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Die Priesterin von Avalon

Die Priesterin von Avalon

Titel: Die Priesterin von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley , Diana L. Paxson
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auch überladen wirkte. Mein Volk hatte zwar Ebenbilder seiner Gottheiten in Stein gemeißelt, doch lehrten die Druiden von Avalon, man bete die Götter am besten unter freiem Himmel an.
    So sagte ich mir, dass das Bildnis der Sulis Minerva, das in dem runden Tholos auf dem Platz vor den Bädern stand, nur eine Statue war, wenn ich auch den ruhigen Blick des Bronzekopfs unter dem vergoldeten Helm mied und rasch vorüberging. Ich hielt mich im Hintergrund, während Konstantius einen Beutel Weihrauch kaufte, den er ins Feuer auf dem Altar im Hof warf. Seine unbefangene Frömmigkeit ärgerte mich ebenso, wie ich sie bewunderte. Doch was hatten derartige Beobachtungen mit mir zu tun, die ich die Mysterien von Avalon gekannt hatte? Gekannt und verloren …. mahnte mich eine innere Stimme. Na schön, sagte ich mir, ich würde lernen, ganz ohne Götter zu leben.
    Im Säulengang des Tempels schaute ein wütendes Gorgonenhaupt auf uns herab, dessen Haare und Bart sich in verschlungenen Strahlen wanden. Ein weiterer Sonnengott beherrschte den Torbogen, der in die Bäder führte. Konstantius zuliebe, dachte ich, könnte ich vielleicht bei diesem eine Ausnahme machen.
    Er zahlte die Eintrittsgebühr, und wir schritten unter dem Torbogen hindurch. Bei der feuchten, heißen Luft, die uns entgegenschlug, musste ich husten. Es roch entfernt nach faulen Eiern - nicht so stark, dass es unangenehm gewesen wäre, aber eindeutig medizinisch. Vor uns lag der heilige Tümpel schwach glitzernd im Licht, das durch das hohe Bogenfenster fiel.
    »Hier kommt das Wasser aus der Erde und wird über Rohrleitungen in die anderen Becken geleitet«, erklärte Konstantius. »Dieser Ort war schon lange heilig, bevor der Göttliche Julius seine Legionen auf diese Insel führte. Es ist üblich, ein Opfer zu bringen…«
    Er öffnete seinen Geldbeutel und entnahm zwei Silberdenare. Auf dem Beckengrund schimmerten noch mehr Münzen neben blauen Votivtafeln und anderen Opfergaben. Er zog sich die Kapuze seines Mantels über den Kopf, betete still und warf seinen Denar ins Wasser. Ich folgte seinem Beispiel, obwohl ich kein Gebet, sondern nur eine stumme Bitte anzubieten hatte.
    »Du hast Glück, der Aufseher sagte mir, die heißen Becken seien in dieser Stunde den Frauen reserviert. Ich gehe in den Dampfraum am anderen Ende der Bäder und treffe dich bei Sonnenuntergang draußen am Altar.« Konstantius drückte mir die Hand und wandte sich ab.
    Einem ersten Impuls folgend, wollte ich ihn schon zurückrufen. Doch nach einer Woche auf der Straße wurden alle anderen Überlegungen von dem Wunsch verdrängt, wieder einmal richtig sauber zu werden. Ich drehte mich um und gelangte durch den ersten Raum in den Säulengang, der an das große Becken anschloss. Den Gesprächen im Wirtshaus war zu entnehmen gewesen, dass der Strom der Badenden, für den die Bäder gebaut waren, in diesem Jahr noch nicht eingesetzt hatte. Das warme Becken war fast leer. An den Stellen, an denen die Sonnenstrahlen von oben hereinfielen, leuchtete das Wasser grün, die Beckenränder lagen durch den Säulengang in mysteriösem Schatten. Ich umrundete das große Becken und hielt nach kleineren Ausschau. Man hatte mir gesagt, sie lägen dahinter.
    Das Becken, das ich auswählte, enthielt warmes Wasser, das unter einer Steinplatte hervorschoss. Die in der Quelle enthaltenen Mineralien hatten die Kacheln mit einer Schicht überzogen. Mir fiel der heilige Brunnen auf Avalon ein, doch das Wasser hier war warm wie Blut. Sich hineingleiten zu lassen war wie die Rückkehr in den Mutterleib.
    Ich lehnte den Kopf an die glatte Rundung des Beckenrandes und ließ mich vom Wasser tragen. Muskeln, die ich nicht als angespannt empfunden hatte, lösten sich schließlich. Die beiden Frauen, die herumgepaddelt waren, als ich ankam, stiegen aus dem Becken und gingen fort, vertieft in ein Gespräch über eine neue Köchin. Ein Sklavenmädchen kam mit einem Stapel Handtücher herein, sah, dass ich keine Hilfe brauchte, und ging wieder. Das Wasser wurde still. Ich war allein.
    Zeitlos ließ ich mich treiben, ohne Bedürfnis oder Wunsch. In diesem Augenblick, da mich weder körperliche noch seelische Anforderungen in Anspruch nahmen, merkte ich nicht, dass sich die Abwehr verflüchtigte, die ich um meine Seele herum errichtet hatte. Das sanfte Plätschern der Wellen gegen die Steine wurde leiser, bis das Murmeln des Wassers, das in das Becken floss, das einzige Geräusch war.
    Kurz darauf verwandelte sich dieses

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