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Die Porzellanmalerin

Titel: Die Porzellanmalerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helena Marten
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Friederikes Richtung. » C’est très joli, ce que Vous faites - Sie sind ein echter Künstler!«
    Der Kutscher ließ die Peitsche knallen, und langsam setzte sich der Schlitten in Bewegung. Der Schnee knirschte unter den Kufen, als die beiden Zugpferde in ein schnelleres Tempo verfielen.
    »Und grüßen Sie Ihren Gatten, den Ratsherrn!«, rief Mijnheer van Alphen der Scheidenden nach.

    Etwas an der Haltung der Frau, die als Letzte über die Planken zwischen Anlegesteg und Schiff stakte, kam Friederike bekannt vor. Sie trug einen groben braunen Umhang und hatte die Kapuze tief ins Gesicht gezogen, um sich gegen den Wind zu schützen.
    »Leinen los!«
    Die Stimme des Kapitäns klang rau. Ein barfüßiger Junge machte das schwere Tau los, mit dem der Kahn an den Pöller gebunden war, und warf es an Deck. Das Schiff wurde sofort von der Strömung erfasst und trieb langsam vom Ufer weg. Die Treidelpferde
setzten sich in Bewegung: Sie würden es bis Frankfurt ziehen.
    Am Steg stand das Ehepaar van Alphen mitsamt den drei Töchtern und winkte. Auch Monsieur Merckx und Pierre waren gekommen, um sich, drei Tage vor Weihnachten, von Friederike zu verabschieden. Selbst aus der Ferne konnte sie erkennen, wie ihre beiden Kollegen vor Kälte schlotterten.
    »Wenn es Ihnen in Höchst nicht gefällt, kommen Sie einfach zu uns zurück!«
    Mijnheer van Alphen hatte die Hände wie einen Trichter um den Mund gelegt. Madame van Alphen rief ihr ebenfalls etwas hinterher. Friederike konnte nur noch das Wort »Katholiken« heraushören, sie waren schon zu weit von der Anlegestelle entfernt.
    Eine Böe brachte den Kahn zum Schaukeln. Sie musste sich an der Reling festhalten, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren.
    Durch den Eisregen war das Deck so glitschig geworden, dass sie fast ausgerutscht wäre, als sie die kleine Treppe hinunter in den Aufenthaltsraum stieg. Die meisten Passagiere saßen dicht um den Ofen gedrängt. Alle starrten in ihre Richtung, weil der Wind die Tür hinter ihr mit einem lauten Knall zugeworfen hatte.
    Mit zurückgeschlagener Kapuze sah die Frau, die ihr gleich bekannt vorgekommen war, genauso aus wie immer: miesepetrig und verdrossen.
    Aber warum war Marie nicht bei der Contessa? Sie und Giovanni hatten doch vorgehabt, eine Zeit lang in Weimar zu bleiben … Der Gedanke, dass auch Giovanni und Emilia sich an Bord aufhalten könnten, durchfuhr Friederike wie ein Blitz. Ihre Knie wurden weich, ihr Puls beschleunigte sich. Aber nein, beruhigte sie sich sofort wieder, das Schiff war viel zu klein, als dass die Anwesenheit eines so glamourösen Paares unbemerkt geblieben wäre. Aber eine winzige Hoffnung keimte dennoch in ihr auf, als sie auf die Zofe zutrat, um ihr die Hand zum Gruß zu reichen.

    »Monsieur, welch ein Zufall!«
    Es war das erste Mal, dass Friederike die Französin lächeln sah.
    »Sind Sie allein unterwegs?«
    Diese Frage hatte Friederike schon die ganze Zeit auf der Zunge gebrannt, doch sie hatte es für klüger gehalten, zunächst ein wenig Konversation mit Emilias Zofe zu betreiben und sich ihre Ungeduld nicht anmerken zu lassen. Es gab keine freien Sitzplätze mehr unter Deck, sodass sie neben Marie stehen bleiben musste. Sie konnte es nicht verhindern, dass sie während ihres Gesprächs einem ständigen Schwanken ausgesetzt war.
    »Ich fahre zurück nach Frankreich.« Marie strahlte sie an. »Ich habe es nicht mehr ausgehalten mit den beiden. Es war mir einfach zu viel. Die beiden haben nur noch gestritten.«
    Ein junges Mädchen hielt ihnen ein Tablett mit randvoll gefüllten Kaffeebechern hin, und sowohl Friederike als auch Marie griffen dankbar zu.
    »Als wir in Weimar ankamen, wollte die Contessa sofort wieder abfahren. Sie war schockiert, wie klein die Stadt war. Sie hatte sich vorgestellt, Weimar sei ähnlich herrschaftlich wie Dresden, naïve comme elle est . Auf einmal wollte sie unbedingt nach Prag oder Wien reisen!«
    Marie kicherte in sich hinein. Doch plötzlich erhob sie sich und raunte, sich argwöhnisch umblickend, ob ihnen jemand lauschte, in Friederikes Ohr:
    »In Wirklichkeit haben ihr die Männer dort einfach nicht gefallen! Sie hat auf Anhieb keinen gesehen, den zu erobern es sich ihrer Meinung nach gelohnt hätte. Also hat sie sofort schlechte Laune bekommen. Und Sie wissen ja, wie sie ist, wenn sie schlechte Laune hat …«
    Friederike musste lachen. Schnell setzte die Französin eine tugendhafte Miene auf, als gäbe es nicht den geringsten Anlass für einen

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