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Die Porzellanmalerin

Titel: Die Porzellanmalerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helena Marten
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Sie sehnte sich nach Menschen und hätte außerdem gern ihren Retter näher in Augenschein genommen.
    Vorsichtig erhob sie sich aus dem Bett, um zu überprüfen, ob ihr Körper noch funktionierte. Selbst bei dem schwachen Kerzenlicht konnte sie erkennen, dass sich auf ihren Gliedern ein Bluterguss an den anderen reihte. In den nächsten Tagen würden wahrscheinlich lauter blaue Flecken daraus werden. Sie hatte mehrere große Schürfwunden, die brannten, wenn man sie berührte. Aber vor allem ihr linkes Knie fühlte sich überhaupt
nicht gut an. Es war riskant, keinen Arzt zu holen. Die aufgeschürften Stellen konnten sich entzünden, und was aus dem Knie werden mochte, wollte sie sich gar nicht erst ausmalen. Behutsam auftretend tat sie ein paar Schritte im Zimmer. Sie konnte immerhin laufen, wenn auch unter Schmerzen und nicht gerade leichtfüßig.
    Sie beschloss, erst einmal abzuwarten, und legte sich wieder ins Bett. Der Schlaf hatte sie fast schon wieder eingeholt, als ihr einfiel, dass auch ihr Retter eine gewisse Gefahr für sie darstellte. Zumal er sicher das Recht für sich beanspruchte, mehr über sie zu erfahren, nachdem er sein Leben eingesetzt hatte, um das ihre zu retten …
    Aber sie war zu schwach, ihre Gedanken weiterzuspinnen, und wachte erst wieder auf, als sie das scharrende Geräusch von Stuhlbeinen vernahm, die über einen Holzboden gezogen wurden.
    »Ich sehe, Sie haben alles gegessen - das ist gut!«, sagte eine Stimme dicht an ihrem Ohr.
    Friederike öffnete die Augen. Neben ihrem Bett saß der unbekannte Reiter und blickte ihr interessiert ins Gesicht.
    »Ich … ich muss mich bei Ihnen bedanken«, brachte sie stotternd hervor. »Sie haben mir das Leben gerettet.«
    »Möglicherweise, aber wahrscheinlich wollten die Männer Sie nur ausrauben«, wiegelte er ab.
    Er schien sich mit seiner Tat nicht brüsten zu wollen. Oder er hielt das, was er getan hatte, für nichts Besonderes, überlegte Friederike, als er die Frage nachschob, vor der sie sich die ganze Zeit gefürchtet hatte:
    »Aber eins müssen Sie mir verraten: Warum um Himmels willen sind Sie allein und unbewaffnet auf einer solchen Straße unterwegs gewesen?«
    Seine Stimme klang fast ein wenig ungehalten. Er hatte seinen Stuhl ein Stück zurückgeschoben, die Beine ausgestreckt und die Arme vor der Brust verschränkt.

    Friederike musterte ihn verstohlen. Im Schein der Kerze sah er einige Jahre älter aus als sie, wenngleich seine hoch gewachsene, eher schlaksige Gestalt ihm etwas Jungenhaftes verlieh. Das dunkelblonde Haar war hinten am Kopf mit einem Lederband zusammengehalten. Sein Gesicht war eher sympathisch als gut aussehend zu nennen, und dem Klang seiner Stimme nach musste er aus der Gegend von Frankfurt stammen. Das Einzige, was sie irritierte, war seine merkwürdige Art, ihr nicht direkt in die Augen zu sehen, wenn er mit ihr sprach. Es wirkte aber nicht verschlagen, sondern eher scheu. Als hätte er einen leichten Tick.
    »Und?«
    Sie wurde aus ihren Betrachtungen gerissen.
    »Was, ›und‹?«, fragte sie schärfer als beabsichtigt zurück. »Sagen Sie mir lieber erst mal, was mit meinem Pferd ist!«
    Der Mann schob seinen Stuhl zurück und stand auf. Er war einfach, aber elegant gekleidet und begann langsam, seinen Degen abzuschnallen.
    »Was soll mit Ihrem Pferd sein? Es steht im Stall und hat zu fressen und zu trinken bekommen. Es geht ihm besser als Ihnen, denke ich.« Er nestelte noch immer an seinem Portepee herum. »Sie schulden mir noch eine Antwort«, fuhr er fort. »Warum waren Sie allein und unbewaffnet in diesem Wald unterwegs?«
    Dieses Mal bohrte sich sein Blick direkt in ihre Augen.
    »Meine Waffen sind mir gestohlen worden«, erwiderte sie ausweichend. Sie wusste selbst, dass ihre Worte nicht sonderlich überzeugend klangen.
    »Und wie ist das passiert?«, hakte er prompt nach.
    Er hatte ihr den Rücken zugedreht und seinen Degen auf dem kleinen Tischchen mit dem Tablett abgelegt, auf dem auch schon seine Pistole lag.
    »In einem Gasthof. Während ich geschlafen habe.«
    »Aber Ihr Geld haben Sie noch?« Er wandte den Kopf zu ihr um.

    »Das hatte ich besser versteckt.«
    Sie fand es anstrengend zu lügen, jeden Moment konnte sie einen Fehler machen.
    »Aber warum reisen Sie allein? Das ist immer gefährlich! Gerade hier in der Gegend sind zur Zeit mehrere Räuberbanden unterwegs. Von hier bis Fulda ist es am schlimmsten. Wir haben noch Glück gehabt, diese beiden Männer waren offenbar Anfänger. Haben Sie

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