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Die Priesterin von Avalon

Die Priesterin von Avalon

Titel: Die Priesterin von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley , Diana L. Paxson
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von der Freilassung jener Mitglieder meines Haushalts, die noch Sklaven waren, bis hin zur Verteilung der Gegenstände, die ich aus Palästina mitgebracht hatte. Ein Männergewand, von dem mir der Kaufmann versichert hatte, Jesus Christus persönlich habe es getragen, sollte dem Bischof in Treveri geschickt werden; ein Satz Stirnreifen, der Heiligen Drei Könige würdig, der Kirche in Colonia. Bischof Sylvester hinterließ ich das Domus Sessorianum mit der Anweisung, dessen Reichtümer je nach Bedarf zu verwenden und auf den kleinen Dornbusch Acht zu geben.
    Cunoarda zog ein langes Gesicht, doch ich empfand allein die Vorstellung, so vieles abzugeben, als Erleichterung. Wie viel freier würde ich mich fühlen, wenn ich einfach fortginge? Obwohl ich Cunoarda versicherte, es gehe mir besser, war es doch sehr wahrscheinlich, dass der Tod mich recht bald erlösen würde. Und wenn nicht, würde ich eines Tages vielleicht alles hinter mir lassen, was mich in Rom festhielt.
    An die Kirche der Heiligen Marcellinus und Petrus schloss sich eine Küche und eine überdachte Fläche an, wo die Armen gespeist wurden. Dort gab es auch ein kleines Gebäude, das als einziges von den Schuppen übrig geblieben war, die früher hier gestanden hatten. Es diente der vorübergehenden Unterbringung der Kranken. Viel Zeit war vergangen, seitdem ich im Gebrauch von Kräutern und Heilmitteln unterwiesen wurde, doch ich wusste von diesen Dingen mehr als die Priester oder die meisten anderen Frauen, und sie waren froh über meine Hilfe, wenn ich kommen konnte.
    Ich hatte ihnen gesagt, ich diente einer Familie, die vielerorts Anwesen besaß, und ich müsste oft mit ihnen verreisen, was mich davor bewahrte, einen zu engen Kontakt zu der Gemeinde zu bekommen. Dennoch war es gut, wieder unter normalen Menschen zu sein. In dem Frühling, der auf meine Rückkehr aus Palästina folgte, verbrachte ich drei Nachmittage in der Woche in der Kirche, während Cunoarda allen Bittstellern im Palast die Auskunft gab, ich müsse ruhen.
    An einem jener Nachmittage brach die alte Frau aus Gallien beim Essen zusammen und wurde in den Schuppen getragen. Sie war vor ein paar Wochen zu uns gekommen. Sie hieß Drusa und war mit ihrem Sohn in die Stadt gezogen, doch er war gestorben und hatte sie allein zurückgelassen. Sie war mir besonders aufgefallen, weil die anderen Helferinnen meinten, sie sähe mir ähnlich. Vielleicht lag es am keltischen Knochenbau, der uns gemeinsam war. Sie wusste nicht, wie alt sie war, doch ich schätzte, sie war ein paar Jahre jünger als ich.
    Drusa starb kurz vor Pfingsten, an dem Tag, an dem ein Bote eingetroffen war, um mir auszurichten, der Kaiser sei auf dem Weg nach Rom. Seitdem hatte ich Magenschmerzen vor Angst, denn ich wusste, dass es zu einer Auseinandersetzung kommen musste, doch der Tod der alten Frau verlieh meinen Ängsten eine neue Bedeutung, und in jenem Moment der Klarheit entwickelte sich in den Tiefen meiner Seele ein Plan.
    »Drusa ist meine Schwester in Jesus Christus«, sagte ich dem Priester, »und ich will als ihre Verwandte für ihr Begräbnis sorgen. Heute Nachmittag schicke ich einen Wagen vorbei, der die Leiche abholt.«

    Konstantin zog im Triumph in die Stadt ein. Ich nahm nicht daran teil, obwohl ich sogar in meinem Palast die Jubelrufe hörte. Seinem Zeitplan zufolge musste er in der Laterankathedrale einem Gottesdienst beiwohnen, am nächsten Tag eine Rede vor dem Senat halten, woran sich ohne Zweifel ein Bankett anschließen würde. Erst am dritten Tag nach seiner Ankunft kam ein Bote, um mir mitzuteilen, das kaiserliche Gefolge sei auf dem Weg zu mir.
    Bis dahin war mein Palast auch hergerichtet, den Kaiser in seiner Pracht zu beherbergen, jede Oberfläche war poliert und glänzte. Konstantin sollte keinen Grund mehr sehen, über die Umgebung seiner Mutter die Nase zu rümpfen. Ich empfing ihn in einem der Privatgemächer, vertraulicher als der Audienzsaal, aber nicht weniger prächtig, seit ich dort die purpurnen Webwaren aus Tyrus und die bunten Teppiche aus Palästina aufgehängt hatte.
    Es passt gut zu ihm , dachte ich, als ich aufstand, um ihn willkommen zu heißen. Er kam von einem offiziellen Empfang und trug noch die purpurne, mit Blumenmustern bestickte Toga. Ich hatte die Robe einer Kaiserinmutter angelegt und das Haar mit dem Perlendiadem geschmückt.
    Drei kleinere, ähnlich gekleidete Gestalten folgten ihm. Im ersten Augenblick hielt ich sie für Zwerge, die den Kaiser noch größer

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