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Die Priesterin von Avalon

Die Priesterin von Avalon

Titel: Die Priesterin von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley , Diana L. Paxson
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feine Murmeln in ein Lied…

    » Ewig sprießend, ewig fließend
    aus der Erde in die Flut,
    ewig sprudelnd, ewig trudelnd
    neu entstehend immerzu… «

    Bei der Musik entspannte ich mich. Unwillkürlich regte sich meine Seele und öffnete sich dem Geist der Wasser. Der Gesang ging weiter. Ich musste lächeln, denn ich war mir nicht sicher, ob meine eigene Phantasie die Worte zu der Musik lieferte oder ob ich tatsächlich die Stimme der Quelle vernahm. Jetzt drangen neue Worte wispernd durch das stille Tröpfeln…

    » Ewig lebend, ewig gebend,
    all meine Kinder sind frei;
    ewig dehnend, ewig sehnend
    kommen sie wieder herbei… «

    Ich aber war von diesem ewigen Quell abgeschnitten und durfte nicht zurückkehren. Bei diesem Gedanken stieg großer Kummer in mir auf, Tränen liefen mir über die Wangen und vermischten sich mit den Wassern der Göttin im Becken.
    Eine Ewigkeit schien vergangen, als das Sklavenmädchen wieder in den Raum trat, doch ich vermute, in Wirklichkeit hatte es nicht so lange gedauert. Ich fühlte mich ausgelaugt, und als ich aus dem Wasser stieg und das Blut an den Innenseiten meiner Oberschenkel hinabrinnen sah, merkte ich, dass ich tatsächlich leer war. Ganeda hatte mit ihren Berechnungen Recht gehabt, und trotz unseres verzückten Liebeserlebnisses hatte Konstantius mir kein Kind gezeugt.
    Nachdem das Mädchen mich mit Lappen und Einlagen versorgt hatte, setzte ich mich lange in den feuchten Schatten, starrte auf das wirbelnde Wasser und wartete auf weitere Tränen. Doch vorerst war ich keiner Empfindungen mehr fähig. Vor mir lag ein Leben ohne jegliche Magie. Aber nicht ohne Liebe, ermahnte ich mich. Konstantius würde bereits auf mich warten. Er hatte mein Herz nicht gebrochen - das hatte ich ganz allein getan.
    Konstantius war getäuscht worden: Man hatte ihn aus seiner gewohnten Welt nach Avalon gelockt und ihm, als er wieder aufbrach, eine in Ungnade gefallene, weinende Priesterin aufgebürdet. Dennoch hatte er sich nicht beklagt. Zumindest hatte er eine fröhliche Begleiterin verdient. Inzwischen waren meine Haare getrocknet, und die kürzeren Strähnen hingen mir kraus in die Stirn. Ich rief noch einmal das Sklavenmädchen, das mir das Haar mit Nadeln hochstecken und mir dabei behilflich sein sollte, die verquollenen Augen mit Kohle und die bleichen Wangen mit Rouge abzudecken. Ich warf einen Blick in den Bronzespiegel und sah eine modisch gekleidete Fremde vor mir.
    Als ich aus den Bädern trat, ging die Sonne gerade hinter den Hügeln unter, in deren Schutz die Stadt lag. Ich wandte mich von dem blendenden Licht ab und blieb wie angewurzelt vor einem Giebel stehen, einem Ebenbild des Eingangs zur heiligen Quelle. Hier jedoch war eine Göttin die beherrschende Gestalt, deren Haar auf beiden Seiten nach oben gedreht und in der Mitte von einem Ring zusammengehalten wurde. Hinter ihr ragte ein Halbmond wie ein Heiligenschein auf.
    Im ersten Augenblick stand ich nur da und starrte die Statue ungläubig an, wie ein Reisender, der stehen bleibt, weil er plötzlich jemanden aus der Heimat getroffen hat. Dann fiel mir ein, wie ich hierher gekommen war.
    »Es wird dir nicht viel nützen, Herrin, mir aufzulauern«, sagte ich leise. »Du hast mich schließlich verbannt - ich schulde dir keine Treue!«

    Von Aquae Sulis aus führte die Militärstraße nach Nordosten quer durch Britannien. Hinter Corinium stieg sie allmählich an und verlief kurz vor Ratae durch wildes Bergland. Dennoch fanden wir überall im Abstand von einer Tagesreise Herbergen und Poststationen an der Straße, und von Zeit zu Zeit leuchtete durch die Bäume das rote Ziegeldach einer Villa auf. Konstantius versicherte mir, dies sei noch eine freundliche Gegend im Vergleich zu den Bergen bei Eburacum, doch ich, die ich an die Marsch des Sommerlands gewöhnt war, schaute staunend in die blaue Ferne.
    Als wir uns Lindum näherten, gelangten wir in eine grüne Ebene ähnlich des Gebietes, in dem die Stämme der Trinobantes lebten, wo ich meine Kindheit verbracht hatte. Ich rettete mich in diese Erinnerungen und begann, Konstantius von meinem Vater und meinen Brüdern zu erzählen, wobei ich meine Erinnerung wie ein römisches Mosaik über das Leben eines britannischen Fürsten zusammenfügte, der die Lebensweise der Römer größtenteils übernommen hatte.
    »Meine Familie ist nicht viel anders«, sagte Konstantius. »Sie stammt aus Dakien, das im Norden von Griechenland liegt. Dort umschließen die Carpatus-Berge eine

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