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Die Porzellanmalerin

Titel: Die Porzellanmalerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helena Marten
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Ahnung, welche Laus Ihnen da gerade über die Leber gelaufen ist, lieber Friedrich, aber man konnte Ihnen deutlich ansehen, dass Sie beschlossen haben, sich von ihr nicht kleinkriegen zu lassen. Ich helfe Ihnen gern dabei.«
    Aufmunternd hob sie ihr Glas, in dem nur noch der Boden von der sattroten Flüssigkeit bedeckt war.
    »Sie müssen mir nur ein Zeichen geben, wenn Sie meine Hilfe brauchen.«
    Die späte Stunde und der gute Tropfen hatten die üppige Blondine leicht die Contenance verlieren lassen. Sie lallte ein wenig, und ihre Wangen glühten. Friederike konnte tief in den verrutschten Ausschnitt ihres Negligés blicken, doch anders als bei der Contessa hatte sie nicht das Gefühl, mit irgendwelchen Übergriffen rechnen zu müssen.
    »Danke, Josefine, ich danke Ihnen sehr. Ich komme darauf zurück, wenn es so weit ist«, sagte sie mit einem kleinen Lächeln.

    Friederike hatte sich in ihrem ersten Eindruck von ihrer Wirtin nicht getäuscht: Josefine war ebenso herzlich und großzügig geblieben wie am Anfang ihrer Bekanntschaft und hatte auch nie Anstalten gemacht, irgendwelche Grenzen zu überschreiten.
Nur das Du hatte sie ihr irgendwann aufgenötigt, was Friederike nach kurzem Zögern aber gern angenommen hatte. Wenn sie abends nach einem langen Tag in der Manufaktur todmüde in ihr Quartier in der Kronengasse gewankt kam, wartete die junge Witwe meist mit einem warmen Abendessen auf sie. Wie Mann und Frau setzten sie sich dann an den Küchentisch und ließen die vergangenen Stunden bei einem nahrhaften Mahl und einem Gläschen Wein Revue passieren. Friederike liebte es, Josefine von ihrem Arbeitsalltag in der Manufaktur zu berichten. Sie hatte sich gut in die dortigen Abläufe eingefunden, mit den meisten Kollegen Freundschaft geschlossen und, wie es schien, sogar Benckgraffs Respekt erworben. Unter der fürsorglichen Anleitung seines Schwiegersohns Johannes Zeschinger hatte sie inzwischen alle möglichen Muster und Motive ausprobiert und auch mit den unterschiedlichsten Farben und Maltechniken experimentiert. Sie war glücklich: Genauso hatte sie sich die Tätigkeit eines Porzellanmalers vorgestellt, der in einer bedeutenden Manufaktur tätig war. Jeden Morgen wachte sie in froher Erwartung des kommenden Tages auf und eilte nach einem schnellen Frühstück in die Fabrique, um endlich wieder ihrem geliebten Handwerk nachzugehen. Das Ganze hätte sie zwar auch in Meißen haben können, dachte sie manchmal, wenn Helbig nicht so verstockt gewesen wäre, aber dann wieder gelangte sie zu der Überzeugung, dass es nur gut war, das Elternhaus als junger Mensch zu verlassen und sein Glück in der Ferne zu suchen. In Höchst war sie viel freier, als sie in Meißen jemals gewesen wäre. Nicht nur, weil sie jetzt ein Mann war. Sondern auch, weil sie in Höchst ein unbeschriebenes Blatt war. Niemand kannte sie näher, niemand erwartete irgendetwas von ihr, nein, sie konnte einfach tun und lassen, was sie wollte. Und das war: malen, malen, malen - wie sie es sich immer erträumt hatte.
    Josefine hingegen liebte es, sie mit dem neuesten Klatsch und Tratsch aus Höchst zu unterhalten. Sie hatte ihr ganzes Leben in der kleinen Stadt verbracht, kannte sämtliche Einwohner
und wusste zu jedem eine mehr oder weniger vertrauliche Geschichte zu erzählen. Auch die Mitarbeiter der Porzellanmanufaktur vermochten ihrem wachsamen Auge und Ohr nicht zu entgehen.
    »Dieser Ringler«, begann sie eines Abends, »das war vielleicht ein seltsamer Knabe! Erst hat er es bei mir versucht - war ja auch keine Kunst, schließlich wohnte er in meinem Haus. Und ich bin ja immer erst mal nett zu meinen Gästen …« Sie lachte ein wenig kokett und prostete Friederike zu. »Aber mir war schnell klar, dass er keine ernsthaften Absichten hatte. Außerdem gefiel er mir nicht, sein Blick war so … ja, so unstet. Eines Tages hat er die Anna kennengelernt, eine Freundin von mir, die wegen ihres Verlobten aus Frankfurt hierhergekommen war. Nur dass der Franz schon vor der Heirat gestorben ist, ein paar Wochen nach ihrem Umzug. Da stand sie nun: Kannte keine Menschenseele außer ihrer Freundin Josefine, die aber gerade in den Flitterwochen schwelgte. Und der Versprochene ist tot. Vor lauter Unglück hat sie sich auf den Ringler eingelassen, diesen Wiener, diesen Ofenbauer, diesen …«
    Sie hatte die Stimme um eine halbe Tonlage erhoben, so sehr schien der Gedanke an Friedrikes Vormieter sie zu erzürnen.
    »Na, und eines Tages treff ich sie beim

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