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Die Priesterin von Avalon

Die Priesterin von Avalon

Titel: Die Priesterin von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley , Diana L. Paxson
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könnte. »O ja, Herrin, mein Vater hat oft von dir gesprochen«, sagte Korinthius der Jüngere. Beim Lächeln entblößte er schiefe Zähne. »Er hat immer gesagt, du seist heller gewesen als alle Jungen, die er je unterrichtet hat, besonders wenn ich meine Lektionen nicht so gut konnte.«
    Ich musste lächeln. »Er war ein guter Lehrer. Ich wünschte, ich wäre länger von ihm unterrichtet worden, aber ich hatte Glück, dass mein Vater überhaupt der Meinung war, ein Mädchen sollte etwas lernen.« Ich sagte ihm nicht, dass meinem Unterricht bei dem alten Griechen eine noch intensivere Ausbildung auf Avalon gefolgt war.
    »Ja, das stimmt.« Korinthius nickte. »Es tut mir manchmal wirklich Leid, wenn ich meine Jungen mit ihren Schwestern sehe, dass ich die Mädchen nicht auch unterrichten kann. Ich glaube, die Eltern wären zum Teil damit einverstanden, aber offenbar geben sie ihre Töchter nicht gern zu einem männlichen Lehrer, und natürlich gibt es hier nicht so viele gebildete Frauen wie in Rom oder Alexandria…« Er goss noch etwas Wein ein.
    »Weißt du«, sagte ich schließlich, »ich habe mir immer eine Tochter gewünscht, der ich einiges von meinem Wissen weitergeben könnte. Du könntest den Müttern dieser Jungen, die Schwestern haben, doch vorschlagen, bei mir vorzusprechen. Mein Gemahl hat mir genug für den Lebensunterhalt hinterlassen, aber ich fühle mich ein wenig einsam, und ich würde mich über einen… Freundeskreis… freuen.«
    »Du wirst wie Sappho auf den Weiden von Lesbos sein«, rief Korinthius begeistert, »Geliebte der Götter!«
    »Vielleicht nicht ganz so wie Sappho«, erwiderte ich lächelnd, denn als wir in Drepanum lebten, hatte ich einige ihrer Gedichte gelesen, die mein Lehrer mir nie gezeigt hatte. »Aber sage den Frauen, dass wir es versuchen wollen.«
    Korinthius hielt Wort, und als das Relief mit den matronae fertig und in einem Schrein eingebaut war, kam jeweils zu Neumond und zu Vollmond eine Gruppe Mütter und Töchter zu mir, und wenn das, was ich ihnen beibrachte, Avalon mehr verdankte als Athen, so war das allein unsere Sache. Doch nicht einmal jenen Schwestern im Geiste, den ersten, die ich hatte, seitdem ich von Avalon fortgegangen war, gestand ich, wessen Gemahlin ich gewesen war.
    Die dritte wichtige Begegnung hatte ich in den Bädern während der Stunden, in der sie nur für Frauen zugänglich waren, wo man im Laufe der Zeit jede Einwohnerin der Stadt traf. Durch wabernde Dampfwolken sehen alle rätselhaft aus, doch mir kam die Stimme, die so lauthals über den Weizenpreis klagte, bekannt vor, ebenso das längliche, dunkle Gesicht.
    »Vitellia, bist du das?«, fragte ich, als sie schließlich Luft holte. Durch den Dampf sah ich, dass der goldene Fisch noch immer an der Kette um ihren Hals hing.
    »Herr im Himmel, das ist Helena! Als ich von - der Hochzeit - erfuhr, habe ich mich gefragt…«
    »Schsch!« Ich hob eine Hand. »Ich spreche hier nicht darüber. Ich bin gut versorgt, und die Leute halten mich für eine reiche Witwe mit einem Sohn, der im Ausland dient.«
    »Nun, dann wollen wir gemeinsam Witwen sein! Komm, lass uns etwas essen, und du erzählst mir alles, was passiert ist, nachdem dein Sohn zur Welt kam!«
    Wir trockneten uns ab, zogen uns an und gingen durch das Marmorportal hinaus. Als wir an der Statue der Venus vorbeigingen, warf Vitellia einen nervösen Blick darauf, doch da gab es nichts, womit die Verachtung begründet gewesen wäre, mit der sie vorübereilte, nur eine Blumengirlande, die jemand um den Sockel gewunden hatte.
    »Ich bin sicher, dass die Leute das nicht machen würden, wenn sie wüssten, wie schwierig es für uns ist«, murmelte sie, als wir in die Straße einbogen. »Ich weiß ja, dass du nicht dem wahren Glauben anhängst, aber zu der Zeit, als unsere Männer gemeinsam ihren Dienst versahen, haben alle Offiziere den höchsten Gott verehrt, deshalb kannst du es vielleicht verstehen. Weißt du, wir dürfen keine Götzen anbeten, und doch sind wir umzingelt von Götzenbildern und Opfergaben.«
    Sie zeigte die Straße hinunter, und ich sah, wie schon Hunderte Male zuvor, ohne darüber nachzudenken, dass wir von Göttern umgeben waren. Aus einem Springbrunnen erhob sich ein Bildnis Neptuns, Nymphen und Faune grinsten vom Kragstein eines Hauses herab, und die Kreuzung war vom Schrein einer örtlichen Gottheit markiert, der man kürzlich einen Teller voll Essen und einen Strauß Blumen geopfert hatte. Mir fiel ein, dass mich die

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