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Die Praktikantin

Die Praktikantin

Titel: Die Praktikantin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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einer deutschen Zeitung in Polen interessiere ich mich für den Journalismus. Ich komme aus Wützen und werde in den nächsten Monaten hier bei meinen Eltern wohnen. Mein Vater ist Arzt.« Und meine Polohemden kosten 69 Euro. Wusste ich doch alles längst. Der Brief endete »mit vorzüglicher Hochachtung«, einer Formulierung, die selbst meine Urgroßmutter nicht mehr verwendet hätte. Elisabeth Renner hatte noch vier Texte aus der
Warschauer Wochenzeitung
beigelegt, die offensichtlich in Deutsch erschien.
    Ich musste sie nicht lesen. Schließlich war ich Chef. Ich schaute noch einmal auf das Foto. Es war tatsächlich eines dieser Bilder, mit denen man Vorfreude in der Redaktion schüren und Urlaubsanträge hinauszögern könnte. Was ich natürlich nicht vorhatte. Ich würde Frau Renner einfach nur eine E-Mail schreiben.
    »Liebe Frau Renner«, tippte ich in mein Blackberry, das hoffentlich trotz strahlenabsorbierender Steine dort draußen im dunklen Wützen noch auf einen Empfänger treffen würde, »kommen Sie doch einfach in den nächsten Tagen einmal vorbei. Mit besten Grüßen, Johann Walder, Chefredakteur.«

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    |43| SIEBEN
    Es muss an einem Donnerstag gewesen sein, als sie das erste Mal in die Redaktion kam. Ich war seit etwa zwei Wochen in Wützen, hatte mich beim Bürgermeister und dem Chef der Industrie- und Handelskammer vorgestellt und ansonsten gestaunt, mit wie wenig Arbeit man täglich eine Zeitung machen kann. Mein Stellvertreter hatte mir angeboten, so lange die Geschäfte zu führen, bis ich mich eingelebt hätte und alle Abläufe kennen würde. »Lassen Sie sich ruhig Zeit, Herr Walder. Hier ticken die Uhren halt anders als in München«, hatte Grainer gesagt. Trotzdem hatte ich gegen seinen Widerstand (»Das ist alles zu kompliziert, glauben Sie mir. Da gibt es große technische Probleme«) und gegen die Warnungen von Frau Schmidt (»Das schafft die Druckerei nicht«) gleich am zweiten Tag die erste Veränderung vorgenommen. In einem fast revolutionären Akt und ohne den Betriebsrat vorher zu informieren, hatte ich der
Wützener Zeitung
Seitenzahlen verpasst. Dafür genügte ein Anruf in der Druckerei.
    Donnerstags war der Jour fixe von Chefredaktion und Betriebsrat. Seit zweiundvierzig Jahren, immer um 12 Uhr, auch wenn es nichts zu besprechen gab oder das Rathaus brennen sollte. »Ähm«, sagte Rita Bolzen und trottete mit Frau Schmidt, die die Treffen in Steno zu protokollieren hatte, voraus ins Besprechungszimmer, das in Wirklichkeit ein Lagerraum mit durchgelegenem Sofa war, auf dem Lenz allein seit meinem Arbeitsantritt vier versoffene Nächte verbracht hatte. Der Chefredakteur, also ich, trottete hinterher.
    »Wir freuen uns, dass sich der Verlag entschlossen hat, mit einem Mann aus München die lange Tradition der Zeitung in Wützen fortzusetzen, und dass er damit weiter auf diesen Standort |44| setzt«, sagte Bolzen, während sie durch ihre geblümte Bluse hindurch ihren Büstenhalter zurechtschnippte. »Es hat ja auch bereits die ersten Veränderungen gegeben, über die der Betriebsrat zwar nicht informiert wurde, die er aber gern nachträglich billigt. Die Einführung von Seitenzahlen ist ein richtiger Schritt gewesen, sie sind auch aus unserer Sicht für eine Tageszeitung ein unverzichtbares Element. Wir haben seit Jahren für Seitenzahlen gekämpft und waren immer sehr verwundert, dass diese aus technischen Gründen angeblich nicht gedruckt werden konnten.«
    Ich auch, und wie.
    »Außerdem freuen wir uns, dass unsere Zeitung aktueller geworden ist.«
    Tatsächlich hatten in der Vergangenheit zwischen einer Ratssitzung und dem Artikel darüber bis zu acht Wochen gelegen und zwei neue Sitzungen.
    »Dennoch möchten wir an dieser Stelle auf die deutlich gestiegene Arbeitsverdichtung bei den Kolleginnen und Kollegen hinweisen, über die es bereits erste Beschwerden gegeben hat.«
    Frau Schmidt sah ernst von ihrem Stenoblock auf. Rita Bolzen setzte zum nächsten Satzmonster an: »Wir registrieren mit Sorge die Zunahme der Überstunden und die Ausdehnung der Arbeitszeit bis in die späten Abendstunden hinein.«
    Am Mittwoch war der letzte meiner Redakteure statt wie gewohnt um 18 Uhr erst um 18 Uhr 10 nach Hause gegangen. Ein Skandal.
    »Wir hoffen, dass dies nicht zur Regel wird, Herr Walder.«
    Ich hätte auch gern etwas gesagt, quatsch, ich wäre gern laut schreiend aus dem Raum gerannt. Doch ich durfte nicht. Dies waren die Minuten des Betriebsrats.
    »Ich möchte Sie zudem

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