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Die Praktikantin

Die Praktikantin

Titel: Die Praktikantin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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ich, dass Frau Bolzen immer eine Flasche Baileys im Tisch unter dem Scanner gelagert hat. Manchmal auch zwei.«
    In Lenz’ linkem Auge war eine Ader geplatzt.
    »Aber Sie konnten nicht derjenige sein, der die Bilder von der Kamera heruntergeladen und per E-Mail an den Rundblick geschickt hat. Sie wissen ja nicht einmal, mit Verlaub, wie man eine Mail mit Anhang versendet.«
    Ich wendete mich Kalle Peperdieck zu.
    »Das weiß unser werter Sportchef natürlich viel besser. Sie kennen sich wie kein anderer mit der Technik im Haus aus, für Sie wäre das Ganze eine Sache von zwei Minuten gewesen.«
    Peperdieck sah mich mit weit aufgerissen Augen an und fing an zu stammeln: »Aber, ich … Herr Walder, ich habe nicht …«
    |221| »Ich weiß, dass Sie nicht die Fotos an den Rundblick geschickt haben. Sie haben sie auf Wunsch eines Kollegen nur von der Kamera geholt und sie sich wahrscheinlich nicht mal richtig angeguckt. Der Einzige, der neben Frau Bolzen jedes der Bilder genau kannte, war …«
    Ich machte eine Pause, die nicht nötig gewesen wäre, weil jeder im Raum wusste, was kommen würde, und alle Blicke in die gleiche Richtung gingen.
    »… der Kollege Batz. Sie haben sich in Ihrer Schadenfreude selbst verraten.«
    Ich faltete die Titelseite, die Batz entworfen hatte, wieder auseinander.
    »Auf Ihrer Seite eins haben Sie ein extremes Hochformat eingeplant, Herr Batz, auf dem Sie wohl nur zu gern das Konterfei Ihres Erzfeindes Grainer sehen würden.«
    »Ja, und?« Batz blieb so cool, wie ich es erwartet hatte.
    »Aber das Foto im Rundblick, das wir jetzt alle kennen, ist quadratisch, weil die dort den oberen Teil des Hauses, in dem man Hanna Giese erkennen kann, weggeschnitten haben. Nur die Originalbilder sind Hochformate, und das konnte nur derjenige wissen, der sie an den Rundblick verschickt hatte. Wobei Sie die Bilder wahrscheinlich nur durch Zufall entdeckt haben, als Sie wieder einmal die Kamera von Frau Bolzen manipulieren wollten.«
    Ich blieb abrupt stehen. Elisabeth guckte zwischen mir und dem Hauptverdächtigen hin und her, als würde gleich einer von uns einen Revolver aus der Hosentasche ziehen.
    »Geben Sie es zu, Herr Batz: Ihr Freund vom Rundblick hat die Bilder mit Grainer von Ihnen.«
    »Ich, ich … Er hat es nicht anders verdient, diese linke Sau.«
    Ich hatte recht gehabt und Rita Bolzen auch. An ihrer Kamera war in den vergangenen Wochen tatsächlich herumgespielt worden. Batz hatte während seiner Spätdienste immer wieder Einstellungen verändert, weil er sich an der Fotografin rächen wollte. |222| Die hatte er wegen ihrer Betriebsratstätigkeit und der Mitgliedschaft in der Gewerkschaft ebenso wenig leiden können wie dafür, dass sie nun einmal eine Frau war. Hassen lernte er sie, als Bolzen das Rauchverbot in der Redaktion durchsetzte – und Kettenraucher Batz sich seine Zigarette auch beim schlimmsten Gewitter auf dem Balkon anzünden musste. Er versuchte, sich zu rechtfertigen.
    »Es sollte nur ein Scherz sein, Herr Walder, wirklich. Ich hätte doch nie gedacht, dass Sonnemann die Fotos veröffentlicht. Ich wollte mich nur zusammen mit ihm ein bisschen über den Schwuchtelfreund lustig machen.«
    Ich glaubte Batz nicht. Er wurde mit sofortiger Wirkung beurlaubt. Noch am Abend formulierte ich mit Hilfe der Rechtsabteilung eine Abmahnung. Am nächsten Morgen erfuhr ich von Frau Schmidt, dass es die dritte war. Batz würde für diese Zeitung nicht mehr arbeiten.
    Auch Grainer kam nicht wieder zurück. Ich hatte versucht, ihn gleich im Anschluss an die Sitzung zu erreichen. Doch weder an sein Handy noch unter der Festnetznummer ging jemand ran. Erst am Abend brachte ein Kurier einen Brief vorbei, der an »Herrn Johann Walder, persönlich« adressiert auf. Er war von meinem Stellvertreter.
     
    Lieber Johann,
    ich weiß, dass es für mich kein Zurück in die Redaktion gibt. Ich habe viele Fehler gemacht. Der schwerwiegendste war, nicht gleich die Verantwortung für Hanna und meinen Sohn zu übernehmen. Das will ich jetzt tun. Ich werde den beiden eine angemessene Wohnung besorgen und für ihren Unterhalt aufkommen. Ich werde mit Hannas Vater reden und ihm alles erklären. Meine Frau weiß Bescheid. Sie hat alles aus der Zeitung erfahren. Sie hat mir trotzdem verziehen. Sie hatte damals, als die Sache mit Hanna und mir passierte, eine Affäre mit einem zehn Jahre jüngeren Mann. Ich habe ihr sechs Monate Zeit gegeben, das Ganze zu beenden. Sie hat fast
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ein Jahr dafür gebraucht.

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