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Die Praktikantin

Die Praktikantin

Titel: Die Praktikantin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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Gastwirt, der sich jetzt Verleger nannte, und einem Redaktionsleiter, der von einer großen überregionalen Tageszeitung hinausgeworfen worden war, weil er für mehrere äußerst positive Berichte über einen Stromanbieter Geld kassiert hatte. Man sprach von 20   000 Euro.
    Der
Rundblick
hasste uns. Wir ignorierten den
Rundblick
. Nur Batz blätterte ihn durch, weil er mit dem Verleger einmal im Monat Skat spielte: »Da muss ich doch zumindest wissen, was die für einen Quatsch schreiben.« Ich glaubte ihm kein Wort. Ihm ging es vor allem um die CDU-Pressemitteilungen, die der
Rundblick
wortgenau abdruckte, während GAL und SPD so gut wie nie den Weg ins Anzeigenblatt fanden.
    »Ich kann Ihnen meine Ausgabe gern mal dalassen, Herr Walder«, sagte Batz.
    »Interessiert mich nicht, der Schund.«
    »Sollte es aber, Herr Walder. Ich leg die Zeitung genau hier hin.« Er schmiss den
Rundblick
auf meinen Schreibtisch. »Nicht, dass Sie hinterher sagen, ich hätte Sie nicht gewarnt.«
    »Herr Batz, warum …?« Weiter kam ich nicht. Rita Bolzen stürmte herein.
    »Herr Walder, Sie müssen mir glauben, von mir haben die das Foto nicht. Ich hätte es niemals herausgegeben. Das muss gestohlen worden sein.« Die Betriebsratsvorsitzende rannte wie ein Nordic Walker mit extralangen Stöcken auf mich zu. Ihr Gesicht glühte, die Digitalkamera baumelte ihr wie ein Schwert |214| am linken Arm. Erst als sie dicht neben mir stand, hörte sie auf zu schreien.
    »Das wollte ich nicht, Herr Walder. Es tut mir so leid. Haben Sie schon mit Herbert gesprochen?«
    »Wieso sollte ich mit Herbert sprechen?«
    »Haben Sie denn noch nicht den
Rundblick
gesehen, Herr Walder? Mich haben die Leute schon im Getränkemarkt angesprochen.« Lenz. Das passte.
    »Der Herr Chefredakteur interessiert sich offensichtlich nicht dafür, was sein Stellvertreter so macht«, sagte Batz.
    Ich verstand überhaupt nichts mehr.
    »Herr Walder, haben Sie …« Elisabeth war die Letzte, die hereinstürzte. Auch sie mit dem
Rundblick
in der Hand. »Oh, ich störe wohl. Aber ich müsste Ihnen dringend etwas zeigen, Herr Walder …«
    »Vielleicht hört er ja auf dich, Elisabeth«, sagte Lenz.
    »Wenn nicht auf die Praktikantin, auf wen dann?«, sagte Batz.
    Als Peperdieck zu seinem Kommentar ansetzen wollte, haute ich mit der flachen Hand auf meinen Schreibtisch. Ich hatte kurz überlegt, den Feuerlöscher neben Grainers Schreibtisch aus der Verankerung zu reißen und damit wild um mich zu sprühen, wie es ein ehemaliger Chefredakteur von mir einmal getan hatte. Allerdings hatte damals auch ein Computer gebrannt.
    »Kann mir endlich mal einer sagen, was hier los ist?«, brüllte ich in den Raum.
    »Der
Rundblick
, Herr Walder, Seite 3«, sagten alle Anwesenden im Chor.
    Elisabeth reichte ihr Exemplar langsam von hinten durch. Ich nahm das Drecksblatt in die Hand und blätterte es zum ersten Mal auf. Schon von der ersten Berührung hatte ich Druckerschwärze an Daumen und Zeigefinger. Auf Seite drei stand in großen, roten Buchstaben: »Erwischt: Der Vater des Findelkindes.« Darunter ein vierspaltiges Bild. Es zeigte einen Mann, der gerade ein Mehrfamilienhaus im Birkenweg verließ.
    |215| Es zeigte Herbert Grainer. Meinen Stellvertreter. Neben dem Foto stand:
Foto: Rita Bolzen
.
    Ich wollte durchdrehen, schreien, mit Elisabeth abhauen. Aber ich stand auf, ignorierte Batz’ dämliches Grinsen, Peperdiecks Glucksen und die Träne, die Rita Bolzen aus dem linken Auge lief. Ich schob die Fotografin in ihr Fotoeck und schloss die Glastür. Ich sah, wie sich die anderen dahinter versammelten.
    Rita Bolzen hatte sich auf ihren uralten Holzdrehstuhl gesetzt. Sie konnte mir nicht in die Augen sehen.
    »Frau Bolzen, ich glaube, Sie sind mir eine Erklärung schuldig.« Sie schaute immer noch auf den Boden, als sie langsam anfing, zu sprechen. Zum ersten Mal klang ihre Stimme wie die einer Frau.
    Es sei vor drei Tagen gewesen, sagte die Fotografin. An dem Morgen, an dem Elisabeth sie angerufen und gebeten hatte, zum Birkenweg zu kommen. »Erinnern Sie sich? Ich sollte da sein, falls die Mutter sich fotografieren lassen würde.«
    »Natürlich erinnere ich mich. Und?«
    »Ich habe Ihnen doch erzählt, dass ich vor Elisabeth da war, weil ich gleich um die Ecke wohne. Ich habe mich einfach in mein Auto gesetzt und gewartet, dass was passiert. Und dann ist was passiert, womit ich nicht gerechnet hatte.« Sie machte eine kurze Pause. »Ich stellte gerade meine Kamera auf die Haustür

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