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Die Praktikantin

Die Praktikantin

Titel: Die Praktikantin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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vorstellen. Grainer hatte schon sein Zeichen dahintergesetzt. Rain. Er ging zu allem, was der Bürgermeister machte. Jedes Mal rief Batz ihm hinterher: »Na, wieder zum Diktat ins Rathaus?«
    Ich musste ihn rauskriegen aus dem Plan. Was wahrscheinlich gar nicht so einfach war. Ich erreichte ihn auf seinem Handy.
    »Herbert?«
    »Johann? Was gibt’s? Konntest du die Zeitungen der vergangenen Tage schon durchsehen? Ich hoffe, du bist mit meiner Leistung …«
    |80| »Ja, ja, alles gut, Herbert. So gut, dass ich dich fragen wollte, ob du morgen nicht mal frei machen willst. Hast ja jetzt drei Tage am Stück Blatt gemacht.«
    »Na ja, das stimmt, aber morgen ist das Pressegespräch beim Bürgermeister, da muss ich doch hin.«
    »Da finden wir schon einen Ersatz. Notfalls gehe ich selbst.«
    »Aber wirklich, Johann. Nicht, dass wir dort fehlen. Das macht keinen guten Eindruck. Du weißt ja, der Bürgermeister ist eh nicht so gut auf uns zu sprechen.«
    »Ich weiß, Herbert. Mach dir einen schönen freien Tag.«
    Ich rief Elisabeth erst an, als ich zu Hause war. Leider fand ich in der Bewerbungsmappe, die immer noch auf dem kleinen Beistelltisch neben dem Fernseher lag, nur eine Festnetznummer. Es musste die ihrer Eltern sein. Ich nahm das Telefon mit der extralangen Schnur, das Frau van Daggelsen mir besorgt hatte, zog es zum Bett, legte mich hin und wählte. Der Deckenbuddha schaute irgendwie abschätzig zu mir herunter. Als wolle er sagen, dass es nicht gut für das Karma eines Chefredakteurs sei, wenn er seine Praktikantin nach 21 Uhr privat anruft. Aber ich musste wissen, was Batz mit seiner Anspielung gemeint hatte.
    Es war besetzt. Ich versuchte es eine halbe Stunde später wieder. Immer noch. Fünfzehn Minuten. Der Deckenbuddha grinste blöd. Zehn Minuten. Ich zündete eines der Räucherstäbchen an, die mir Frau van Daggelsen jeden Tag ins Zimmer legte. Heute mit Zimtgeruch. Fünf Minuten. Endlich.
    »Elisabeth Renner.«
    »Johann Walder, guten Abend, Elisabeth. Entschuldigen Sie, dass ich so spät noch störe.« Ich spürte, dass ich rot wurde.
    »Oh, Herr Walder, das macht gar nichts. Schön, dass Sie wieder da sind.«
    Schön, dass ich wieder da bin?
    »Ah ja, das finde ich auch.«
    Großartige Antwort. Schnell zum Geschäftlichen.
    |81| »Ich wollte nur fragen, ob Sie morgen früh einen Termin wahrnehmen können.«
    »Natürlich, sehr gern. In den vergangenen Tagen habe ich ja keine Termine mehr bekommen.«
    »Wie bitte?«
    »Herr Grainer meinte, dass erst einmal die fest angestellten Redakteure ausgelastet sein müssten, bevor es sich lohne, eine Praktikantin loszuschicken. Meine Themenvorschläge fand er auch nicht gut.«
    »Was hatten Sie denn vorgeschlagen?«
    »Mein Bruder hat mir erzählt, dass die letzte Videothek in der Innenstadt schließen muss, weil gleich um die Ecke seit vier Wochen ein DVD-Automat steht.«
    »Das ist doch eine gute Geschichte. Warum wollte Herr Grainer die nicht?«
    »Er fand, dass sei zu viel Werbung für die Firma, die den DVD-Automaten aufgestellt hat. Und …«
    »Was und?«
    »Und mein zweites Thema fand er auch doof.«
    »Nämlich?«
    »Ich wollte den Bürgermeister einen Arbeitstag lang begleiten und gucken, was der genau macht.«
    »Dagegen hatte Grainer was?«
    »Der ist fast ausgeflippt. Wie ich mir einbilden könnte, dass der Bürgermeister eine Praktikantin einen Tag lang an seiner Seite dulden würde. Diese Geschichte könne, wenn überhaupt, nur er schreiben. Später habe ich mitbekommen, dass er mit dem Sekretär des Bürgermeisters einen Termin gemacht hat.«
    Das Stadtoberhaupt hielt sich einen heterosexuellen Mann im Vorzimmer. Ganz bewusst und mit reichlich Schadenfreude.
    »Da muss ich mich ja fast für meinen Stellvertreter entschuldigen. Aber Sie sind nicht die Einzige, die mit ihm Ärger hatte.«
    »Ich weiß. Er hat sich schon in der ersten Konferenz, in der Sie nicht da waren, heftig mit Herrn Batz und Herrn Peperdieck |82| angelegt. Herr Batz hat gefragt, ob wir nicht mal einen Starschnitt von Schnucki machen könnten – er meinte, glaube ich, den Bürgermeister –, und Grainer hat zurückgeblökt, er sei ja nur sauer, dass die CDU bei der letzten Bürgermeisterwahl wieder verloren habe, er könne sich seine dämlichen Bemerkungen sparen. Außerdem hat er ihn aufgefordert, umgehend seinen Bildschirmschoner zu ändern. Sonst würde er zum Betriebsrat gehen.«
    Das Pferd.
    »Sie Arme, da haben Sie ja schnell die andere Seite dieser Redaktion

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