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Die Priestertochter: Historischer Roman (German Edition)

Die Priestertochter: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Priestertochter: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Titus Müller
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Maske war es dort verborgen, schielte neben der Nase hervor, wollte durch die Wangen brechen, aus dem Mund herausplatzen, den schönen Anblick zerstören. Da war ein Name zu diesem Gesicht, ein Name wie Gift. »Nevopor. Du gehörst zu ihm.«
    Beinahe unhörbar hauchte die junge Frau: »Ich wollte dich nicht erzürnen.«
    »Wo ist er?«
    »Vater ist nicht mit uns gezogen, Waldherrscher.« Sie röchelte wie eine Sterbende.
    Waldherrscher? Für den hielt sie ihn? So sollte es möglich sein, auch über den Riesen zu gebieten. Uvelan wendete sich ihm zu, sah nicht das Schwert an, sondern nur das Gesicht des Riesen. Er nahm ihn in einen festen Blick, eine Umklammerung. Uvelan zwang sich, Gehorsam zu erwarten, und legte diese Erwartung in seine Stimme. Fränkisch hatten sie miteinander gesprochen. Fränkisch redete auch er: »Fort mit der Klinge!«
    Ein leises Ächzen entfuhr dem Hünen, und als wäre seine Hand kraftlos geworden, entfiel ihm der Schwertgriff. Die Waffe landete im Laub.
    Uvelan nickte zufrieden.
    Da hallten die Schreie von Sterbenden aus dem Wald. Äste brachen, schnelle Sprünge peitschten durchs Laub. Ein Mann wie ein Bulle brach aus dem Gebüsch, gefolgt von einem fränkischen Mönch und einer zarten Männergestalt. »Die Wenden!« schrie der Mönch. »Lauft!« Kaum hatten sie den Hünen und die Knieende erreicht, strömten polabische Krieger durch die Sträucher, in der Linken geflochtene Schilde mit Buckeln aus Holz, in der Rechten wuchtige Äxte, die Schneide lang ausgezogen und oben spitz zulaufend. Von überallher kamen sie und schlossen Uvelan und die Franken ein. Der Bulle und der Zartgebaute ließen die Schwerter sinken.
    Einer der Polaben lachte. Ein dunkles, grimmiges Lachen. Seine Axt schien mit ihm zu lachen, zitterte, blitzte. Die Krieger traten näher.
    Uvelans Gedanken stürzten durcheinander. Auch die Polaben kannten den Waldherrscher. Vergab es der Himmelsschmied, wenn er sie täuschte? Er schluckte, schloß einen Atemzug lang die Augen.
    Unruhig lockerte er die Krallenhände und die Schultern. Dann senkte er den Kopf, daß fast das Kinn seine Brust berührte, kehrte die Handflächen nach oben, und begann ein Knurren. Allmählich ließ er es zum Schrei erwachsen. Dabei hob er die Hände hinauf, als wollte er den Himmel packen. Er sah seinen verfilzten, von grünen Pflanzenteilen durchwachsenen Bart zittern, spürte seine eigene rauhe Stimme durch den Brustkorb dröhnen und aus der Kehle stoßen. Der Schrei endete in einem heiseren Krächzen, das aus dem Wald widerhallte.
    Endlich hob er den Blick. Er sah die Gesichter der Polaben aschfahl werden, sah ihre Kinnladen fallen. Einer nach dem anderen ging in die Knie. »Waldesherrscher.« Sie stöhnten dieses Wort ehrfürchtig, todesgewiß.
    Uvelan streckte die schwarze Krallenhand aus, ließ sie über die Knieenden hinweg im Kreis schweben. Er verharrte einen Augenblick, dann hob er die Hand zu den Baumkronen hinauf. »Bei den Bäumen des Waldes, den alten, ehrwürdigen«, sagte er, aufs genaueste den Dialekt der Polaben formend. »Bei den Tieren, dem Ur, dem Wisent, dem Hirsch, dem Luchs und dem Eber, bei den Geistern, die die Götter fürchten: Diese«, und er zeigte auf die junge Frau und ihre Begleiter, »werden leben.«
    Ohne ein Wort der Widerrede senkten die Polaben die Köpfe.
    »Eure Bluttat ist beendet. Kehrt heim!«
    Ein Krieger hob die verfärbte Axt. »Sie werden nicht schreien, Waldesherrscher. Gestatte mir, sie lautlos zu köpfen.«
    »Nein!« donnerte Uvelan.
    »Wir opfern ihre Leiber, dazu ein Schaf und eine Ziege. Kann dich das besänftigen?« fragte ein anderer.
    Uvelan trat auf ihn zu. »Hast du meinen Willen nicht vernommen?«
    Der Bedrohte hob die Schultern, wisperte um Vergebung.
    »Gebt sie in meine Hand, Polabenkrieger. Und verlaßt diesen Ort! Mächtige Geister wohnen hier, mit denen ich Zwiesprache halten möchte. Wollt ihr, daß sie eure Seelen rauben und euren Familien nachsetzen bis in die Zeit der Urenkel?«
    Die Krieger erhoben sich, zogen sich unter Verbeugungen zurück. Einige murmelten Gebete.
    »Zürne uns nicht.«
    »Verschone uns.«
    Zurück blieb tiefe Stille.
     
    Der Mönch war es, der die Ruhe brach. Alena sah ihn das silberne Kreuz vor der Brust in die Höhe heben. Es zitterte in seinen Fingern. »Was auch immer du bist, Kreatur des Bösen, ich verbanne dich in die Höllen Satans!«
    Langsam atmete der Waldherrscher aus, blickte den Mönch an. »Ich bin kein Geist Cernobohs. Und wenn ich es wäre,

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