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Die Porzellanmalerin

Titel: Die Porzellanmalerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helena Marten
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war die Eichenstrunkkanne. Und sie selbst derart ausgelaugt und am Ende ihrer Kräfte, dass Benckgraff persönlich sie nach Hause schickte, kaum war der letzte Pinselstrich getan.
    »Friedrich, Sie sehen wirklich aus wie eine Leiche. Ich will nicht, dass Sie mir hier gleich aus den Latschen kippen«, hatte er mit einem Anflug von Besorgnis in der Stimme gesagt. »Gehen Sie lieber nach Hause und ruhen sich bis morgen aus. Nicht, dass Sie mir hier noch ernsthaft krank werden!«
    Sie hatte ihm aufs Wort gehorcht und sich in ihrer Dachkammer sogleich zu Bett begeben. Doch als sie am nächsten Morgen aus den Federn steigen wollte, gaben ihr die Knie nach, als bestünden sie aus ungebranntem Ton. Sie versuchte noch, sich an dem eisernen Gestell abzustützen, auf dem die Waschschüssel samt Wasserkrug stand - mit dem Erfolg, dass sie beides mit sich zu Boden riss.
    Benommen schaute sie der emaillierten Kanne nach, die scheppernd auf dem Holzboden aufkam und unter den Schrank rollte. Aber als ihr Blick auf das Bett mit dem zurückgeschlagenen Plumeau fiel, fuhr ihr erst recht der Schreck in die Glieder: Ein großer purpurfarbener Fleck zierte das Laken.
    Noch bevor sie sich das Malheur erklären konnte, wurde auch schon ihre Zimmertür aufgerissen. Ohne anzuklopfen war Josefine in den Raum gestürzt.
    »Friedrich, was ist passiert? Warum polterst du so in der Gegend herum? - O je, du Arme!«
    Mit einem Blick hatte sie die Situation erfasst, Friederike vorsichtig unter der Achsel gepackt und auf den Bettrand gehievt. Dann hatte sie die Kanne unter dem Schrank hervorgeangelt, die letzten verbliebenen Schluck Wasser in eine angeschlagene Fayencetasse geschüttet und ihr an die trockenen Lippen gesetzt.
»Ich werde dir eine heiße Wanne zubereiten, der Kessel steht schon auf dem Feuer. Bis es heiß genug ist, wickelst du dich in deine Bettdecke und setzt dich auf den Sessel da.«
    Sie zeigte zum Fenster, vor dem ein großer Ohrensessel stand. »Solange du in der Wanne bist, beziehe ich dein Bett neu, bringe dir ein paar anständige Monatsbinden und mache dir einen schönen Tee, einverstanden?«
    Sie hielt einen Moment inne und blickte ihren sprachlosen Gast prüfend an.
    »Ich nehme an, du heißt in Wirklichkeit Friederike, oder? Was hältst du davon, wenn du mir gleich bei einem warmen Teller Suppe in Ruhe erzählst, wer du wirklich bist und vor wem du davonläufst?«
    Friederike nickte schwach. Das Lächeln, mit dem Josefine sie bedachte, hatte etwas Mütterliches und Verschwörerisches zugleich. So elend ihr auch zumute war, so wusste sie doch, dass sie - vielleicht zum ersten Mal in ihrem Leben - eine echte Freundin gefunden hatte.

5. KAPITEL
    G uten Morgen, lieber Friederich!«, tönte es ihr fröhlich von der Türschwelle entgegen. Vorsichtig stellte Josefine die Kerze und die dampfende Kaffeetasse auf dem wackeligen Hocker neben ihrem Bett ab.
    »Morgen«, murmelte Friederike. Am liebsten hätte sie sich das warme Federbett über die Ohren gezogen und sich noch einmal umgedreht. Es war morgens noch immer ungemütlich kalt in der kleinen Dachkammer, und nur die Kerze spendete eine Ahnung von Helligkeit. Sie goss ein wenig von dem heißen Getränk in die Untertasse, ließ den Kaffee etwas abkühlen und nahm einen großen Schluck. Hoffentlich würde die Freundin jetzt kein Gespräch anfangen!
    Aber die Frühaufsteherin Josefine, die um diese Uhrzeit immer schon die Messe in der Justinuskirche besucht hatte, wusste inzwischen, dass Friederike nicht zu den Menschen gehörte, die morgens frisch und munter aus dem Bett sprangen. Auf ihrem Rückweg hinunter in die Küche gurrte sie nur:
    »Deine Kleider hängen vor dem Feuer und werden wunderbar warm sein. Auf die kannst du dich richtig freuen.«
    Statt einer Antwort setzte Friederike sich auf, um sich sofort das Federbett bis zum Kinn hochzuziehen. Bibbernd nahm sie noch einen Schluck des wärmenden Gebräus. Dann hörte sie auch schon wieder Josefine die Leiter heraufklettern. In der einen Hand hielt sie Friederikes Kleider, in der anderen einen Krug mit heißem Wasser.
    »Ich habe ein bisschen vom Waschwasser für dich abgezweigt,
damit du dich nicht mit der kalten Brühe aus deinem Waschkrug waschen musst.«
    Seufzend schlug Friederike die Bettdecke zurück und kletterte umständlich aus dem Bett. Seit die Freundin wusste, dass sie eine Frau war, schien sie noch mehr darauf bedacht, sie nach Strich und Faden zu verwöhnen. Das war zum Glück auch das Einzige, was sich in

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