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Die Priesterin von Avalon

Die Priesterin von Avalon

Titel: Die Priesterin von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley , Diana L. Paxson
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konnte. Eusebius' Theologie eines Königreichs Christi auf Erden muss für eine streitbare, von heidnischer Ikonographie umzingelte städtische Gemeinde äußerst geeignet gewesen sein. Nach allem, was man hörte, hatten die Römer alles darangesetzt, Palästina seiner gesamten spirituellen Bedeutung zu berauben. Doch Konstantin hatte deutlich gemacht, dass er die Absicht verfolgte, das Gelobte Land wiederauferstehen zu lassen und die Mythologie älterer Glaubensrichtungen durch die neue zu ersetzen, so wie er davon sprach, ein neues Rom anstelle der alten Hauptstadt mit ihrem historischen Gewicht zu gründen. Der Gedanke war von epischer Größe, die ich selbst in meinem derzeitigen Stadium der Ernüchterung bewundern musste. Ob es wirklich christlich war, weiß ich nicht. Doch Eusebius musste sich damit abfinden, wenn er überleben wollte.
    Hinter Joppa bog unsere Straße ins Landesinnere ab und folgte einem Flussbett bergan, das zu dieser Jahreszeit nur ein Rinnsal führte. Die Luft hier war trockener, obwohl die Einheimischen lachten, als ich es erwähnte. Es war nichts im Vergleich zu dem Gebiet jenseits des Jordan. Der Fluss mündete in einen See, der noch salziger als das Meer war. Zum Glück ließen wir die feuchte Hitze der Küstenebene hinter uns und kamen schneller voran.
    Ein sonniger Tag folgte dem anderen, und die Strecke wand sich durch die Berge, bis wir eines Morgens um einen Berghang kamen und auf der Höhe auf der anderen Talseite Aelia Capitolina erblickten, das einst Hierosolyma hieß.
    Die Stadtmauern waren aus dem hiesigen Gestein, cremefarben und golden mit rostigen Spuren, als wäre das gesamte Blut, das an diesem Ort vergossen wurde, in den Boden gesickert. An den Hängen unterhalb der Stadt klebten Hütten, und man konnte noch Überreste von Straßen erkennen, die darauf hinwiesen, dass hier einst viel mehr Häuser gestanden hatten. Die Ziegeldächer einiger wichtiger römischer Gebäude ragten über die Stadtmauer hinaus. Das war die Stadt, die Hadrian nach dem letzten jüdischen Aufstand vor zweihundert Jahren gebaut hatte. Die Stadt Davids war es eindeutig nicht mehr. Wie würde sie sich verändern, wenn aus ihr die Stadt Konstantins würde? , fragte ich mich.
    Dann hoben die Träger meine Sänfte, ich ließ die Vorhänge fallen, und die letzte Etappe unserer Reise begann.

    Seinerzeit war Aelia Capitolina eine militärische Stadt und beherbergte die zehnte Legion, die hier als Wachposten gegen feindliche Übergriffe aus dem Osten oder einheimische Aufstände stationiert war. Ihr Befehlshaber wohnte im Kastell; das Haus des Bischofs Macarius war ein bescheidenes Gebäude und bot keinen Raum für Besucher. Es lag außerhalb der Stadtmauern auf dem Berg Sion. Dennoch hatte einer der wenigen wohlhabenden Kaufleute in der Stadt bereitwillig sein Haus für die Mutter des Kaisers geräumt. Er selbst war bereits in seine andere Residenz in Alexandria umgezogen, sodass ich keine Schuldgefühle hegen musste, ihn seines Hauses beraubt zu haben.
    Am nächsten Morgen kam der Bischof höchstpersönlich, um mich zur Heiligen Grabstätte zu geleiten. Mir schien, dass er Eusebius mit einer Spur frommen Triumphs begrüßte, als hätte er bereits den Primat von Palästina in der Hand. Doch Macarius wurde gebrechlich, während Eusebius ein kampferprobter Veteran der Kirchenpolitik war. Welche Relikte hier auch gefunden würden, ich glaubte nicht, dass er sich so leicht entmachten ließe.

    »Es hat vielleicht nicht den Anschein, als wären wir viel weiter gediehen«, sagte Bischof Macarius bedauernd, »doch die Stätte sieht bereits ganz anders aus als noch vor wenigen Monaten. Der schauderhafte Tempel der Venus ist fort, und wir kommen mit der Entfernung des Gerölls gut voran, mit dem sie den heiligen Boden bedeckt hatten.«
    Geröll war es in der Tat, dachte ich, während ich mich umschaute. Ein paar Marmorsäulen, die ein sparsamer Architekt zur Wiederverwertung an anderer Stelle aufgehoben hatte, waren an einem Ende des Forums aufgestapelt, das mit Seilen und anderem Gerät übersät war. Aus der Höhle dahinter tauchten Arbeiter auf wie unzählige Ameisen, gebeugt unter Körben voll Erde und Stein. Sie warfen ihre Last auf einen immer höher anwachsenden Haufen. Frauen, deren Kleider derart von Staub verkrustet waren, dass sie selbst wie Geschöpfe der Erde wirkten, pickten hier und da etwas aus dem Geröll.
    »Nachts wird die untersuchte Erde auf Wagen ins Tal gebracht und auf die Felder verteilt,

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