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Die Porzellanmalerin

Titel: Die Porzellanmalerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helena Marten
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weißesten Zähnen, die sie je gesehen hatte, strahlte er sie an.
    »Ja, der Herr Rütgers! Willkommen zur ersten Fechtstunde!«
    Friederike verbeugte sich ebenfalls.
    »Vielen Dank, dass Sie mich unterrichten wollen, Herr Schlosser! Es ist mir eine große Ehre, Ihr Schüler zu sein - ich habe schon viel Gutes über Sie gehört.«
    »Danke, danke. Dann wollen wir mal schauen, ob dieser Ruhm auch gerechtfertigt ist …« Trotz des militärischen Schnarrens
in seiner Stimme gestattete sich Alexander Schlosser ein kurzes stolzes Grinsen.
    »Umso erstaunlicher, dass ein junger Herr wie Sie gar nicht zu kämpfen gelernt hat«, fügte er dann wieder betont knapp hinzu.
    Sie hatte sich eine Geschichte von einer überängstlichen Mutter zurechtgelegt, die sie jetzt zum Besten gab.
    »Und nun bin ich ihr entkommen und kann endlich machen, was ich will. Natürlich möchte ich so schnell wie möglich alles Versäumte nachholen«, schloss sie.
    »Dann mal los! Sie können Ihren Mantel da hinten ablegen.« Er zeigte auf ein paar Fässer, die entlang der Hofmauer aufgereiht waren. »Sonst können Sie sich ja gar nicht richtig bewegen.« Er drückte ihr ein plumpes Holzschwert in die Hand. »Das nächste Mal üben wir mit echten Waffen. Aber sicher ist sicher am Anfang! Sie haben ja gesagt, dass Sie überhaupt noch nie eine Waffe in der Hand gehalten haben.«
    Den letzten Teil des Satzes hatte er wie eine Frage betont. Noch einmal rechtfertigte Friederike sich mit der Geschichte von der überängstlichen Mutter. Ihr neuer Lehrer machte keinen besonders hellen Eindruck auf sie.
    »Ja ja, die Frauen, immer ängstlich … Aber jetzt lernen wir erst mal die Ausgangsposition. Die Fechtstellung. Stellen Sie Ihr rechtes Bein nach vorne! So.« Er rückte so lange an ihren Beinen herum, bis die Füße in einer Art Neunzig-Grad-Winkel standen. »Jetzt den Arm mit dem Schwert nach vorne! Und den anderen Arm …« Wieder brachte er ihre Glieder rücksichtslos in die gewünschte Stellung. »So bleiben Sie jetzt stehen.«
    Der Wiener trat zurück, um sein Werk zu begutachten. Seine Miene spiegelte alles andere als Zufriedenheit wider.
    Auch Friederike fühlte sich nicht wohl in ihrer Haut. Hoffentlich entdeckt mich keiner!, dachte sie. Bestimmt sehe ich fürchterlich albern aus, so ungelenk wie ich mich hier anstelle. Vor allem ihr rechter Arm, mit dem sie das Holzschwert weit von sich gestreckt in die Waagerechte gebracht hatte, machte ihr
Sorgen. Lange würde sie diese Position nicht mehr wahren können, das stand fest. Ein Holzschwert zu halten war entschieden etwas anderes, als einen Pinsel zu halten. Wie würde das erst mit einer Waffe aus Eisen werden?
    Sie versuchte, ihren Arm möglichst unauffällig ein Stück sinken zu lassen.
    »Den Arm höher!«, drang es erbarmungslos an ihr Ohr.
    »Sehr schön!«, schnarrte Schlosser schließlich, nachdem sie noch ein wenig mehr in die Knie gegangen war. »Sehen Sie, es geht doch - man muss nur wollen, sag ich immer.«
    Er ließ sein seltsam gequetscht klingendes Lachen ertönen und schlug die Hacken zusammen.
    »Aber jetzt stellen Sie sich normal hin«, fuhr er fort, »und dann wieder in die Ausgangsposition.«
    Erschöpft ließ sie den Arm sinken. Dass sie so schwach war! Sie hatte überhaupt nicht daran gedacht, dass sie keinerlei Muskulatur in den Armen hatte und womöglich körperlich gar nicht imstande war, das Fechten zu erlernen. Aber es half nichts, sie musste durchhalten. Zähneknirschend stellte sie ihre Füße erneut im rechten Winkel zueinander und streckte den Arm nach vorne. Wahrscheinlich würde ihr nachher in der Manufaktur kein gerader Pinselstrich mehr gelingen, weil ihr Arm so zitterte.
    »Jetzt üben wir einen Ausfall. Machen Sie mir jede meiner Bewegungen genau nach!«
    Wieder und wieder übten sie dieselben Schritte, bis Friederike sie ganz allmählich auch von allein beherrschte. Sie spürte kaum mehr ihren rechten Arm, so erschöpft war sie von dem ungewohnten Bewegungsablauf.
    »Erschöpft?«, fragte Alexander Schlosser nach einer Ewigkeit fast mitleidig. »Dann wollen wir für heute mal zum Schluss kommen. Also …«
    Mit feierlichem Gesichtsausdruck legte er sein Holzschwert zur Seite. Den breiten Brustkorb hervorgestreckt, zog er erwartungsvoll die Augenbrauen hoch.

    »Und nun stechen Sie mir Ihren Degen in die Brust!
    Hatte sie richtig gehört? Sie sollte ihm ihre Waffe in den Körper rammen? Abwechselnd blickte sie auf das stumpfe Schwert in ihrer rechten Hand und die

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