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Die Priesterin von Avalon

Die Priesterin von Avalon

Titel: Die Priesterin von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley , Diana L. Paxson
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fragte Konstantin müde, ohne aufzuschauen. »Du sprichst von den Gesetzen des Himmels, aber ich bin für das Imperium verantwortlich. Du hast kein Recht, mir Vorwürfe zu machen…«
    Ossius wollte schon entgegnen, dass er für die Seele des Kaisers verantwortlich sei, doch meine Handbewegung ließ ihn schweigen.
    »Er vielleicht nicht, aber hier ist jemand, der es kann!« Ich zog das Tuch ab, trat einen Schritt vor und hielt Crispus' Totenmaske ins Licht.
    »Mein Sohn!« Konstantin wich zurück, die Hände schützend erhoben. Der Tisch kippte, Krug und Becher fielen zu Boden. Verschütteter Wein breitete sich einer Blutlache gleich auf den Bodenfliesen aus.
    Konstantins Blick glitt von der Maske zum Wein, schließlich zu mir. Sein Gesicht war teigig, und unter seinen Augen lagen dunkle Ränder, als wäre er krank gewesen.
    »Ich musste es tun! Ich hatte keine andere Wahl!«, schrie er. »Gott hat mich aufgerufen, den Sohn, den ich liebte, zu opfern, so wie Abraham, aber ER hat mir keinen Ersatz, kein Lamm geboten. Deshalb muss Crispus schuldig gewesen sein! So grausam wäre Gott doch nicht gewesen!«
    Sein Kopf kippte vor und zurück, die Augen traten ihm aus den Höhlen, als sähe er mich überhaupt nicht. Plötzlich fragte ich mich, ob er mich jemals gesehen hatte oder nur ein Idealbild, das er »Mutter« nannte und mit der Person, die ich wirklich war, nicht mehr gemein hatte als ein Heiligenbild an der Wand.
    »Hat Gott dir eine Vision gesandt, oder war es ein Sterblicher, der dich überredet hat, Konstantin? Was glaubst du denn, was Crispus getan hat?« Wusste er überhaupt, wer da mit ihm sprach, oder gab meine Stimme die Anschuldigungen seiner Seele wieder?
    »Er wollte, dass ich abdankte, und als ich nicht einwilligte, wollte er gegen mich rebellieren - er hatte ein Orakel konsultiert! Er wollte Fausta zu seiner Frau machen, um seine Herrschaft zu legitimieren. Ein neuer Bürgerkrieg hätte das Imperium vernichtet. Crispus hat mit Sündern verkehrt. Er war ein Ehebrecher, und Gott hätte uns alle verflucht. Ein Gott, ein Kaiser - wir müssen einig sein, verstehst du das nicht?«
    Fausta! Vielleicht war es Konstantin nicht bewusst, aber für mich gewann ein Bild an Klarheit.
    »Hat Fausta dir das erzählt?«, fragte ich mit leiser Stimme. »Hat sie dir handfeste Beweise dafür geliefert - hat sie dir überhaupt Beweise geliefert? Hast du erlaubt, dass Crispus sich verteidigte - hast du ihm Fragen gestellt, oder hast du Angst gehabt, Gottes Urteil in seinen Augen zu lesen?«
    Konstantin zuckte bei jeder Frage zusammen, doch er schüttelte noch immer ablehnend den Kopf.
    »Du irrst dich! Du hasst sie, weil sie die Halbschwester von Theodora ist, die dir meinen Vater genommen hat! Aber Fausta war vor allem immer mir treu ergeben - sie hat mir gesagt, dass ihr Vater Pläne gegen mich schmiedete, sie hat mich gegen ihren eigenen Bruder unterstützt…«
    »Sie hat um der Macht willen ihr eigen Blut verraten - glaubst du, sie würde zögern, dein Blut zu opfern?«, fuhr ich ihn an. »Sie hat das für ihre eigenen Söhne getan, nicht für dich, denn sie will später von ihnen die Autorität bekommen, die du mir gegeben hast!«
    »Was deine Mutter sagt, ist schlüssig, Herr«, sagte Ossius leise. »Meine Nachforschungen haben keinen Beweis für Verrat ergeben.«
    »Bist auch du ein Verräter?« An der Schläfe des Kaisers trat eine Ader hervor, als er sich umwandte. »Ich musste die Thronfolge sichern«, sagte er. »Crispus war nur ein Halbbruder. Es hätte Krieg zwischen ihm und Konstantinus gegeben… Fausta hat immer wieder darauf hingewiesen, und ich sah doch, wie die Menschen ihn liebten…«
    »Hast du geglaubt, sie würde dich um ihres Sohnes willen mit einem Pilzgericht vergiften, wie Agrippina Kaiser Claudius vergiftet hat?«
    »Sie hat gesagt, Crispus habe versucht, mit ihr zu schlafen!«, schrie er.
    »Du bist nicht Abraham - du bist Theseus, und ein Dummkopf!«, tobte ich und schüttelte die Maske vor seinem Gesicht, bis er sich duckte. »Selbst wenn er es versucht hätte, was ich nicht eine Sekunde glaube, was für eine Sünde ist misslungene Verführung im Vergleich zu dem Mord an deinem eigenen Kind? Vielleicht kann der christliche Gott dir vergeben - ER hat seinen eigenen Sohn sterben lassen! Keine heidnische Gottheit könnte ein solches Verbrechen verzeihen!«
    Konstantin sank auf die Knie, und es war, als stürzte ein großer Baum um. »Gott hat mich verlassen…«, flüsterte er.
    »Gott wird dir

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