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Die Priesterin von Avalon

Die Priesterin von Avalon

Titel: Die Priesterin von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley , Diana L. Paxson
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antreten.«
    »Hab Dank«, flüsterte das Mädchen. Sie neigte den Kopf, doch ich sah, dass Tränen auf ihren Wangen schimmerten.
    »Es gäbe noch vieles zu sagen, doch dieser Körper ermüdet. Es bereitet mir Kummer, denn ich sage euch, es werden viele Jahrhunderte vergehen, ehe die Nächste kommt, die mir erlaubt, durch sie zu sprechen.«
    Mein Kopf sank nach vorn, und einen Moment lang war ich zwei Wesen in einem Körper: das unsterbliche Orakel und eine alte Frau, die große Schmerzen litt. Ich versuchte, mich an das Bewusstsein der Sibylle zu klammern, doch es war wie der Versuch, den Strom der Ebbe aufzuhalten. Dann war die lebendige Präsenz, die mich eingenommen hatte, verschwunden, und ich brach in Cunoardas Armen zusammen.

    Als wir schließlich in den Palast in Baiae zurückkehrten, war ich meiner Sinne wieder mächtig, obwohl mein Körper, der über alle Maßen durch die Macht, die ihn ausgefüllt hatte, strapaziert worden war, sich schlaff wie ein leerer Weinschlauch anfühlte. Sobald ich wieder sprechen konnte, warnte ich Cunoarda, nichts von dem zu erzählen, was geschehen war, sich das Gesagte aber ins Gedächtnis zu rufen und niederzuschreiben, denn die Einzelheiten verblassten bereits in meiner Erinnerung gleich einem Traum, der mit Tagesanbruch verschwindet. Gegenüber den Freien des Palasts hat sie mir gehorcht. Rückblickend glaube ich jedoch, dass sie meinen germanischen Sänftenträgern etwas erzählt haben muss, denn sie behandelten mich seitdem mit einer Ehrfurcht, die weit über die Pflicht hinausging, und ich hörte immer wieder, wie sie » Haliruna « flüsterten, sobald ich vorbeiging.
    Crispus und die anderen sorgten sich um mich, doch sie hielten meinen Zusammenbruch nur für die Schwäche einer alten Frau, die sich zu viel zugemutet hatte, und entschuldigten sich dafür, dass sie mich an einem so heißen Tag zu einem solchen Ausflug überredet hatten. Aber ich versicherte ihnen, das Risiko freiwillig auf mich genommen zu haben. Sie wussten nicht, wie groß es wirklich gewesen war, ich aber schwelgte trotz der körperlichen Schmerzen in dem Wissen, dass mir die Fähigkeit, die Andere Welt zu streifen, die Freude meiner Jugend, am Ende nicht abhanden gekommen war.
    Bei Einbruch der Dunkelheit schritten wir durch die Palasttore, doch im Innern waren unzählige Lichter angezündet worden.
    »Was hat das zu bedeuten?«, fragte ich und hielt den Vorhang der Sänfte zurück. »Ist der Kaiser gekommen? Feiern wir ein Fest, das ich vergessen habe?«
    »Oh, Herrin!«, rief der Eunuch, unser Verwalter. »Nicht der Kaiser, aber vielleicht ein Cäsar - bei unserer Herrin Fausta haben heute Nachmittag die Wehen eingesetzt! Sie hat nach dir gerufen. Ich bitte dich, geh zu ihr.«
    Seufzend lehnte ich mich zurück und wünschte, es wäre nicht gerade jetzt eingetreten, da ich so erschöpft war.
    »Ich bin ihr keine große Hilfe, bis ich mich gewaschen und etwas gegessen habe. Das ist ihr erstes Kind. Also haben wir noch Zeit.«
    Als ich ins Geburtszimmer kam, war Fausta allein und wimmerte bei jeder Wehe.
    »Warum hast du deine Diener fortgeschickt, mein Kind? Sie wollen dir nur helfen.«
    »Sie haben so einen Wirbel gemacht, dass ich es nicht ertragen konnte! Oh, Avia, es tut so weh! Werde ich sterben?«
    »Du bist jung und gesund, Fausta«, sagte ich aufmunternd und nahm ihre Hand. »Ich weiß, dass es nicht angenehm ist, aber es dauert eine Weile, bis sich dein Leib weit genug geöffnet hat, um das Kind auszustoßen.« Ich hatte nur ein Kind geboren, doch in späteren Jahren hatte ich häufig geholfen, wenn Frauen von Offizieren aus Konstantius' Kommando in den Wehen lagen, und diese Erfahrung ergänzte das, was ich über die Kunst einer Geburtshelferin in Avalon gelernt hatte.
    Ich schaute zur Tür und sah die Hebamme dort herumlungern. Ich winkte sie herein.
    »Sie macht gute Fortschritte«, sagte die Frau vorsichtig. Ich fragte mich, was Fausta ihr zuvor gesagt hatte.
    Bei der nächsten Wehe krallten sich Faustas Finger schmerzhaft in meine Hand. Ihr braunes Haar war dunkel vor Schweiß und ihr Gesicht fleckig vom Weinen. Umso besser , dachte ich, dass ihr Gemahl sie jetzt nicht so sieht .
    »Sprich mit mir, Avia«, bat sie, als sie wieder reden konnte. »Ein Gedicht oder ein Witz oder eine Geschichte über Konstantin, als er noch klein war, alles, was mich vom Schmerz ablenkt.«
    »Na schön…« Ich tätschelte ihre Hand. »Hat er dir nicht erzählt, wie er seine ersten Lorbeeren gewann? Es

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