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Die Praktikantin

Die Praktikantin

Titel: Die Praktikantin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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Dann hat er sie für eine Jüngere verlassen. Jetzt wollen wir es noch einmal zusammen versuchen. Sie will für Clemens eine Art Oma sein. Wir hoffen, dass das Jugendamt und die Polizei uns bald zu ihm und zu Hanna lassen.
    Ich werde zum nächstmöglichen Termin kündigen. Ich würde mich sehr freuen, wenn Du mir diese Chance ließest. So habe ich vielleicht die Möglichkeit, woanders einen neuen Job zu finden. Struck, Dein Vorgänger, wird mir ein gutes Zeugnis schreiben. Ich werde meine Kündigung damit begründen, dass Du mir vor die Nase gesetzt worden bist. Wenn Du ehrlich bist, war es so ja auch.
    Struck hat immer zu mir gesagt: Herbert, Du kannst alles machen. Aber lass Dich nie mit einer Untergebenen ein. Sonst kannst Du kein guter Chef werden.
    Ich werde nicht nur kein guter Chef. Ich werde überhaupt kein Chef.
     
    Vielen Dank für Dein Verständnis
    Herbert
     
    Ich dachte nicht lange darüber nach, was ich jetzt machen musste. Ich suchte die alte Visitenkarte, fand sie in der zweiten Schreibtischschublade unter den Stundenzetteln und fragte Elisabeth, ob sie wüsste, wo die Adresse ist. Sie nickte und bot an, mich hinzufahren. Vielleicht hatte ich ja Glück, und Willi Struck war zu Hause.

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    |224| EINUNDDREISSIG
    Er stand im Garten und zupfte an einem Strauch Rosen. Oder waren es Nelken? Ich verstehe von Blumen so viel wie ein Kleinkind vom Autofahren. Oder noch weniger.
    »Grüß Gott, Herr Walder.«
    Willi Struck sah mir direkt in die Augen. Ich blieb stehen. Elisabeth hatte mich an der Straßenecke rausgelassen und wartete dort.
    »Wollen Sie zu mir? Ich habe leider wenig Zeit. Muss gleich noch weg und vorher den Garten machen.«
    »Es geht schnell.«
    »Das sagen Sie, junger Mann. Halten Sie mal den Gartenschlauch.«
    Wenn es sein musste.
    »Ich bin wegen Grainer hier. Er hat …«
    »Vorsicht, gut festhalten. Ich drehe jetzt langsam das Wasser auf«, sagte Struck, und seine halbrunde Brille rutschte bis an die äußerste Spitze seiner langen, dünnen Nase. »Ich kenne den Brief, Herr Walder. Ich habe lange mit Herbert darüber gesprochen. Ich hätte ihn damals schon rausschmeißen müssen.«
    »Sie wussten davon?«
    Mit dem ersten Wasserstrahl hatte ich die Blätter einer Blüte vollständig rasiert.
    »Ich hatte zwei Wochen vor der Sache eine Videokamera installieren lassen, weil wir die Putzfrauen im Verdacht hatten, nachts stundenlang Privatgespräche ins Ausland zu führen.« Zwei von ihnen kamen aus der Türkei. »Außer mir und Frau Schmidt wusste niemand davon. Ich habe mir die Bänder jeden zweiten Tag angeguckt. Herbert und die Praktikantin waren voll drauf. Er ist über sie hergefallen, als hätte er noch nie in seinem |225| Leben Sex gehabt. Aber wahrscheinlich hatte er tatsächlich lange nicht mehr … ähm … Na ja, das von seiner Frau hat er Ihnen ja selbst geschrieben.«
    »Ja, das hat er.«
    Wir zogen gemeinsam von Strauch zu Strauch. Ich an der Spritze, er schleppte die Mitte des Schlauchs. Zwei Führungskräfte trugen wirklich mal Verantwortung.
    »Was haben Sie danach gemacht?«
    »Das Band gelöscht, die Videokamera abbauen lassen und Herbert in den Urlaub geschickt. Er sollte erst wiederkommen, wenn die Kleine ihr Praktikum beendet hatte. Ich habe ab sofort keine Praktikanten mehr genommen.«
    »Hat er sich nicht geschämt, entdeckt worden zu sein?«
    Meine Güte, war der Garten groß. Mein rechter Schuh war nass, es ging bis auf die Socke.
    »Ehrlich gesagt, Herr Walder, hat Herbert geweint, können Sie sich das vorstellen? Er hat gefleht, dass ich niemandem etwas erzähle, und versprochen, er werde so etwas nie wieder machen.«
    »Hat er nicht Angst gehabt, dass Frau Giese schwanger sein könnte?«
    »Er war fest davon überzeugt, dass sie die Pille nimmt. Die hat doch einen festen Freund, Willi, hat er gesagt. Darüber müssen wir uns keine Sorgen machen.«
    »So kann man sich irren.«
    »Ja, so kann man sich irren. Nun muss er für diese eine Nacht bezahlen – im wahrsten Sinne des Wortes. Ein teurer Spaß.«
    »Und das Ende einer Karriere.«
    Er hatte den Wasserhahn wieder zugedreht.
    »Dafür steht Ihre erst am Anfang, Herr Walder. Sie haben die Zeitung auf Vordermann gebracht. Jetzt sind Sie zwei der teuersten Mitarbeiter losgeworden. Das dürfte dem alten Michelsen gefallen.«
    »Trotzdem hätte ich allen die vergangenen Tage lieber erspart.«
    |226| »Für Hanna Giese waren es über zehn Monate. Vergessen Sie das nicht.«
    Wir standen am Gartentor. Keine

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