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Die Praktikantin

Die Praktikantin

Titel: Die Praktikantin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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Mitarbeiter männlichen Geschlechts waren? Die meisten waren Lokalredakteure im Ruhestand, denen die üppigen Bezüge vom Presseversorgungswerk offensichtlich nicht reichten. Sie schrieben für 20 Cent pro Zeile.
    »Von Herrn Batz erwarte ich, dass er sich verstärkt um Interviews mit bekannten Politikern kümmert. Und die sollten nicht nur aus der CDU kommen.« Batz wollte etwas sagen, ich ließ ihn nicht.
    »Der Kollege Lenz wird die Rolle eines Leseranwalts übernehmen.« Den hatte inzwischen fast jede Zeitung, weil man dadurch leicht an gute Geschichten kam. Ob Ärger mit der Telekom oder den Nachbarn, ob der Bürgermeister im Halteverbot steht oder der Landtagsabgeordnete seine Schwägerin als Assistentin beschäftigt: Bei unserem Leseranwalt würden in Zukunft |61| jede Menge Fälle landen, aus denen sich etwas machen ließ. Ich hoffte nur, dass sich niemand mit Alkoholproblemen an Lenz wenden würde.
    »Künftig wird es außerdem eine Leserbrief- und Meinungsseite geben, eine Glosse, für die wir noch gemeinsam einen Namen suchen müssen, und Wützens Top-5. Also etwa die fünf besten Mittagstische, die fünf schönsten Spaziergänge, die fünf interessantesten Bücher über Wützen und so weiter.« Hoffentlich gab es überhaupt eins.
    »Sie wissen, was ich meine.«
    Peperdieck sackte in seinem Stuhl zusammen, zwei freie Mitarbeiter machten sich Notizen, Rita Bolzens Kopf war so rot wie ihr Gewerkschaftspin.
    »Herr Walder, bei allem Respekt, aber das ist wirklich nicht zu schaf…«
    »Vor allem werden wir wieder mehr junge Leute in der Redaktion beschäftigen«, fuhr ich fort. »Sie verstehen sicher alle, dass wir in der momentanen Lage keine zusätzlichen Redakteursstellen schaffen können …«
    »Dabei bräuchten wir mindestens doppelt so viele Leute, wenn wir …«
    Ich unterbrach die Betriebsratsvorsitzende ein zweites Mal.
    »… aber dafür werden wir uns verstärkt um die Ausbildung hoffnungsvoller Talente kümmern. Die Wützener Zeitung kann und wird ein Sprungbrett in den Journalismus werden, das verspreche ich, und dafür werde ich alles tun.«
    Ich hatte am Vorabend ein Porträt über Barack Obama und die Kunst seiner Change-we-can-believe-in-Rhetorik gesehen und musste jetzt aufpassen, nicht zu übertreiben. Dies war nicht Washington, und der einzige Wechsel, an den ich glauben wollte, war der von Wützen zurück nach München.
    »Ich bin fest davon überzeugt, dass sich mit Hilfe neuer Gesichter auch das Gesicht der Zeitung verändern wird«, sagte ich. »Wir alle, und da schließe ich mich mit ein, brauchen neue Impulse, |62| und zwar gerade von Leuten, die nicht so alt sind wie wir.«
    Und vor allem nicht wie ihr, hätte ich gern hinzugefügt, als ich in die müden Augenpaare sah, hinter denen sich zusammen mehr als vierhundert Jahre journalistische Erfahrung verbargen. Mit Betonung auf dem letzten Wort.
    »Wir beginnen unsere Verjüngungskur heute. Sie haben Elisabeth Renner, unsere neue Praktikantin, ja vorhin schon kennengelernt. Frau Renner, wollen Sie sich kurz vorstellen?«
    Als sie zu reden anfing, war ich überrascht, wie selbstbewusst und sicher sie auftrat. Sie stockte auch nicht, als Batz’ Handy klingelte und er aus dem Raum rannte, als würde Helmut Kohl wegen eines Exklusivinterviews anrufen. Es irritierte sie weder, wie Peperdieck und Bolzen auf ihren Ausschnitt starrten, beide aus zutiefst unterschiedlichen Motiven, noch dass die Betriebsratsvorsitzende mantraartig vor sich hin murmelte, die Beschäftigung von Praktikanten sei mitbestimmungspflichtig. Elisabeth erzählte einfach in weniger als zwei Minuten ihr Leben, erwähnte ihren Vater, der zu den bekanntesten Ärzten der Stadt gehörte, und ihre Oma, die die örtliche Kleiderkammer leitete. Zum Schluss sagte sie: »Ich freue mich sehr, in dieser Redaktion arbeiten zu dürfen, und hoffe, viel von Ihnen lernen zu können.«
    Michelsens Rhetoriktrainer wäre zufrieden gewesen.
    Ich schlug vor, dass die Praktikantin in den ersten Tagen ein paar Kollegen bei ihren Terminen begleiten sollte, und erklärte mich bereit, den Anfang zu machen: »Am Nachmittag treffe ich den Vorsitzenden der Mittelstandsunion, da können Sie gerne mitkommen.« Was blieb ihr übrig? Sie nickte. Wir kamen zu den Themen des Tages.
    Der große Protest, auf den ich mit einer Mischung aus Aufbruchstimmung (»Wir werden eine der besten Lokalzeitungen Deutschlands«) und Untergangsbeschwörungen (»Ich will nicht als der Chefredakteur in die Geschichte

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