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Die Porzellanmalerin

Titel: Die Porzellanmalerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helena Marten
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in der Öffentlichkeit durchblicken lassen - schließlich ließ der Bischof bei ihnen drucken.
    »Und Sie wollen wirklich weiter nach Höchst?«

    Friederike hatte eins der in heißem Fett gebackenen Kartoffelstückchen im Mund und konnte die Frage der Direktorengattin nicht sofort beantworten.
    »Das sollten Sie sich gut überlegen!«, fuhr diese deshalb sogleich fort.
    »Antoinette, bitte!«, mischte sich der Direktor ein. Er schien genau zu wissen, was als Nächstes kommen würde, und wollte seine Frau offenbar bremsen.
    »Aber man muss den jungen Mann doch warnen!« Madame van Alphen ließ sich nicht beirren.
    »Wovor warnen?«
    Friederike spießte ein weiteres Kartoffelstäbchen auf die vergoldete Gabel und tauchte es in die braune Soße. Ungefragt löffelte ihr das Stubenmädchen eine zweite Kelle Hirschragout auf den Teller.
    Antoinette van Alphens Augen funkelten jetzt. Ihre Miene hatte sich verzogen, und auch die Drillinge blickten empört.
    »Das sind alles Katholiken dort in Höchst. Da gibt es sogar noch Scheiterhaufen! Jeder, der kein Papist ist, wird gnadenlos verfolgt. Passen Sie bloß gut auf sich auf, lieber Friedrich!«
    »Antoinette!«, unternahm ihr Mann einen weiteren Anlauf.
    »Meine ganze Familie ist auf den Scheiterhaufen der Spanier elendig zugrunde gegangen. Gefoltert hat man sie! Wir haben in Lille alles verloren, alles. Diesen Leuten kann man nicht trauen! Die sind verrückt. Die glauben an Hexen, als würden wir noch im Mittelalter leben!«
    Scheiterhaufen in Höchst? Friederike konnte sich das nicht vorstellen. Die Zeiten der Religionskriege und der Hexenverfolgung waren lange vorbei. Aber scheinbar gab es Leute wie Frau van Alphen, die die Schrecken dieser Zeit noch immer nicht verwunden hatten, egal, ob sie selbst davon betroffen waren oder nicht.
    »Deine Familie ist im Jahr 1560 aus Lille vertrieben worden, Antoinette.«

    Mijnheer van Alphen warf Friederike einen beredten Blick zu.
    »Mehr muss ich dazu wohl nicht sagen, oder, meine Liebe? Ich kenne übrigens Benckgraff von der Höchster Manufaktur ganz gut«, wechselte er schließlich an Friederike gewandt das Thema. »Wenn Sie wollen, gebe ich Ihnen gern ein Empfehlungsschreiben mit. Aber erst malen Sie ein paar Sachen für uns! Wir wissen nämlich gerade gar nicht, wie wir bis Weihnachten mit all den Bestellungen fertig werden sollen.« Sein Gesichtsausdruck hatte etwas Lauerndes angenommen. »Zum Glück sind die Wetterverhältnisse ja noch immer so, dass Sie sowieso nicht hier wegkommen würden«, kicherte er dann.
    »Sie werden natürlich bei uns wohnen!«, mischte sich Madame nun wieder ein. »Jetzt, wo Ihre Herberge abgebrannt ist.«
    Bei diesem Stichwort ließen die drei Schwestern unisono ein Schluchzen vernehmen: Auch sie hatte das Schicksal des treuen Tamerlano tief mitgenommen.
    »Das ist sehr nett von Ihnen«, schaffte es Friederike schließlich, mit fester Stimme zu antworten. »Ich nehme Ihr Angebot gerne an.«
    Die Schreinergesellen hatten vorgeschlagen, sie in ihre Herberge einzuschmuggeln, nachdem sie kein Dach mehr über dem Kopf hatte, aber das Angebot, in dem gemütlichen, warmen Haus der Refugiés zu wohnen, schien ihr dann doch zu verlockend. Sie musste nur aufpassen, sich nicht allzu sehr von den van Alphens abhängig zu machen, nahm sie sich im Stillen vor, sie wollte schließlich weiter nach Höchst, sobald die Kutsche oder das Marktschiff wieder fuhren und sie ihren ersten Lohn bekommen hatte. Hin zu den Scheiterhaufen, dachte sie und musste schon fast wieder lachen.
    Mit einem angenehmen Völlegefühl im Bauch überquerte sie eine gute Stunde später zusammen mit dem Manufakturdirektor den großen Rathausplatz, als sie von fern das Schmettern eines Posthorns vernahm.

    »Die Kutsche scheint doch wieder zu fahren«, bemerkte Mijnheer van Alphen verwundert.
    Vor der Manufaktur stand Monsieur Merckx und wedelte aufgeregt mit den Händen. Er half einer vornehmen Dame, ihren Schlitten zu besteigen. Als er sie herannahen sah, rief er:
    »Ah, Madame de Briers, da kommt monsieur le directeur persönlich. Und bei ihm ist unser neuer Maler aus Meißen, Friedrich Christian Rütgers, der Ihr Service bemalen wird.« Er zwinkerte Friederike zu. »Sie werden ein erstklassiges, originales Meißener Service bekommen, chère madame. «
    Die eilends von ihrem Kutscher in dicke Decken gehüllte Dame ließ die Begrüßung durch Monsieur van Alphen huldvoll über sich ergehen.
    » Merci beaucoup «, hauchte sie dann in

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