernschaft einzulassen, und gab Tamerlano einfach die Sporen.
    Eine Stunde ritten sie schweigend nebeneinander her, bis sie zu einem Dorf kamen, in dem es sowohl einen Schmied als auch einen Schreinermeister gab. Bianconi händigte beiden eine ordentliche Handvoll Dukaten aus und nahm ihnen das hochheilige Versprechen ab, Ernesto samt reparierter Kutsche so schnell wie möglich nach Köstritz zu geleiten. Er schien seinem Kutscher gegenüber ein schlechtes Gewissen zu haben, weil er ihn so lange in der Kälte warten ließ. Noch dazu, wo man nie wusste, welchen Unholden man so allein in der freien Wildbahn begegnen konnte.
     
    E s dunkelte bereits, als sie in Köstritz ankamen. Die letzte Meile waren sie an der Weißen Elster entlanggeritten, und hätte Bianconi nicht auch den Fährmann mit ein paar Dukaten bestochen, wäre es ihnen wohl kaum gelungen, ihr Ziel, die Schänke »Zum Güldenen Kranich«, noch an diesem Tag zu erreichen.
    Als sie die Pferde versorgt und den Schankraum betreten hatten, begrüßte die Wirtin sie mit einem betretenen Lächeln. Von der Contessa fehlte jede Spur. Die »edle Dame«, wie die Wirtin sich ausdrückte, sei etwa anderthalb Stunden vor ihnen eingetroffen, in Begleitung zweier Herren von Stand, die sie als ihre Begleiter vorgestellt habe. Erst nachdem sie den Herrschaften die Zimmer gezeigt und anschließend ihre Dokumente kontrolliert
habe, sei ihr aufgefallen, dass der Name Bianconi nicht dabei gewesen sei. Die Dame und ihre Begleiter seien direkt wieder ausgefahren, sodass sie nun leider keine Möglichkeit habe, das Missverständnis …
    »Was soll das heißen?«, unterbrach Giovanni sie barsch. »Ich lasse Ihnen extra ein Reservierungsschreiben zukommen, und Sie haben kein Zimmer mehr für uns, weil die ›Herren von Stand‹ sich in den uns zugedachten Räumlichkeiten einquartiert haben?«
    »Doch, Monsieur«, stammelte die Wirtin, »ich habe durchaus noch ein Zimmer für Sie, aber nur ein einziges. Und das ist sehr klein und liegt direkt unter dem Dach. Es steht leider nur ein Bett darin.«
    Giovanni war die Erleichterung deutlich anzusehen. Mit einem kaum merklichen Grinsen wandte er sich an Friederike:
    »Lieber Friedrich, wir werden uns dieses Bett wohl teilen müssen. Ich hoffe, das ist auch in Ihrem Sinne und stellt Sie nicht vor unüberwindliche Schwierigkeiten …«
    Friederikes Herzschlag hatte für einen Moment ausgesetzt. Mühsam sammelte sie sich, um mit ruhiger Stimme an die verunsicherte Wirtin gewandt zu erwidern:
    »Das ist schon in Ordnung so, gute Frau. Wenn Sie uns etwas zu essen und zu trinken aufs Zimmer bringen könnten und außerdem eine große Schere, wären wir Ihnen sehr verbunden.«
    Giovannis Grinsen war bei dem Wort »Schere« noch breiter geworden, während die Wirtin Friederike eilfertig zusicherte, das Gewünschte sofort nach oben zu bringen. Ob sie wüssten, dass Köstritz für sein Schwarzbier berühmt sei, begehrte sie noch zu wissen. Sie wolle ihnen gern zwei Krüge davon bringen.
    »Ja, und sagen Sie der Contessa Bescheid, dass wir eingetroffen sind und sie morgen früh im Schankraum erwarten!«, rief Bianconi ihr vom Treppenabsatz noch hinterher, als sie schon halb durch die Küchentür verschwunden war.

    Friederike hatte wackelige Knie, während sie hinter dem Italiener die engen Stiegen zum Dachgeschoss hinaufkletterte. Sie wusste nicht, ob die Anstrengungen des zurückliegenden Tages dafür verantwortlich waren oder die Aussicht auf die kommende Nacht. Zumindest würde sie der Contessa für die nächsten zehn, zwölf Stunden nicht begegnen müssen; sicher hatte diese sich mit ihren neuen potenziellen Opfern direkt in die Brauerei begeben, wo zur Freude der Studenten aus dem

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