Die Priesterin: Wild Roses, Staffel 1, Band 4 (German Edition)
in ihm immer noch wach.
Während Alan und Rose im Schlafzimmer des Ferienhauses beieinanderlagen, standen Glynis und Enora im Wohnzimmer und blickten gebannt auf den Dreifuß, das Amulett in seinem Bett aus Moos und den magischen Dornenzweig darauf. Wie schon beim ersten Mal hatte sich Blut an den Dornen gebildet und war in die leeren Fassungen des Amuletts getropft. Es sah aus, als würden die Dornen der Rose weinen und die Tränen in ihr silbernes Bett fallen.
Glynis murmelte ein Gebet für die Göttin Morgana.
Enora unterdrückte ein höhnisches Schnauben, doch Glynis hörte es trotzdem. Fragend wandte sie sich zu Enora um. „Was hast du?“
Enora zuckte nur die Achseln.
„Du glaubst nicht daran, dass das Ritual diesmal gelingt, oder?“, fragte Glynis. Als Enora nicht antwortete, fügte sie hinzu: „Du glaubst nicht daran, dass die Göttin auf unserer Seite ist, oder?“
Erneut zuckte Enora mit den Schultern. „Wenn sie es wäre, hätte sie schon vor zweitausend Jahren die Macht gehabt, Branwens Fluch aufzuheben.“ Sie fuhr sich mit den gespreizten Fingern durch die Haare. „Sie ist eine Göttin, zum Donnerwetter! Sie hätte die Macht dazu gehabt!“
Glynis antwortete ihr darauf nicht. Es gab nichts dazu zu sagen.
Mit einer resignierten Geste ließ Enora die Arme sinken. „Seit zweitausend Jahren sieht sie zu, wie Rose und Alan durch die Zeiten springen. Ich bin sicher, sie genießt das Schauspiel!“
„Sie gibt uns die Möglichkeit, das Ganze hier und jetzt zu beenden!“, sagte Glynis.
„Ja. Aber du weißt so gut wie ich, um welchen Preis.“
Glynis’ Blick ruhte auf dem Amulett, in dem die Blutstropfen wie unter einem Atemhauch sacht zitterten. „Die Herstellung des Amuletts ist nur der erste Schritt. Ich brauche deine Hilfe, Enora, wenn ich auch den Rest schaffen will.“
Auch Enora schaute auf das Amulett nieder. Als sie den Blick hob, glitzerten Tränen in ihren Augen, und Glynis wusste, dass es nur zum Teil Tränen der Verzweiflung waren. Sie glaubte, den Zorn förmlich aus den braunen Augen leuchten zu sehen, der tief in Enoras Seele lauerte und darauf wartete, sich Bahn zu brechen.
„Dafür bekommst du die Gelegenheit, Rache zu nehmen, so, wie du es dir seit zweitausend Jahren wünschst.“
„Rache.“ Enoras Stimme verlor sich beinahe in einem Hauch. „Bin ich Branwen nicht inzwischen viel zu ähnlich? Ich meine: Wir spielen mit Rose, wir entscheiden für sie, wir verheimlichen ihr Dinge ...“
„Alles, was geschieht“, fiel Glynis ihr ins Wort, „geschieht aus einem höheren Grund. Du hast die Göttin damals um die Gunst gebeten, Rache zu nehmen. Und deine Rache ist Teil der Dinge, die geschehen müssen, um den Fluch zu brechen.“
„Ich hoffe, du irrst dich nicht“, wisperte Enora.
Glynis schüttelte den Kopf. „Alles, was geschieht, hat seinen Sinn. Daran musst du dich festhalten. Du weißt, was du zu tun hast. Es hängt jetzt auch daran, ob du stark genug bist zu tun, was nötig ist.“
„In letzter Zeit habe ich immer häufiger Zweifel, ob es mir gelingt, stark genug zu sein.“
„Das darfst du nicht denken“, mahnte Glynis. „Wenn du das glaubst, dann erinnere dich daran, wie Connor starb.“ ...
56 v. Chr.
Nachdem Branwen Alan hinter Rose her auf seine erste Reise durch die Zeit geschickt hatte, saß Glynis neben ihrem sterbenden Sohn und weinte.
Connors Blick war unstet, man konnte in seinen Augen bereits die Anderswelt ahnen, die er bald schauen würde.
„Mutter ...“ Seine Stimme war nur ein Hauch.
Glynis richtete sich auf, packte seine kalte Hand fester, damit er sich daran klammern konnte. Er hatte kaum noch Kraft, sich am Leben festzukrallen. „Ich bin bei dir“, flüsterte Glynis ihm ins Ohr.
Ein wehmütiges Lächeln glitt über sein noch so jugendliches Gesicht. „Mir ist kalt. Kannst du mich zudecken, so wie du es früher immer getan hast?“
Glynis schauderte bei dem entrückten Tonfall, der in seiner Stimme lag. „Natürlich.“ Sie sah sich um. Womit sollte sie ihm seinen letzten Wunsch erfüllen? Connor lag noch immer in dem Dolmen, und hier gab es nirgends Decken oder Felle.
„Nimm das.“ Enora war plötzlich da und reichte ihr einen Wollumhang. Glynis hatte sie nicht kommen hören. Oder war sie etwa die ganze Zeit hier gewesen? Glynis schaute zu ihr auf, bevor sie den Umhang nahm. Träne auf Träne quoll aus Enoras Augen, rann über ihre Wangen und tropfte auf ihr Kleid.
Behutsam deckte Glynis Connor zu. Auf
Weitere Kostenlose Bücher