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Die Porzellanmalerin

Titel: Die Porzellanmalerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helena Marten
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Lumpen gekleidet. Seine Haare waren struppig und verfilzt.

    Sie wollte schreien, aber es kam kein Ton aus ihrer Kehle. Im ersten Moment war sie vor Schreck wie gelähmt. Dann begann ihr Körper zu zittern, sodass sie befürchten musste, vom Pferd zu fallen, zumal Tamerlano ebenfalls wie Espenlaub zitterte. Todesangst überkam sie, während sie verzweifelt versuchte, das Pferd mit den Hacken anzutreiben und gleichzeitig seinen Kopf aus der Umklammerung des zweiten Mannes zu befreien, indem sie hektisch an den Zügeln riss.
    »Steig sofort ab!«
    Der Wegelagerer mit der Narbe im Gesicht war nun ebenfalls zu ihr vorgetreten und packte sie am Arm, um sie vom Pferd zu zerren, während der andere noch immer Tamerlanos Trense umklammert hielt. Er grinste hämisch, als er plötzlich ebenfalls eine Pistole hervorzog und mit der Waffe vor ihrer Nase herumfuchtelte.
    Auf einmal gab es einen lauten Knall.
    »Du Idiot!«, schrie der Narbige seinen Kompagnon an.
    Das war das Letzte, was Friederike von den beiden Männern hörte, bevor Tamerlano mit einem heftigen Ruck den Kopf nach oben warf und sich vor Schreck auf die Hinterbeine stellte.
    Sie hatte ihren Sturz kaum mitbekommen. Sie merkte nur, dass sie auf einmal am Boden lag und völlig benommen war. Der Geruch nach Schießpulver hing in der Luft. Sie versuchte aufzustehen, aber schaffte es lediglich, sich so weit aufzurichten, dass sie auf allen vieren hockte.
    Ihr ganzer Körper schmerzte. Ob der Schuss sie getroffen hatte? Mit der Hand tastete sie über ihre rechte Hüfte, die ihr besonders wehtat. Kein Blut, nur ein wenig Matsch, erkannte sie. Aber was war mit den beiden Männern?
    Trotz ihrer Schmerzen und der noch immer währenden Todesangst bemerkte sie, dass nicht allein der Schuss die beiden Räuber aufgescheucht haben konnte. Im fliegenden Galopp kam ein Reiter aus der Richtung auf sie zugeritten, in die sie unterwegs gewesen war.

    Wieder wurde ihr schwarz vor Augen, diesmal, weil die Schmerzen sie überwältigten. Ihr ganzer Körper brannte. Sie konnte sich noch immer nicht aufrichten. Als sie stöhnend die Augen öffnete, sah sie, dass der fremde Reiter eine Pistole in der Hand hielt. Er war jetzt nur noch wenige Schritt von ihnen entfernt und rief etwas, das sie nicht verstehen konnte.
    Doch offenbar hatten seine Worte die beabsichtigte Wirkung: Nachdem sie vergeblich versucht hatten, Tamerlano mit sich ins Unterholz zu zerren, der jedoch nach allen Seiten ausgeschlagen und die Zähne gebleckt hatte, nahmen die Männer fluchend Reißaus.
    Noch im Trab war der Reiter von seinem Pferd abgesprungen, um sich zu ihr hinunterzubeugen.
    »Sind Sie verletzt? Haben Sie sich etwas gebrochen?«
    Er hatte ihr zwar das Leben gerettet und noch dazu eine angenehme Stimme, aber seine Fragen lösten lediglich ein unwirsches Knurren bei Friederike aus. Woher sollte sie das denn wissen? Woran merkte man, dass man verletzt war, wenn einem alles wehtat und man den Eindruck hatte, nicht mehr von dieser Welt zu sein? Wahrscheinlich hatte sie sich nicht nur »etwas«, sondern alles gebrochen.
    Kraftlos ließ sie sich zur Seite fallen. Sie schaffte es gerade noch, den Fremden einer kurzen Musterung zu unterziehen, dann fühlte sie, wie die Ohnmacht sie erneut zu überwältigen drohte.
    Der Mann hatte offenbar eingesehen, dass von ihr in diesem Zustand keine vernünftige Antwort zu erwarten war.
    »Wir müssen hier weg«, sagte er bestimmt, »und zwar sofort! Egal, wie verletzt Sie sind, Sie müssen aufs Pferd steigen! Die beiden können jeden Augenblick zurückkommen, wenn sie sehen, dass ich allein bin. Los, stehen Sie auf!«
    Seine warme Stimme beruhigte sie ein wenig. Bereitwillig ließ sie sich von ihm unter den Achseln packen und vorsichtig auf beide Beine stellen.

    »Geht’s? Kommen Sie, legen Sie mir die Arme um den Nacken, damit ich Sie besser tragen kann.«
    Friederike nickte stumm. Sie tat alles, was man ihr sagte. Sie hatte keinen eigenen Willen mehr.
    Ihr Retter trug sie mühelos zu Tamerlano, der ein paar Schritt vom Unfallort entfernt auf sie wartete und leise schnaubte. Seine Pistole hielt der Mann noch immer in der Hand. Er stellte Friederike behutsam neben dem Pferd ab und hielt sie dabei fest umfasst. Dann schob er ihren linken Fuß in den Steigbügel und hievte sie auf Tamerlanos Rücken. Immer wieder warf er prüfende Blicke in alle Richtungen.
    Als sie schließlich wie ein nasser Sack im Sattel saß, machte der Reiter einige Schritte in den Wald, um zu

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